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Black Box BER: Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen. Wie Deutschland seine Zukunft verbaut (German Edition)

Black Box BER: Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen. Wie Deutschland seine Zukunft verbaut (German Edition)

Titel: Black Box BER: Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen. Wie Deutschland seine Zukunft verbaut (German Edition)
Autoren: Meinhard von Gerkan
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Zeit der damalige Außenminister der Bundesrepublik Deutschland Frank-Walter Steinmeier unter anderem Vietnam besuchte. Ich gehörte zu seinen Begleitern und bat um die Erlaubnis, ihn zu einer Audienz beim Premierminister begleiten zu dürfen, um Informationen von höchster Stelle über die gestalterischen Erwartungen des Landes an sein Parlamentsgebäude zu erhalten. Dies wurde erlaubt, und meine an den Premierminister gerichtete Frage, ob es in Vietnam ein einziges Gebäude gebe, bei dem die Symbiose angeblich typisch vietnamesischer Architektur mit modernen Nutzungen und einer modernen Baugestalt zustande gebracht worden sei, verneinte er. Weil er uns jedoch für gute Architekten halte, sei es nunmehr auch unsere Aufgabe, dieses Problem zu lösen.
    Wir begannen, zahllose Varianten des Parlamentsgebäudes zu erarbeiten, insbesondere Variationen seines gestalterischen Ausdrucks nach außen. Man stellte uns ein sechsköpfiges Expertenteam an die Seite, bestehend aus aktiven Professoren und Architekten. Es gelang uns, im freundschaftlichen Gedankenaustausch alle sechs Experten für unsere Position zu gewinnen. Entstanden ist schließlich ein von derursprünglich geplanten Ausdrucksstruktur abweichender Entwurf, die Gliederung der Fassade ist inzwischen sehr viel differenzierter, »vietnamesischer«, das Ergebnis eines langwierigen interkulturellen Dialogs. Das Nationalparlament in Hanoi ist mittlerweile im Rohbau fast fertiggestellt.
    Die Erfahrungen beim Bau des Chinesischen Nationalmuseums in Peking und des Parlamentsgebäudes in Hanoi unterstreichen eindrücklich die Bedeutung des dialogischen Entwerfens. Angemessene und akzeptable Antworten und Lösungen auf die Probleme des Bauens, oder besser der Umweltgestaltung, zu finden setzt voraus, zum Dialog bereit zu sein und seinen eigenen Standpunkt auch auf veränderte Bedingungen einzustellen. Die Entscheidung, was und wie gebaut wird, trifft die Gesellschaft mit ihren komplizierten politischen und wirtschaftlichen Mechanismen. Wir Architekten haben nicht nur die Verpflichtung, wir haben auch die Verantwortung, uns diesem Dialog zu stellen und mit innerer Überzeugung am Gespräch teilzunehmen. Das daraus erwachsende dialogische Entwerfen im steten Austausch zwischen Bauherren und Planern steht bei gmp daher im Zentrum des Handelns   –   ohne diese Rückkopplung der Dialogpartner, vertrauensvoll und kompetent, so hat die Erfahrung gezeigt, geht es nicht! Aber zum Dialog gehören mindestens zwei Teilnehmer. Und nicht immer findet der Architekt einen geeigneten Dialogpartner. Dialogisches Entwerfen nämlich erfordert ein gerüttelt Maß an Bauherrnengagement und -kompetenz.

Engagierte und kompetente Bauherren
    Architekten und Bauherren sind die Einzigen, die ein Bauprojekt von Anfang bis zum Ende begleiten. Alle anderen Gewerke sind nur phasenweise an der Planung und der Ausführung beteiligt. Ohne Frage fällt daher den beiden Protagonisten größte Bedeutung zu. Eine beständige Klage vieler Architekten der letzten Jahrzehnte betrifft immer wieder die schwindende Rolle und Relevanz des Bauherrn. Denn es besteht zwischen dem Architekten und seinem Bauherrn nicht nur ein Vertragsverhältnis, sondern auch eines der Interessen. Das möge zum Beispiel das Interesse an guter Architektur (Schönheit) sein, an einem entsprechenden Städtebau (gute Referenz), an optimaler Raumausnutzung (Effizienz), an größtmöglicher Nachhaltigkeit (ökologisch-politische Korrektheit), an Kosteneinsparungen (Wirtschaftlichkeit) et cetera. Bei all diesen Interessen ist es von Bedeutung, welche Rolle der Bauherr einnimmt und welche Nähe er zu dem Bauwerk hat, inwieweit er sich damit identifiziert. Je größer diese Identifikation ist, desto besser stellt sich die Situation für den Architekten dar. Ist das Bauwerk jedoch nur bloße Handelsware, steht es weniger gut um die Belange der Architektur   –   wie auch die des Architekten.
    Erste Konzeptskizze zum Hauptbahnhof in Berlin, 1994. Planung und Realisierung des größten Kreuzungsbahnhofs Europas nahmen insgesamt mehr als 14   Jahre in Anspruch.
    Ein Typus eigener Art ist der öffentliche Bauherr. Er ist zwar begrifflich eindeutig zu fassen, in der Realität des Planens und Bauens stellt er aber meist nur eine abstrakte Größe dar, die sich wie eine Hydra in hundert Gremien verflüchtigt oder gar verleugnet und keine persönliche Verantwortung übernimmt. Der Nicht-Bauherr wird in diesem Fall zum entpersonalisierten Bauherrn.
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