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Bis zum Horizont

Bis zum Horizont

Titel: Bis zum Horizont
Autoren: Richard Paul Evans
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Touristen, die es kaum erwarten konnten, Mount Rushmore und die zahlreichen Sehenswürdigkeiten, die die Gegend zu bieten hatte, zu besichtigen.
    Eine lange Reihe Harley-Davidson-Motorräder parkte vor dem Hotel. Ihre Fahrer waren vermutlich auf dem Weg nach Sturgis, auch wenn das Harley-Treffen offiziell erst in hundert Tagen begann.
    Ich verbrachte den ganzen nächsten Tag im Bett. Ich war in einer melancholischen Stimmung und fühlte mich besiegt. Ich war über eintausend Meilen weit gelaufen, und wofür? Was hatte es mir gebracht? McKale war noch immer fort – und mein Herz noch immer gebrochen.
    An jenem Tag aß ich nichts. Ich verließ mein Zimmer nicht und benahm mich ganz wie der Einsiedler, nach dem ich aussah. Mein Bart war mehrere Zentimeter gewachsen und sah zottelig aus.
    Am zweiten Tag bekam ich Hunger, und mir war langweilig, daher zwang ich mich gegen Mittag aufzustehen. Ich aß in einer Subway-Sandwichbar zu Mittag, dann nahm ich einen Shuttlebus, um mir den nahe gelegenen Mount Rushmore und das Crazy-Horse-Monument anzusehen.
    Als ich Mount Rushmore erreichte, war das Monument von Wolken verhangen, was zu meiner Stimmung passte. Da der Shuttlebus erst eine Stunde später zurückfuhr, wartete ich im Besucherzentrum und sah mir den Souvenirladen an: Von Spielkarten bis hin zu Essstäbchen, man hatte die Köpfe der vier Präsidenten auf alle nur erdenklichen Gegenstände geklebt.
    Dann hörte ich jemanden rufen: »Guckt mal, man kann sie sehen!« Und ich trat ins Freie, wo sich die Wolken auflösten und die Köpfe sichtbar wurden: zuerst Washington, dann Jefferson, Roosevelt und Lincoln.
    Man hört es ständig: Mount Rushmore ist nicht so groß, wie man erwartet, aber selbst in meiner seelischen Verfassung war das Denkmal ein Erlebnis.
    Kunst faszinierte mich ohnehin, aber angesichts der Größenordnung dieser Skulptur war ich ganz besonders beeindruckt. Daher schlenderte ich über die Wanderwege unterhalb des Berges und sah mich im Besucherzentrum und im Museum um, bis es allmählich dunkel wurde. Zu dieser späten Stunde überlegte ich, ob ich einfach zum Hotel zurückkehren oder noch hinüber zum Crazy Horse Memorial fahren sollte.
    Offen gestanden, spielte das Crazy Horse für mich keine besonders große Rolle. Ich wusste kaum etwas über das Monument, außer dass es sich um eine unvollendete Statue des Indianerhäuptlings Crazy Horse handelte – jemand, den ich nicht kannte und für den ich mich nicht interessierte. Mit der Erhabenheit von Mount Rushmore konnte es das Crazy Horse Memorial ganz sicher nicht aufnehmen. Dennoch siegte am Ende meine Neugier, und ich nahm den Shuttlebus hinüber zu dem Denkmal. Ich ahnte nicht, welch tief greifende Wirkung es auf mich, mein Leben und meinen Weg haben würde.

Zweiundfünfzigstes Kapitel
    Manche Menschen sehen Berge als Hindernisse. Andere betrachten sie als Leinwand.
    Alan Christoffersens Tagebuch
    Das Crazy-Horse-Monument wurde im Jahr 1948 von dem polnisch-amerikanischen Bildhauer Korczak Ziolkowski begonnen. Ziolkowski wurde im Jahr 1908 als Kind polnischer Eltern in Boston geboren. Schon im Alter von einem Jahr wurde er zur Waise, und fortan wurde er zwischen verschiedenen Pflegefamilien in schlechten Wohngegenden hin- und hergeschubst. Er erhielt nie eine formale künstlerische Ausbildung, ging jedoch als Jugendlicher bei einem Schiffbauer in die Lehre und begann, sein künstlerisches Geschick beim Holzschnitzen unter Beweis zu stellen.
    Seine erste Marmorskulptur schuf er im Alter von vierundzwanzig Jahren: eine Büste des Richters Frederick Pickering Cabot. Cabot, ein Held der Pflegekinder im Großraum Boston, war der Mann, der Ziolkowskis Interesse an Kunst förderte. Im Jahr 1939 zog Ziolkowski in die Black Hills von South Dakota, um bei der Arbeit an Mount Rushmore mitzuhelfen.
    Kaum ein Jahr später gewann Ziolkowskis Marmorskulptur des Pianisten, Komponisten und Ministerpräsidenten Polens Ignacy Jan Paderewski den ersten Preis auf der New Yorker Weltausstellung. Wenig später wandten sich mehrere Häuptlinge der Lakota-Indianer mit der Bitte an Korczak Ziolkowski, ein Monument zu Ehren der amerikanischen Ureinwohner zu errichten. Häuptling Henry Standing Bear schrieb an Ziolkowski: »Meine Mithäuptlinge und ich würden den weißen Mann gern wissen lassen, dass auch der rote Mann große Helden hat.«
    Ziolkowski übernahm das Projekt und begann mit Recherchen und Plänen für die Skulptur. Als Ziolkowski drei Jahre später in die
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