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Bis in den Tod hinein

Bis in den Tod hinein

Titel: Bis in den Tod hinein
Autoren: Vincent Kliesch
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gewachsene Mann mit der Narbe auf der Wange ihr Büro auch schon verlassen.
    Daniela Castella atmete aus, erleichtert darüber, die Ansprache überstanden zu haben, denn üblicherweise war sie selbst es, die ihren Mitarbeitern den Kopf zurechtrückte. Dann sah auch sie zu den Bildern der Opfer hinüber und schüttelte ungläubig den Kopf, während sie hauchte: » Julius, das wäre genau Ihr Fall gewesen.«
    Julius Kern, der kurz zuvor zum Ersten Kriminalhauptkommissar befördert worden war, galt in Castellas Team als einer der fähigsten Kriminalisten. Einige rätselhafte Mordserien hatte er bereits mit seiner besonderen Intuition und seinem beispiellosen Ehrgeiz aufklären können. Jetzt stand er Castella jedoch nicht zur Verfügung. Weit entfernt von Berlin verbrachte er mit Frau und Tochter seinen Urlaub in den USA .
    » Ausgerechnet in dieser Lage…«
    Castella hatte die Leitung der Untersuchungen einem anderen Mitarbeiter anvertraut, der erst seit wenigen Wochen im LKA Berlin tätig war.
    » Neue Besen kehren ja angeblich gut«, sprach sie sich selbst Mut zu, während sie dabei ihr Adressbuch auf der Suche nach einem Spezialisten durchforstete, der in dem aufsehenerregenden Fall vielleicht doch noch zu neuen Erkenntnissen gelangen konnte. Und während sie dabei an den neuen Mitarbeiter in ihrem Team dachte, fügte sie unwillkürlich hinzu: » Hoffen wir, dass sich der Besen nicht als Handfeger entpuppt.«

2
    » Diese Geschichte mit dem Franzosen war im Grunde nur der Auftakt. Wenn auch zugegebenermaßen ein ziemlich spektakulärer«, berichtete Severin Boesherz der geschmackvoll gekleideten Dame, mit der er zu Mittag aß. Während er noch einmal den Sitz seiner Krawatte kontrollierte, sprach er weiter: » Ein Mann vom Sicherheitsdienst hat ihn bei seinem Routinerundgang entdeckt, in einem stillgelegten Lagerhaus in Reinickendorf. Der gute Mann hieß Pierre La Maire. Der Geschäfte wegen hat er schon seit ein paar Jahren in Berlin gewohnt, stammte aber aus dem Périgord.« Boesherz bemerkte den fragenden Blick seiner Begleitung. » Das liegt im Südwesten von Frankreich«, erklärte er daher. » La Maire hatte, wie in jedem Jahr, einen Stand auf der Grünen Woche. Mit seinem kleinen Familienbetrieb.«
    Die Internationale Grüne Woche wurde seit vielen Jahrzehnten alljährlich in der Hauptstadt ausgerichtet. Als eine der größten Ausstellungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, Lebensmittel und Gartenbau erfreute sie sich großer Beliebtheit, nicht nur bei den Berlinern. La Maire, das erste Opfer der Mordserie, mit deren Aufklärung Severin Boesherz beauftragt war, hatte dort mit zwei Mitarbeitern Delikatessen aus seiner eigenen Erzeugung präsentiert.
    » Ich kann Ihnen natürlich keine Interna erzählen, aber die öffentlichen Informationen reichen schon vollkommen aus«, fuhr er fort, während seine Begleiterin mit wachsender Anspannung an ihrem Weißwein nippte. » Im Anschluss an den dritten Messetag ist der arme Kerl zu einem angeblichen Kaufinteressenten gefahren. Die beiden hatten sich in der Lobby eines Hotels verabredet. Wir haben uns die Videos der Überwachungskameras angesehen, und die zeigen, dass La Maire in der Hotelhalle gewartet hat. Bis ein Anruf kam, auf den hin er in die Tiefgarage gegangen ist.«
    » Den Anruf können Sie doch zurückverfolgen?«, warf die junge Frau ein.
    » Das wäre schön, aber so einfach hat es uns der Täter nicht gemacht. Ein Prepaidhandy, ich hasse diese Dinger. Im Parkhaus hingen nicht viele Kameras, deswegen müssen wir da ein bisschen spekulieren, was passiert ist. Unser Pierre ist da unten jedenfalls überwältigt worden, so viel ist klar.« Dass der Täter ein Elektroschockgerät benutzt hatte, erzählte Boesherz seiner Begleiterin nicht. Diese Information gehörte zu den Details, die das LKA der Öffentlichkeit vorenthielt. Der Rechtsmediziner, Dr. Adrian Homann, hatte an der Leiche eindeutige Spuren des Gerätes gefunden, das in der vergangenen Nacht auch bei Nils Rau zum Einsatz gekommen war. » Das Auto des Franzosen haben wir auf einem Video aus dem Parkhaus fahren sehen. Zu dem Zeitpunkt lag der Gute aber schon im Kofferraum.«
    » Dann haben Sie den Täter am Steuer gefilmt?«
    » Nein, der Fahrer ist auf dem Video nicht zu erkennen. Wir sehen nur seine Arme und den Hinterkopf.«
    Boesherz griff nach seinem Weinglas, das er im Gegensatz zu seiner Begleitung am Stiel, nicht am Kelch hielt. So, wie er es gewohnt war, schwenkte er dessen Inhalt, als ihm
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