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Bis Zum Letzten Tropfen

Bis Zum Letzten Tropfen

Titel: Bis Zum Letzten Tropfen
Autoren: Charlie Huston
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habt nix im Kopf als gegenseitig eure Mütter zu ficken. Aber wenn ihr grade schön zugange seid, komm ich eure Töchter nageln.
    Die Finger des Cops schließen sich um den Schlagstock.
    – Das find ich nicht lustig, du kleiner Scheißer.
    Olivera schiebt sich die Mütze zurecht.
    – Ich hab zwar keine Tochter, find’s aber auch nicht lustig.
    Kopftuch zuckt mit den Schultern und umrundet eine Traube Baseballfans, die das Spektakel beobachtet.
    – Macht ja nichts, Mann. Dann fick ich halt deine Frau.
    Die beiden Cops rennen auf die Kids zu, während sich zwei andere Polizisten, die von der Nordseite des Stadions kommen, ebenfalls in Bewegung setzen. Die Kids geben Gas, die kleinen 49-Kubik-Motoren heulen auf, und die Menge spritzt auseinander. Sobald sich der Staub etwas gelegt hat, sieht man die Kids um die Ecke verschwinden. Einer von ihnen wedelt mit der Mütze, die er einem der Cops vom Kopf gerissen hat.
    Die Menge trottet im alten Rhythmus und in alter Formation weiter. Alle versuchen, Augenkontakt mit den fluchenden Cops zu vermeiden. Die Beamten stehen im Kreis zusammen und überlegen, ob sie die Kids schon mal gesehen haben, wo sie wohl wohnen, und wie weit sie ihnen den Arsch aufreißen, wenn sie sie erwischen.
    Ich überquere die Straße und kreuze die Duftspur, die die Kids auf der Flucht hinter sich hergezogen haben. Die Cops können von Glück reden, wenn sie die kleinen Hosenscheißer nie wieder zu Gesicht bekommen.
    Giftgestank hängt in der Luft.
    Ausdünstungen, die das Rudel hinterlassen hat.
    Sie können nicht älter als dreizehn gewesen sein. Oder doch? Bei ausreichender Ernährung könnten es alte Männer in Kinderkörpern sein. Aber das glaube ich nicht. Alte Männer würden niemals so eine Show abziehen. Alte Männer provozieren keine Cops. Nein, das sind Frischlinge.
    Neu im Geschäft.
    Himmel, mit dreizehn ist man wohl in jedem Geschäft neu. Und wird wahrscheinlich auch nicht alt werden. Nicht, wenn man wie diese Kids Schilder umhängen hat. Große, grelle Neonschilder, auf denen steht: LEG MICH UM!
    Ich überquere die Straße Richtung Gerard Avenue, dort ist weniger los als in Richtung CBE und Triborough, und gehe am flachen Bunker eines Parkhauses entlang.
    Im Gehen denke ich nach.
    Ja, ich mache mir tatsächlich Gedanken über diese Kids, aber auch noch über ein paar andere Dinge. Ich überlege, wer sie zu dem gemacht hat, was sie sind. Wer ihnen sein Blut gegeben hat. Und wie viele einen grässlichen Tod sterben mussten, um diese vier zu infizieren.
    Ich denke über das Leben nach. Es ist kurz und beschissen wie eine Hühnerleiter. Sagt man doch so. Auf jeden Fall keine leichte Sache. Man muss es genießen, sooft sich die Gelegenheit bietet. Denn es ist durchaus möglich, dass sich manche Gelegenheiten nur einmal bieten.
    Gerade male ich mir aus, wie sehr ich es genießen würde, den Kerl zu skalpieren, der diese Jungs infiziert hat. Wie viel Spaß es mir bereiten würde, seine Kopfhaut abzuziehen und ihm den Lappen aus Haut und Haaren in die Kehle zu stopfen, um seine Schreie zu ersticken; um mir dann zu überlegen, wie ich ihn möglichst lange am Leben halten kann, während ich ihm die Rippen rausreiße.
    Diese Gedanken lenken mich ab, und so ist es kein Wunder, dass ich ihren Gestank erst bemerke, als ich schon fast fünf Meter an der mit einer Gittertür versperrten Seitengasse vorbeigegangen bin.
    Ich bleibe stehen und mache kehrt. Die Gasse führt direkt am Bürogebäude von Cassisi-and-Cassisi-Schadensregulierung vorbei. Se habla español. Als ob nicht alle Aasgeier hier español sprechen würden.
    Durch die rotlackierten Gitterstäbe kann ich zwischen den Gebäuden einen schmalen Gang erkennen. Der rasiermesserscharfe Stacheldraht auf den alten Steinmauern lässt auf gute Nachbarschaftsverhältnisse schließen. Eine Betontreppe führt zu den Hintereingängen der Gebäude an der Walton Avenue. Am Fuß dieser Treppe leuchtet ein roter Spritzer, viel heller als der Lack auf den Gitterstäben.
    Ich drücke das Gatter auf. Die Kette, die es eigentlich verschließen sollte, baumelt herunter. Ihre Glieder wurden sauber durchtrennt. Das Geräusch, das aus dem hinteren Teil der Seitengasse dringt, erinnert mich an eine Katze, die ich mal gesehen habe. Ihre Hinterbeine waren von einem Bus zerquetscht worden. Sie streckte die Vorderbeine aus, ihre Krallen kratzten über den Asphalt. Verzweifelt versuchte sie, Halt zu finden, dem Schmerz davonzukriechen. Die Leute auf dem Gehweg
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