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Black Box BER: Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen. Wie Deutschland seine Zukunft verbaut (German Edition)

Black Box BER: Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen. Wie Deutschland seine Zukunft verbaut (German Edition)

Titel: Black Box BER: Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen. Wie Deutschland seine Zukunft verbaut (German Edition)
Autoren: Meinhard von Gerkan
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Geschäftsführer geschätzte Thomas Weyer, den wir schon aus der Frühplanung des Projekts kannten   –   er wirkte während des zweiten Privatisierungsversuchs bis 2003 im Management der Bietergemeinschaft Hochtief und IVG   –, war für uns der verlässliche Ansprechpartner der Flughafengesellschaft, und zwar von unserem Planungsbeginn 2005 bis zu seinem Wechsel zur Konkurrenz nach München Mitte des Jahres 2008. Am dortigen Flughafen wurde er Mitglied der Geschäftsführung. Ihm folgte eine Führungstruppe, eine Art »Vorstand«, bestehend aus Rainer Schwarz in seiner Eigenschaft als Sprecher der Flughafengesellschaft und Manfred Körtgen. Körtgen war ab 2004 Bereichsleiter und wurde nach dem Weggang von Thomas Weyer zum technischen Direktor befördert. Schwarz und Körtgen waren in jeder Hinsicht dialogresistent. Sie nahmen vielmehr die Rolle einer unpersönlichen Instanz ein, die uns anwies, was zu machen sei; Änderungswünsche wurden nicht vorgetragen, sie wurden angeordnet. Beide indes lehnten jedwede Verantwortung für ihre Befehle ab.
    Obwohl wir bereits mehrere Flughäfen fertiggestellt hatten und über genügend Erfahrung im Flughafenbau verfügten, lieh man uns nie das Ohr für eigene Vorschläge; Einwände galten nichts. Wir wurden von nahezu allen Entscheidungenüber das Flughafenkonzept und über viele diffizile Fragen ausgeschlossen. Das führte zu den endlosen späteren Änderungen, weil die angeordneten Maßnahmen nicht nachhaltig waren und später zwangsläufig vieler Korrekturen bedurften.
    Den Anordnungen zu spät auch außerhalb des Projektes, also in der Öffentlichkeit, Widerstand geleistet zu haben, sehe ich mittlerweile als Versäumnis an. Uns wurde die Rolle des Erfüllungsgehilfen zugespielt. In die Rolle des Widerstandskämpfers haben wir nur allmählich hineingefunden, obwohl auch dialogisches Entwerfen nicht ohne Streit und Kampf abgeht. Aber im Gegensatz zum selbstherrlichen Monolog, der nur seine Seite der Medaille kennt, zeichnet sich bei grundsätzlichen Differenzen im Dialog immer eine vernünftige Lösung am Horizont ab. Das habe ich in meinem langen Berufsleben gelernt. Umso betrübter bin ich über die Tatsache, dass wir beim zweiten Flughafen, den wir nach Tegel in Berlin bauen durften, so viel Ärgernis, so viel Verdruss und Häme zu ertragen haben.
    Die Wurzel allen Übels liegt meines Erachtens in der blauäugigen, naiven Annahme des Bauherrn, man könne einen Flughafen aus dem Nichts mit ein paar privaten Milliarden finanzieren und refinanzieren, um dann festzustellen, dass nichts läuft, und anschließend zu glauben, das Projekt BER mit einem vom Bauherrn zusammengewürfelten Planungsteam erfolgreich durchführen zu können, dessen Kompetenzen in keiner Weise definiert waren und nicht gerade Flughafenplanungskompetenz einschlossen. Mit anderen Worten: Die Verzögerungen des Flughafenbaus gehen   –   so wird es heute sichtbar   –   zurück auf unangemessene organisatorische Strukturen. Das hat viel Geld gekostet und kostet weiterhin viel Geld. Für gmp bedeutet das ein Höchstmaß an Betroffenheit und beruflicher Diskreditierung.
    Im Gegensatz zu allen vorherigen Projekten waren wir, auch aufgrund der undurchsichtigen, nicht klar definierten Struktur der Bauherrschaft, gegenüber der obrigkeitlichen Geste zu nachgiebig. Wir hätten noch mehr Widerstand leisten müssen, als das bei allen unseren kleineren oder größeren Planungsaktivitäten im In- und Ausland üblich ist, bis hin zu sehr deutlichen Drohungen bei unüberbrückbaren Streitfällen, das obliegende Handwerk niederzulegen und für strittige Maßnahmen keine Verantwortung zu übernehmen. Meine Partner Hubert Nienhoff und Hans-Joachim Paap, die vornehmlichen Repräsentanten des gmp-Büros, haben von Anbeginn, sofern sich ihnen überhaupt die Möglichkeit bot, bei Veränderungen und bei unverständlichen oder gar unsinnigen Anordnungen mit Protest reagiert. Dabei wurde mit entsprechender Rollenverteilung agiert. Hans-Joachim Paap war als Gesamtprojektleiter auch für den Projektfortschritt verantwortlich und musste zur Durchsetzung möglichst hoher architektonischer Qualität als sprichwörtlicher »Good Guy« immer kompromissbereit handeln. Sein Counterpart aus der Planungsgemeinschaft,Michael Stutz von JSK Architekten, zuständig für die kaufmännische Federführung, übernahm die Rolle des »Bad Guy« und beschwor die (bösen) terminlichen und monetären Auswirkungen vieler in unseren Augen
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