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Bittersueßes Hoffen

Bittersueßes Hoffen

Titel: Bittersueßes Hoffen
Autoren: Sandra Marton
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hätte sie fast erwidert. An diesem Morgen würde die vorschriftsmäßige Verlesung des Testaments stattfinden. Sie wusste, was darin stand. Ihr praktisch denkender Ehemann hatte mit ihr darüber gesprochen, als er vor einem Jahr plötzlich beschlossen hatte, ein Testament aufzusetzen.
    Er hinterließ alles ihr, damit sie es treuhänderisch für Peter verwaltete. "Es ist sein Geburtsrecht", sagte Ted.
    Faith zögerte. "Willst du nicht irgendetwas ... " Sie brachte den Namen nicht heraus. „… deinem Bruder vermachen?"
    Teds Augen wurden dunkler, und sie wusste, dass sein Schmerz in all den Jahren nicht schwächer geworden war. Er hatte nichts von Brian gehört, seit er ihm von ihrer Heirat geschrieben hatte. Auch wenn Ted und sie niemals darüber redeten, war Faith klar, dass er Brian nicht so sehen konnte oder wollte, wie er wirklich war. Sie hatte Verständnis dafür. Liebe verfälschte das Urteil eines Menschen. Sie hatte nächtelang geweint, nachdem Brian sie im Stich gelassen hatte. Zumindest sie war zur Besinnung gekommen.
    "Nein", hatte Ted leise erwidert. "Das ist wohl sinnlos. Brian hat seinen Vater gehasst und will sicher nichts von dem Geld, das ich von Isaiah geerbt habe.
    Aber ich weiß, dass mein Bruder eines Tages zurückkehren wird, und dann musst du ihm die Wahrheit sagen. Er hat das Recht, zu erfahren, dass du ein Kind von ihm hast, ebenso wie Peter das Recht hat, den Mann kennen zu lernen, der wirklich sein Vater ist."
    Faith blickte starr in den Spiegel. Brian hatte auf nichts Anspruch. Was Peter betraf ... Sie konnte sich nicht vorstellen, ihm irgendwann wehzutun, indem sie ihm erzählte, dass sein leiblicher Vater sie sitzen gelassen hatte. Ihr Sohn war besser dran, wenn er sein ganzes Leben lang Ted für seinen Vater hielt. Er würde damit glücklich sein, und nur sein Glück war wichtig. Deshalb hatte sie Ted geheiratet. Und deshalb würde sie aus Liberty wegziehen, sobald der Anwalt mit dem ganzen juristischen Hokuspokus fertig war. Dann würde sie das Geld haben, um ein neues Leben anzufangen, irgendwo weit weg, wo
    "Cameron" einfach ein Name war. Die Entscheidung war ihr nicht leicht gefallen. Trotz allem war Liberty ihr Zuhause.
    Sie stand auf, ging zum Kleiderschrank, öffnete ihn und ließ die Hand über die Sachen gleiten, die an der Stange hingen. Als sie das pinkfarbene Kostüm streifte, zögerte sie flüchtig. Sie hatte es bei Teds Beerdigung getragen, und die Leute hatten sie missbilligend angesehen. Zum Teufel mit ihnen, hatte sie gedacht. Ted hatte Schwarz gehasst. Aber an diesem Tag ging es nicht um die Liebe und den Respekt, die sie Ted entgegengebracht hatte. Es ging um Peters Zukunft. Faith wählte ein schwarzes Seidenkostüm und eine cremefarbene Bluse. Wahrscheinlich würde sie vor Hitze umkommen, doch es war das passende Outfit. Sie verzog das Gesicht, während sie eine Strumpfhose anzog.
    Sobald sie den Reißverschluss des Rocks zugemacht, die Jacke zugeknöpft und ihre Füße in die schwarzen Pumps gezwängt hatte, klebte ihr die Bluse auch schon an der Haut.
    Faith atmete tief durch und drehte sich zum Spiegel um. Das Kostüm war geschäftsmäßig und elegant, und wenn sie die Jacke zugeknöpft ließ, würde niemand die verschwitzte Bluse bemerken. Aber ihr Haar... "Verdammt", schimpfte Faith. Wie immer bei Feuchtigkeit lockte es sich, anstatt ihr in weichen, damenhaften Wellen über die Schultern zu fallen. Außerdem glänzte ihr Gesicht, obwohl sie ausnahmsweise Puder benutzt hatte. So viel dazu, kühl und selbstbewusst auszusehen. Sie sah aus, wie sie sich fühlte, unsicher und traurig, weil sie den einzigen Menschen verloren hatte, der sie jemals aufrichtig gern gehabt hatte.
    „Mom?"
    Faith wandte sich um. Ihr Sohn kam herein. Seine Miene war ernst - zu ernst für einen Jungen seines Alters. Bei seinem Anblick wollte ihr das Herz bersten vor Liebe. Sie ging zu ihm, zog ihn an sich und seufzte, als sie seine Anspannung spürte.
    "Alice sagt, du fährst in die Stadt."
    "Das stimmt." Faith trat zurück und schob Peter das braune Haar aus der Stirn.
    "Musst du hin?"
    "Ja. Aber ich werde nur ein oder zwei Stunden weg sein." Ihr Sohn nickte.
    Teds Tod hatte ihn schwer getroffen. In letzter Zeit wollte er ständig in ihrer Nähe sein. "Soll ich dir ein neues Spiel aus dem Computerladen mitbringen?"
    Peter schüttelte den Kopf. "Dad hat mir eins gekauft, kurz bevor..." Er biss sich auf die Lippe. "Ich vermisse ihn so, Mom."
    "Ich auch." Faith drückte ihren Sohn einen
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