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Blau wie Schokolade

Blau wie Schokolade

Titel: Blau wie Schokolade
Autoren: Cathy Lamb
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ihm die Eier abfaulen.«
    »Ich schau mal, was ich tun kann, Schätzchen«, sagte Roy. »Deine Mutter würde sich echt freuen, wenn sie wüsste, dass ihm die Eier abfaulen.«
    Ja, das würde sie.
    Sie hatte den Kerl gehasst.
     
    »Wir treffen uns donnerstagabends von sechs bis neun. Sie haben pünktlich zu sein. Sie haben Ihren Zorn und Ihre Launen zu kontrollieren. Sie haben bereit zu sein, Ihr Innerstes nach außen zu kehren und sich die Kritik der anderen Kursteilnehmer anzuhören. Sie haben für die Probleme Verantwortung zu übernehmen, die Sie hierhergeführt haben. Sie haben hier nicht zu jammern und sich zu bemitleiden, denn ich habe kein Mitleid mit Ihnen und auch sonst niemand. Es ist mir völlig schnuppe, ob Sie eine schreckliche Kindheit hatten und Sie deshalb so sauer sind oder ob Sie einen brutalen Exmann oder eine geisteskranke Ehefrau hatten. Und es ist mir ebenso egal, ob Sie wütend sind auf das System, die Polizei, den Richter, den Kammerjäger, Ihren Zahnarzt oder auf den Besitzer der örtlichen Tierhandlung.«
    »Ich bin nicht sauer auf den Besitzer der örtlichen Tierhandlung«, sagte ich zu Emmaline Hallwyler. Meine neue Aggressionsbewältigungstherapeutin hatte eine Stimme wie ein Ausbilder beim Militär. »Ganz und gar nicht. Ich gebe zu, dass ich einen gewissen Groll auf meinen Zahnarzt hege. Wann immer ich ihn sehe, sagt er mir, ich hätte schlechtes Zahnfleisch. Dass ich nicht lache, schlechtes Zahnfleisch!«
    Emmaline ignorierte mich. »Sie haben zu tanzen, wenn ich es Ihnen sage, und zu fliegen, wenn ich es Ihnen sage. Sie haben zu singen, wenn ich es sage, und zu schreien, wenn ich es sage. Sie haben kreativ zu sein, wenn ich es Ihnen sage. Aber zuallererst haben Sie ehrlich zu sich selbst und zu den anderen zu sein. Gebete und religiöses Predigen sind bei mir nicht erwünscht, bei mir wird den Leuten nicht erzählt, sie müssten Jesus Christus als Ihren Herrn und Erlöser anerkennen, sonst kämen sie in die Hölle.«
    »Es ist höchst unwahrscheinlich, dass ich behaupte, jemand würde in die Hölle kommen. Selbst wenn es vor der Hölle eine Schlange gäbe, kann ich Ihnen versichern, dass ich direkt ganz weit nach vorne befördert würde.«
    Ich spürte Emmalines Feindseligkeit durch den Hörer. »Also, Jeanne, ich habe hier Ihre Akte. Ich schaue einmal kurz hinein. Bin noch nicht dazu gekommen. Moment bitte.«
    Ich wartete. Ich wusste, was kommen würde.
    Da war es auch schon.
    Ein Schnauben.
    Ein Kichern.
    Eingezogene Luft.
    Das Telefon rauschte, und ich wusste, dass Emmaline Hallwyler die Hand darübergelegt hatte, damit ich sie nicht hörte. Dennoch wusste ich, was sie tat.
    Sie lachte. Sie lachte sich kaputt.
    Schließlich kam Emmaline mit einem leichten Schluckauf zurück in die Leitung. »Sieht aus, als hätten Sie gewisse Differenzen mit Ihrem Exfreund gehabt.« Wieder hörte ich das unterdrückte Rauschen. Emmaline klang wie ein hyperventilierendes Huhn. Sie hustete. »Das war anscheinend Ihr erstes Vergehen. Stimmt das?«
    »Ja, das ist mein erstes offizielles Vergehen, obwohl ich dem Schlappschwanz sofort wieder etwas antun würde, wenn ich nur die Gelegenheit dazu hätte.«
    Ich hörte sie schnauben. »Zu wenig Zeit?«
    »Ja. Die Polizei stand vor der Tür. Die Beamten mussten lachen, als sie mir die Rechte verlasen.«
    Wieder das keuchende Huhn. »Verflixte Polizei.« Das Lachen wurde durch ein Husten überspielt. »Noch einmal zu den Regeln: Erscheinen Sie keine Sekunde zu spät und werden Sie nicht rührselig, dann werden wir gut miteinander auskommen.«
    »In Ordnung. Ich werde mich bemühen, nicht rührselig zu sein.« Ob ich wohl etwas zu stricken mitbringen durfte? Rosvita war der Meinung gewesen, ich solle etwas Keimfreies mit den Händen machen, deshalb brachte sie mir abends das Stricken bei. Aber wenn ich nun beim Stricken rührselig würde?
    »Gut, Ihr Vorstellungsgespräch ist Freitag um zwölf. Seien Sie pünktlich.«
    »Mein Vorstellungsgespräch?« Wie? Musste sie mich erst in Augenschein nehmen, um beurteilen zu können, ob ich zornig genug war, um am Kurs teilzunehmen? Vielleicht sollte ich etwas zum Werfen mitnehmen, damit ich meine Wut herauslassen könnte. Vielleicht den Kopf vom Schlappschwanz?
    »Ja, Ihr Vorstellungsgespräch. Wir beide lernen uns kennen, und dann überlege ich mir, ob ich Sie mag oder nicht.«
    Ob sie mich mochte? Na, das war ja interessant! Die meisten Menschen mochten mich, einige wenige hatten Angst vor mir. Nur meine
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