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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01
Autoren: Karl Bleibtreu
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dem Herrn und ein Trinker sondergleichen, und wenn er Toaste ausbrachte, ließ er an der Festtafel Trompeten blasen und Karabiner abfeuern. Ein toller Hecht!«
    »Na weißt du, Otto, solche Streiche traut man dir auch zu!« King klopfte ihm herzhaft auf die Schulter.
    »Möglich. Und ich muß euch sagen, daß ich ihm verdammt ähnlich sehe. Sein Porträt ist wie ein Spiegel: guck' ich drauf, so seh' ich mich selbst.«
    »Lasset uns prophezeien! Du wirst jagen, saufen, reiten und als Reiteroberst fallen.« Coffin stimmte an: »Kein schönrer Tod ist in der Welt, als wer vorm Feind erschlagen.«
    »Wollen's hoffen, so weit reicht's wohl noch mit mir, mehr kann ein märkischer Junker nicht verlangen. Mein Großvater Karl fiel aus der Art, mimte den Pariser Schöngeist und fabrizierte französische Verse, bis all unsere Leute sich im Grabe umdrehten. Er nahm als Rittmeister seinen Abschied, und mein Vater hat unsere Güter seit 1797. Der focht als Rittmeister gegen die Schelmfranzosen der Revolution und kriegte die Sache dick, als Preußen den schlechten Frieden von Basel schloß. Er zog sich nach Schönhausen zurück, hat aber in Berlin viel gekneipt in Umgebung des Prinzen Louis Ferdinand. Meine Mutter heiratete er ausgerechnet 1806, das war ein Honigmond mit besonderem Polterabend, denn Soults Halunken polterten in unser verlassenes Gut hinein und hausten wie Vandalen. Sogar unseren Stammbaum rissen sie von der Wand und zerfetzten ihn. Ihr könnt euch denken, daß ich von daher einen Groll gegen die ganzeBande hege, der nicht von schlechten Eltern ist. Alles, was französisch, kann ich nicht riechen. Mein Lehrer auf dem Gymnasium, Professor Prevost und Doktor Bonnel, waren würdige Männer, aber weil Refugiés, waren sie mir unangenehm. Ich bin nun mal so.«
    »Die Söhne schlagen aber nach der Mutter.« Motley wiegte nachdenklich den Kopf. »Mir scheint, vieles in dir stimmt nicht zu deiner Vaterseite.«
    »Nun ja! Meine Mutter, das ist eine außerordentliche Dame, ist eine Bürgerliche, Tochter von Kabinettsrat Mencken. Man sagt zwar, wir seien mit dem alten Derfflinger verwandt, dem Schneidergesellen, der den Schweden mit eiserner Elle das Maß nahm, aber was Gewisses weiß man nicht, meine mütterlichen Vorfahren waren meist Leipziger Professoren.«
    *

»Hoch, hoch, hoch!« tönte es in der burschenschaftlichen Kneipe.
    »Was feiert ihr denn, Kinder?« fragte der soeben eintretende Bismarck.
    »Die Hambacher Feier! Gut Heil! Hast du denn nichts gehört?«
    »Hm, nicht viel Gutes. Da mach' ich nicht mit.«
    Am 27. Mai 1832 war in Hambach nahe der rhein-bayerisch-französischen Grenze eine riesige Menschenmenge zusammengeströmt, um einen »deutschen Mai« festlich zu begehen, in Erinnerung an die studentisch-turnerische Wartburgfeier vor 15 Jahren, die so kläglich zur Demagogenhetze überleitete. Damals herrschte noch eine fromm-altdeutsche, rein vaterländische Stimmung, diesmal aber eine exaltiert-radikale, Nachklang der Pariser Julirevolution, die vor zwei Jahren überall trügerische Hoffnungen des alldeutschen Liberalismus aufreizte. Unter Vorantragung schwarzrotgoldener Fahnen erging man sich in kernigen Flüchen auf Fürsten und Fürstenknechte, rief sogar nach Waffen, bis man am andern Morgen den Rausch ausschlief.
    »Aha, der preußische Junker!« »Da haben wir's, das dacht' ich mir!« murrten viele Stimmen. »Der hat kein Herz für die deutsche Sache!«
    Der junge Märker sah sich trotzig im Kreise um. »Ich bitte um Ruhe und Höflichkeit. Die Leute da unten haben gebrüllt: ›Vivat die vereinigten Freistaaten Deutschlands!‹ und gar noch schlimmer: haben ›das konföderierte republikanische Europa‹ leben lassen. So steht's in den Zeitungen. Und da soll ein deutscher Jüngling sich freuen? Polen und Franzosen sind unter der Menge gewesen und haben geschürt. Wißt ihr, wie ich das alles nenne? Landesverrat!«
    »Du bist verrückt, Bruder Bismarck!« meldete sich eine versoffene Stimme. »Polen und Franzosen sind Freiheitshelden und unsere Brüder. Nur mit ihrer Hilfe werden wir Deutschlandeinigen in Schwarzrotgold. Davon versteht natürlich so'n Stockpreuße nichts, dem wahres Nationalgefühl abgeht.«
    Der lange Preuße reckte sich hoch empor. »Da ihr keine Satisfaktion gebt, so könnt ihr mich nicht beschimpfen. Ihr Kindsköpfe! Polen und Franzosen als Paten deutscher Einheit! Das fehlt uns noch! Und wenn ich Republikaner wäre, so riefe ich doch Pfui über solche Affenschande, das Ausland um
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