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Black Coffee

Black Coffee

Titel: Black Coffee
Autoren: Agatha Christie
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sind gestern abend gar nicht erst in die Nähe des Kastens gegangen, weil Sie das Hyoscin, das Sie brauchten, schon vorher herausgenommen hatten. Aber die Kaffeetasse, Monsieur Raynor, die haben Sie in der Hand gehabt.«
    Raynor lächelte nachsichtig. »Du meine Güte! Wollen Sie mich etwa des Mordes an Sir Claud bezichtigen?«
    »Streiten Sie es ab?« fragte Poirot.
    Raynor wartete kurz mit seiner Antwort. Als er dann wieder sprach, hatte seine Stimme einen schrofferen Klang.
    »Nein«, sagte er, »ich streite gar nichts ab. Warum sollte ich? Schließlich bin ich recht stolz auf das Ganze.
    Es wäre auch vollkommen reibungslos über die Bühne gegangen. Reines Pech, daß Sir Claud gestern abend noch einmal den Safe öffnen mußte. So etwas hatte er vorher noch nie getan.«
    Poirots Stimme klang ein wenig schläfrig, als er fragte: »Warum erzählen Sie mir das?«
    »Warum denn nicht? Sie sind so ein netter Mensch. Es ist eine Freude, mit Ihnen zu plaudern.« Raynor lachte, bevor er fortfuhr: »Ja, beinahe wäre noch alles schiefgegangen. Aber darauf bilde ich mir erst recht etwas ein, daß ich den drohenden Fehlschlag noch in einen Erfolg umgemünzt habe.« Er setzte eine triumphierende Miene auf. »Von jetzt auf gleich ein geeignetes Versteck zu finden, das soll mir erst mal jemand nachmachen. Möchten Sie, daß ich Ihnen sage, wo die Formel jetzt ist?«
    Poirot wurde nicht nur immer schläfriger, er hatte jetzt auch Schwierigkeiten beim Sprechen. »Ich – verstehe Sie nicht«, flüsterte er.
    »Sie haben einen kleinen Fehler gemacht, Monsieur Poirot, nur einen«, erklärte ihm Raynor mit hämischem Grinsen. »Sie haben meine Intelligenz unterschätzt. Auf Ihr schlaues Ablenkungsmanöver mit dem guten Carelli bin ich nicht wirklich hereingefallen. Ein Mann von Ihrem Scharfsinn kann unmöglich geglaubt haben, daß Carelli – ach was, völlig undenkbar! Sehen Sie, ich spiele um hohen Gewinn. Dieses Stückchen Papier, an die richtige Stelle geliefert, bringt mir fünfzigtausend Pfund.« Er lehnte sich zurück. »Stellen Sie sich nur einmal vor, was ein Mann von meinen Fähigkeiten mit funfzigtausend Pfund alles anfangen kann.«
    Immer schläfriger lallte Poirot: »Ich – mag es mir – lieber nicht – vorstellen.«
    »Nun gut, das muß ich Ihnen zugestehen«, räumte Raynor ein. »Man sollte auch andere Standpunkte gelten lassen.«
    Poirot beugte den Oberkörper nach vorn, als wollte er sich unter Aufbietung aller Kräfte noch einmal aufbäumen. »Aber es wird nicht sein!« rief er. »Ich liefere Sie an den Strick. Ich, Hercule Poirot –« Er brach plötzlich ab.
    »Hercule Poirot wird gar nichts mehr tun«, sagte Raynor, während der Detektiv wieder zurücksank. Fast unter Hohngelächter fuhr der Sekretär fort: »Sie haben nichts geahnt, wie? Nicht einmal, als Sie sagten, daß der Whisky bitter schmeckt? Sie müssen nämlich wissen, mein lieber Monsieur Poirot, daß ich nicht nur ein, sondern mehrere Röhrchen Hyoscin aus diesem Kasten genommen habe. Ihnen habe ich allenfalls noch etwas mehr davon verabreicht als Sir Claud.«
    »Ah! Mon dieu «, keuchte Poirot und versuchte aufzustehen. »Hastings!« rief er schwach. »Ha...« Seine Stimme versagte, und er sank wieder zurück. Die Augen fielen ihm zu.
    Raynor stand auf, stieß seinen Stuhl zur Seite und trat vor Poirot. »Versuchen Sie wach zu bleiben, Monsieur Poirot«, sagte er, »Sie möchten doch sicher noch sehen, wo die Formel versteckt war, oder nicht?«
    Er wartete ein paar Sekunden, aber Poirots Augen blieben geschlossen. »Ein schneller, traumloser Schlaf und kein Erwachen, wie unser Freund Carelli es ausdrückte«, bemerkte Raynor trocken, während er zum Kamin ging, die Fidibusse aus der Vase nahm und sie in die Tasche steckte. Dann ging er zur Terrassentür und blieb dort gerade noch lange genug stehen, um über die Schulter zu rufen: »Adieu, mein guter Monsieur Poirot.«
    Er machte Anstalten, in den Garten hinauszugehen, doch da ertönte plötzlich Poirots Stimme und ließ ihn herumfahren. Munter und in völlig natürlichem Ton fragte der Detektiv: »Möchten Sie nicht auch den Umschlag mitnehmen?«
    Raynor schrak zusammen, und genau in diesem Moment kam Inspektor Japp vom Garten her in die Bibliothek. Raynor wich ein paar Schritte zurück, zauderte kurz und entschloß sich dann zur Flucht nach vorn. Mit ein paar Sätzen war er bei der Terrassentür – und lief Konstabler Johnson, der plötzlich auch vom Garten hereinkam, genau in die
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