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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01
Autoren: Karl Bleibtreu
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unterschreibe mich Otto Bismarck. Selbst ist der Mann und braucht keine faulen Titel. Das ist für Philister, nicht für akademische Jungens.«
    »Otto, du bist ein kolossal famoser Kerl!« Es steigt der Kantus ›Was ist des Deutschen Vaterlands?‹ –
    Als der junge Mensch im Mondschein am Ufer der Leine entlang nach Hause ging, dachte er: Lauter liebe prächtige Menschen, nur die Formen nicht eben die besten. Das lernt man nicht im Bürgerstand und in Kleinstädten, woher sie alle stammen. Und daß sie sich nicht schlagen, betrübt mich sehr. Wozu ist man denn Student! Na, dazu brauch' ich sie nicht, auf dem Fechtboden werd' ich schon andere treffen. Aber daß sie so stramm für das ganze Deutschland sind, das ist ganz mein Fall. Die Korps werd' ich mir ja auch besehen, ob sich mit denen leben läßt. Prüfet alles und behaltet das Beste! sagte der alte Gymnasialprofessor. –
    Und siehe da, es bot sich gleich die beste Gelegenheit. Denn auf dem Heimwege begegneten ihm vier bezechte Mitglieder eines Korps mit roten Couleurbändern. Sie brachen in fröhliches Lachen aus, gereizt durch sein wunderbares Kostüm, in dem eine bunte Jacke das Hauptstück abgab. Beim hochnotpeinlichen Verhör hatte der Richter große Augen gemacht, sich nur aus Würdegefühl die Heiterkeit verbissen. Verstimmt fuhr Otto aus nachdenklichem Schlendern auf und frage den Vordersten: »Lacht Ihr über mich?«
    »Natur, das könnt Ihr doch sehen.« Man stierte ihn herablassend an. »Sie sind wohl nicht von hier?« Damit wollten die Arm in Arm Daherwankenden Otto mit sanftem Drängeln zur Freigabe der engen Gasse nötigen. Dieser, ohne Kenntnis des Komments, zitterte davor, sich bloßzustellen, da Rauferei wohl nicht als sittig galt. Da kam ihm ein rettender Gedanke. Indem er den Puff erwiderte, sprach er gelassen das große erlösende Wort: »Sie sind ein dummer Junge.« Dabei lüftete er den Zylinder und bezog mit liebevoller Unparteilichkeit alle vier in seine anmutige Begrüßung ein. »Mein Name ist Otto Bismarck, noch nicht aktiv.«
    »Halt, Tusch!« Die Gerempelten zogen höflich die Kappe, »Hier Rote Hannoveria!« Auf der Stelle war die Angelegenheit geregelt. »Krasser Fuchs ohne Verbindung hat aufgebrummt. Auf Schläger losgehen morgen abend. Sie können Waffen bei einem andern Korps belegen.« Der eine erbot sich: »Werd' Sie bei den Friesen empfehlen, wo ich früher aktiv war. MeinName stud. jur. Scharlach.« Otto dankte hoch herab: »Ich belege bei Brunswigia.« Dies war das feudalste Korps, dessen Chargierter ihn vorher keilen wollte.
    Die Belegung geschah, doch am andern Mittag stellte sich plötzlich ein Vermittler ein. Ein Verwandter, v. Dewitz-Masow dem Kreise Daber-Dewitz in Pommern war bei der Hannoveria eingesprungen und wohnte zufällig im Hause, wo Otto abstieg. Spornstreichs eilte er zu seinem Vetter hinauf. »Na, du machst ja schöne Geschichten. Sind deine Urgroßmutter und Großmutter dazu v. Dewitz gewesen, daß ich mit dir in Couleurfeindschaft komme? Reitet dich der Satan, gerade mit uns anzubinden?«
    »Das wußt' ich nicht, du! Dann wär' ich natürlich zu dir gegangen.«
    »Sehr schön, darauf können wir den Ausgleich bauen. Du schlägst doch nicht nach deinem Großpapa Karl, den sentimentalen Poeten, der so elegantes Französisch schrieb?«
    »Nee, nach dem Urgroßvater.« Otto zeigte lachend die blitzblanken Zähne. Dewitz griff an die Kappe:
    »Gefallen als Oberst der Dragoner Ansbach-Bayreuth. Hochachtung! Siehst, du bist aus dem rechten Holz für uns forsche Rote. Wozu also die Paukerei, dieweil du doch zu uns gehörst! Ich werde die Chose schon befummeln, alter Junge.« Gesagt, getan. Unter gegenseitigem Revozieren, daß man zu »voll« gewesen sei, um die schätzbaren Eigenschaften zu würdigen, vollzog sich die feierliche Aufnahme des Neulings. Doch das verpfuschte Duell vollendete sich auf andere Weise. Der Konsenior der Brunswigia stellte den Fuchs: »Sie belegten Waffen bei uns und springen hernach bei Hannover ein?« Für dies unkommentmäßige Betragen fordere er. –
    »Bist du denn schon mal losgegangen?« erkundigte sich Dewitz besorgt.
    »Nu nee! Eh' ich herkam (ich wollte nach Heidelberg, doch ein Onkel meiner Mama, ein Geheimer Finanzkerl, war für Göttingen) hatt' ich als Mulus mal ein Renkontre mit einem mosaischen Rechtsbeflissenen, Wolf war sein werter Name, doch er biß nicht, der Makkabäer gehörte zur Sekte der Parther, die fliehend fechten. Ich hieb ihm die Brille ab und er stach
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