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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01
Autoren: Karl Bleibtreu
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mal die Antipathie!« Der Zugenähte lachte vergnügt. Die Narbe stand ihm gut und er zechte fidel auf seiner Bude. »Glaube wohl, es liegt bei mir so im Blut. Wißt ihr, bin nämlich 1815 geboren, wo es mit dem Napolium und der ganzen Franzosenwirtschaft ein Ende nahm. Das muß wohl auf mich abgefärbt haben, denn ich habe nicht für einen Silbergroschen Respekt vor der eingebildeten Bande. Das sind lauter zierliche Spazierstöcke und Galanteriedegen, die man umknicken kann wie Binsen und Rohr. Da lob ich mir einen derben deutschen Knotenstock und Husarensäbel, das ist Kernholz und echtes Metall.«
    »Ja, wenn du mit deinen sechs Fuß Länge kommst!« zuckte Coffin die Achseln. »Daß Kerls wie du die Französischen in Grund und Boden boxen, traut man euch Preußen schon zu. Aber – –«
    »Das meint' ich nicht!« rief Otto eifrig. »Ich bin nicht so 'n Hinterwäldrischer Rüpel. Ich sprach figürlich, im allgemeinen, gerade vom Geistigen erst recht ... Auf die gespriesene französische Kultur pfeif' ich was. Die können uns nicht die Schuhriemen lösen. Wo sind denn ihre Dichter, Historiker, Philosophen, Künstler, die sich mit unsern messen könnten? Alles nur äußerer Aufputz, Fassade, nichts dahinter. Feldherrn und Staatsmänner hatten sie nie, dazu mußte der Korse kommen.«
    »Du übertreibst«, lächelte Motley. »Ei, unser hitziger Teutone ist heut recht im Zuge. Übrigens nenne ich dir Richelieu.«
    »Puh!« Bismarck stieß eine lange Rauchwolke aus. »Ein katholischer Pfaffe!«
    »Warum nicht? Die römische Kirche war immer die beste Schule der Politik, Erbin des alten Rom. Ich fürchte, old boy , das ist auch so eines deiner Vorurteile.«
    »Nun ja! Vor Teufel und Papismus erlöse uns der liebeGott! Wir Märker sind sattelfeste Protestanten, eingefleischte Hasser der Römlinge ... Überhaupt ... wer einen Fremdling im Süden anbetet, ist eine Art Hochverräter am eigenen Staat und hat hier nichts im Norden zu suchen. Mir ist all der wälsche Plunder ein Greuel. Prosit!« Der junge Herr nahm einen gewaltigen Schluck.
    »Spül's runter!« lachte King ihm zu. »Das kenn' ich, du kriegst immer einen Heidendurst, wenn du Franzosen und Pfaffen als erstes Frühstück zu dir nimmst. Wenn du mit dem Bierseidel räsonierst, kommst du mir immer wie der alte Hammergott vor, der mit dem unermeßlichen Methorn ... wie hieß er doch, Motley?«
    »Tor. – Ja, ja, Otto hat so was von einem Berserker, wenn er in Rage ist. Aber höre, Richelieu war gar kein Pfaffe in solchem Sinne trotz seiner Kardinalskutte. Ihn kümmerte wenig der Papst zu Rom, er war vor allem ein guter Franzose.«
    »Darin tat er recht.« Jener blies nachdenklich ein paar blaue Ringel in die Luft. » Right or wrong, my country! Ich weiß zwar so ungefähr, was mit dem alten Herrn los war, aber halt' uns mal einen Vortrag, Herr Historiker, worin du sein Besonderes siehst.«
    Motley räusperte sich. » Well , deine gemütliche Bude ist doch keine Aula.«
    »Nur zu!« rief Coffin. »Dein Spezielles! Wenn gute Reden sie begleiten, dann fließt die Arbeit munter fort.« Er stieß an, und alle folgten seinem Beispiel, die Seidel leerend. »Stoff genug ist da bis morgen früh ... also halte deinen Speech als professor historiae !«
    »Ziere dich man nich!« munterte der Gastgeber auf. »Meinst du, ich wäre bloß für Kneipen und Mensuren? Da irrst du dich riesig, old fellow . Also was ist's mit Richelieu?«
    »Na, wenn Ihr mich so tretet –! Also dieser wahre Staatsmann kannte keine bornierte Intoleranz. Er zwang zwar La Rochelle nieder, doch vertrug er sich nachher viel besser mit den Hugenotten, als später Louis Quatorze. Religiösen Zwiespalt wertete er nur als politischen und duldete nur nicht republikanische Neigungen bei den Hugenotten. Doch so wenig wie Demokraten ließ er frondierende Junker gelten und hielt den Adel eisern im Zaum. Die königliche Autorität –«
    »Stabilieren wie einen rocher de bronce !« brummte der Junker Bismarck zwischen den Zähnen. »Der alte Friedrich Wilhelm und sein Krückstock ließen auch nicht mit sich spaßen. Unsere Hohenzollern haben allzeit mit ihren Quitzows gerauft, sie gleichsam zugeritten als königlich preußische Kavalleriepferde. War aber doch Richelieu selber kein Monarch, nur Minister, und was hatte er davon, sich für einen andern abzuplagen! Persönliche Liebe für seinen Herrn bewog ihn wohl kaum dazu.«
    »Gewiß nicht. Ludwig XIII. war ein schwacher und schlechterMensch, lasterhaft,
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