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Black Jack: Bei Anruf Mord!

Black Jack: Bei Anruf Mord!

Titel: Black Jack: Bei Anruf Mord!
Autoren: Christiane Heggan
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vervollständigten die Einrichtung.
    Sie merkte nicht, dass sie noch immer die Tanne in der Hand hielt, bis sie aufs Sofa sank und ihr Blick auf sie fiel. Wieder traten ihr Tränen in die Augen, und diesmal bemühte sie sich nicht, sie zu unterdrücken. Es war dumm zu weinen, das wusste sie. Schließlich war es nur ein Baum, und dazu noch ein kleiner, aber verflixt noch mal, es war ihr Baum und jemand hatte ihn zerstört. Sie ließ die Tanne fallen, versteckte ihr Gesicht in den Händen und schluchzte hemmungslos.
    Vielleicht hat Mutter Recht gehabt, überlegte sie, während sie sich einem seltenen Anfall von Selbstmitleid hingab. Vielleicht war ihr die Arbeit wirklich über den Kopf gewachsen. Aber was sollte sie sonst machen? Von dem Augenblick an, wo sie zur Chefredakteurin ihrer Uni-Zeitung ernannt worden war, hatte sie gewusst, dass der Beruf des Reporters ihre eigentliche Bestimmung war. Sie liebte es, an einer Geschichte dranzubleiben, Einzelheiten herauszufinden und zu einem Ganzen zusammenzufügen. Ihre pfiffigen, gut recherchierten Artikel hatten schließlich die Aufmerksamkeit des Herausgebers des
Philadelphia Globe
erregt, Lou Ventura, einem barschen Vollblutjournalisten mit einer Nase für gute Stories und einem goldenen Herzen.
    Die ersten Jahre beim
Philadelphia Globe
waren die aufregendsten in ihrem jungen Leben gewesen. Sie hatte sich erste Sporen in ihrem Job verdient wie alle jungen Reporter: mit Lokalnachrichten, öden Stadtratssitzungen und Bränden, zu denen sie mitten in der Nacht hingefahren war.
    Ihr unermüdlicher Einsatz hatte sich gelohnt. Vier Jahre später, als zwei ältere
Globe
Redakteure in den Ruhestand traten, hatte Lou ihr gesagt, dass sie eine der Stellen haben könnte, wenn sie wollte. Sprachlos vor Glück hatte sie mit offenem Mund vor dem stillvergnügt lachenden Lou gestanden.
    „Sie werden’s nicht bereuen“, sprudelte es aus ihr heraus, als sie wieder sprechen konnte. „Sie werden es sehen. Ich bin die beste Reporterin, die Sie jemals hatten.“
    Sie hatte Wort gehalten, rund um die Uhr gearbeitet, jeden Auftrag übernommen, den man ihr gegeben hatte, sich mit vollem Einsatz ihren Stories gewidmet und sich dabei manchmal ziemlich unbeliebt gemacht. Harte Arbeit flößte ihr keine Angst ein, ebenso wenig wie die Risiken, die sie manchmal einging. Sie liebte ihren Job, und der Pulitzerpreis war nur das Sahnehäubchen auf dem Kuchen.
    Dann, vor fünf Wochen, hatte sich ihr Leben dramatisch geändert. Während ihrer Kung-Fu-Stunde in Chinatown hatte Randy Chen, der Wäschereibesitzer von nebenan, den Unterricht mit Dr. Ho unterbrochen. In heller Aufregung hatte Randy Chen den Lehrer gebeten, unter vier Augen mit ihm sprechen zu können.
    Kelly hatte zuvor schon Gerüchte über eine Schutzorganisation gehört, die die Nachbarschaft terrorisierte. Deshalb belauschte sie das Gespräch, in der Hoffnung herauszufinden, wer hinter der Erpressung stand. Glücklicherweise reichten ihre chinesischen Sprachkenntnisse nach zehn Jahren Unterricht bei Dr. Ho aus, um mitzubekommen, dass jemand in einem Lagerhaus auf der Tenth Street wartete.
    „Sie müssen zahlen, Großmeister“, hatte Randy Chen Dr. Ho eindringlich zugeflüstert. „Sonst werden sie Sie töten.“
    Nach Dr. Hos rascher und ärgerlicher Antwort hatte Randy entsetzt die Hände gerungen. Er hatte den älteren Mann darauf hingewiesen, was „sie“ nicht nur den örtlichen Kaufleuten, sondern auch ihren Frauen und Kindern antun würden.
    Zu Randys großer Erleichterung hatte Dr. Ho sich schließlich bereit erklärt, zu zahlen. Leise vor sich hinmurmelnd war er zu einem Safe gegangen, hatte ein Geldbündel herausgeholt und es in eine Papiertüte gesteckt.
    Kelly war verblüfft. Als sie zum ersten Mal mitbekommen hatte, dass die Kaufleute in Chinatown erpresst wurden, hatte sie Dr. Ho ausgefragt. Sie hatte gehofft, dass die einvernehmliche Beziehung, die sich während der vergangenen Jahre zwischen ihnen entwickelt hatte, ihn dazu veranlassen würde, sich ihr anzuvertrauen. Aber Dr. Ho hatte hartnäckig geschwiegen und so getan, als wüsste er nicht, wovon sie redete.
    Kein Wunder, dass er nichts hatte sagen wollen. Er hatte Angst davor, was die Erpresser ihm und der übrigen Nachbarschaft antun würden. Um ihrem alten Freund zu helfen, war Kelly Randy Chen zu dem Lagerhaus gefolgt, wo das chinesische Neujahrskomitee seine Festwagen für den Umzug abstellte. Der höhlenartige Raum war schwach erleuchtet und angefüllt mit
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