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Black Box BER: Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen. Wie Deutschland seine Zukunft verbaut (German Edition)

Black Box BER: Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen. Wie Deutschland seine Zukunft verbaut (German Edition)

Titel: Black Box BER: Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen. Wie Deutschland seine Zukunft verbaut (German Edition)
Autoren: Meinhard von Gerkan
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die verschiedenen Regionalverkehre und verknüpft diese zusätzlich mit dem U-Bahn-Netz. Seine städtebauliche Funktion in der 13-Millionen-Stadt erfüllt der Bahnhof, indem er ein Geschäftsviertel im Norden mit der Altstadt im Süden über Gleise, einen Fluss und eine Straße verbindet. Der Bahnhof verfügt über 24 Bahnsteige. Die Abfahrtshalle ist 400 Meter lang; ihr Tonnendach hat eine Spannweite von 180 Metern und ist in der Mitte 57 Meter hoch. Allein dieses Tonnendach   –   eine Stahlkonstruktion mit Verglasung   –   ist in weniger als acht Monaten gebaut worden, die gesamte Anlage einschließlich Planung und Bauzeit in nur zweieinhalb Jahren entstanden. Zum Vergleich: Der Berliner Hauptbahnhof, der größte Kreuzungsbahnhof Europas, ist nur halb so groß. Seine Fertigstellung hat mich, der ich als Einziger durchgängig damit befasst war, vierzehn Jahre beschäftigt. Und am Ende steht er da mit einer verkürzten Bahnsteigüberdachung und einer Flachdecke anstelle eines Gewölbes im Tiefbahnhof.
    Tianjin Westbahnhof, Bauzeit: 2009–2011
    Berlin Hauptbahnhof, Bauzeit: 1996–2006
    Konflikte gibt es gleichwohl überall, und auch die Bedenkenträger sind weltweit vertreten. Dass einem Fehler unterlaufen, ist ebenfalls menschlich. Die Frage ist nur, wie man unter Kollegen, gegenüber dem Bauherrn und in der Öffentlichkeit damit umgeht. Nahezu immer stellt sich bei Bauvorhaben von beträchtlicher Größe und einer hohen Komplexität (im Sinne von konstruktiven, technischen und funktionalen Anforderungen) die Schuldzuweisung gegenüber einer Partei oder gar einer Person als ungerechtfertigt, überzogen oder gar falsch heraus. Stattdessen erweist sich bei der Analyse, dass unglückliche Entscheidungen oder Fehleinschätzungen durch Verkettungen eine über einzelneFehler hinausgehende Dynamik entfalten können. So sind nun einmal die Realitäten jeder Großbaustelle.
    Zumal die Abhängigkeiten der zahlreichen an Bauprojekten beteiligten Parteien immer weiter zunimmt   –   und damit auch die planerische wie unternehmerische Gefährdung aller, die darin involviert sind. Ab einer gewissen Größenordnung scheitert ein Projekt nicht so sehr durch die Unterlassungen einer Person als vielmehr an Spannungen zwischen den Partnern, die letztlich so viel Reibung verursachen, dass sie dem Projekt einen schleichenden Exitus bescheren können. Ich habe gelernt, dass ohne die Bereitschaft zu gegenseitigem Einvernehmen der Abschluss eines jedweden Bauprojekts zum Eklat führt. Um dies zu verhindern, bedarf es Umgangsformen, die in unserem kulturellen Raum leider zunehmend im Verschwinden begriffen sind.
    gmp hat bis zum heutigen Zeitpunkt weit mehr als 300 Bauvorhaben realisiert. Einige wenige Projekte davon sind zu einem Verlustgeschäft für uns geworden. Aber alle sind mit mehr oder weniger Aufwand im gegenseitigen Einvernehmen – gelegentlich unter Mitwirkung von Versicherungen   –   ohne nachhaltige Schäden vollendet worden. Dies sage ich auch mit dem ausdrücklichen Verweis auf gmp-Großprojekte in Ländern wie China, Indien und Vietnam. In keinem dieser Länder kam es je zu einem Streitfall, der dazu geführt hätte, dass wir unsere Haftpflichtversicherung in Anspruch nehmen mussten.

1. Das Chinesische Nationalmuseum am Tian’anmen-Platz in Peking
    China hat einen Großteil seiner fünftausendjährigen Kulturgeschichte in einem großen Museum versammelt, das zur Mao-Zeit am Tian’anmen-Platz (Platz des himmlischen Friedens) direkt neben der Verbotenen Stadt errichtet wurde. Wegen seines maroden Bauzustands, seines sehr düsteren und für die Öffentlichkeit wenig attraktiven Charakters sollte dieses Gebäude einem Neubau weichen, für den ein internationaler Wettbewerb zwischen einer beschränkten Zahl namhafter Architekten ausgelobt wurde. Wir hatten mit unserem Entwurf das Glück, im Jahre 2004 den ersten Preis vor Norman Foster und Herzog   &   de Meuron zu gewinnen, und wurden auch in unmittelbarer Folge mit der Planung dieses großen Bauwerks beauftragt.
    Unser Entwurf sah im Gegensatz zu dem damals noch vorhandenen Bau aus der Mao-Zeit eine große Ausstellungsfläche   –   30   Prozent der gesamten Ausstellungskapazität   –   in einem voluminösen Dachgeschoss vor, das über einer Grand Hall angeordnet war und über lange Rolltreppen erreicht werden konnte. Wir planten, das Dach mit poliertem Kupfer zu verkleiden und einer weit auskragenden Attika zu versehen. Die Besonderheit dieses
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