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Bis du erwachst

Bis du erwachst

Titel: Bis du erwachst
Autoren: Lola Jaye
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jetzt nie mehr zu spät zu kommen, denn das war sie Lena und sich selbst schuldig. Sie wollte in ihrem neuen Job bestehen!
    Sie lächelte, als Michael von der anderen Seite des Raumes zu ihr herüberwinkte. Sie war jetzt kein Kind mehr, sondern eine Frau und bereit für all die Pflichten und Möglichkeiten, die dies mit sich bringen würde. Nur eine Sache musste sie noch erledigen.
     
    Michael drückte zum zweiten Mal auf den Klingelknopf.
    «Was denn?», fauchte es ihm entgegen. Vielleicht hätte er nicht kommen sollen, aber wenn er es jetzt nicht tat, würde er es nie tun.
    «Jen, ich bin’s. Darf ich raufkommen?»
    Der vertraute Geruch ihrer Wohnung begrüßte ihn, als sie ihn einließ.
    «Na, das ist ja eine Überraschung», sagte sie trocken. Am besten, er dachte gar nicht weiter darüber nach, bevor er sich zwang, das zu sagen, weswegen er gekommen war. Sie führte ihn ins Wohnzimmer, und er dachte an all die Zeit, die sie dort verbracht hatten. An die Abende. Er konnte sich nicht erinnern, sie je woandershin mitgenommen zu haben als zum Chinesen um die Ecke oder höchstens zu einer Mitternachtsvorführung im Kino. Er hatte sie nie mit Charlotte bekannt gemacht, sie nie von sich aus angerufen, ihr nie gesagt, dass er sie liebte.
    «Ich war nicht sehr fair zu dir, Jen.»
    Sie setzte sich aufs Sofa und sah ihn an. «Eine Untertreibung.» Sie unterdrückte ein Gähnen. Michael wusste nicht recht, ob es gespielt oder echt war. Es war erst halb neun.
    «Jen, ich bin gekommen, um dir etwas zu sagen.»
    «Michael, ich hab dich seit beinahe drei Monaten nicht mehr gesehen.»
    «Ich weiß.»
    «Warum bist du dann hier?»
    «Ich wollte dir nur sagen   …»
    Sie verdrehte die Augen. «Ich muss morgen früh ein Flugzeug erwischen.»
    «Oh. Die Sache ist die, ich will dir etwas sagen.»
    «Was willst du mir denn sagen, Michael?»
    «Dass es mir leidtut.»
    Ihre Miene war schwierig zu deuten. Sie sah so aus, als wäre sie mitten im Augenrollen erstarrt. Vielleicht hatte sie mit einer Konfrontation gerechnet. Dieser Satz schien sie irgendwie hilflos zu machen.
    «Es tut mir leid, wie ich mich dir gegenüber verhalten habe – ja, wirklich. Dass ich nie für dich da war und dich nicht so behandelt habe, wie du es verdienst. Wie eine Prinzessin nämlich.»
    Sie lächelte. «Du Idiot.»
    «Ich weiß.»
    Da lachten sie beide, und Michael war dankbar, dass sich die Spannung gelockert hatte.
    «Ich war damals ein anderer Mensch, weißt du», sagte er.
    «Und jetzt?» Sie betrachtete ihn genauer. «Schicker Haarschnitt.»
    «Danke.»
    «Was hast du denn getan, hast du dich in irgendeine Hippieklausur begeben und Pferde umarmt?»
    «Nicht direkt. Mir ist jemand begegnet. Eine Freundin», fügte er ein wenig zu rasch hinzu. Jen hob eine Augenbraue. «Eine Freundin, die mich   … leben gelehrt hat.»
    «Gut.»
    Michael war sich nicht sicher, ob das sarkastisch gemeint war. Aber das spielte keine Rolle. Er hatte gesagt, was er hatte sagen wollen. Bei anderen Exfreundinnen hatte er sich nicht mehr gemeldet, aber zu Jen hatte er persönlich gehen wollen. Sie war diejenige, der er das meiste Unrecht angetan hatte. Sie hatte wirklich auf eine gemeinsame Zukunft gehofft. Natürlich hatte auch geholfen, dass er wusste, dass Jen vernünftig reagieren würde.
    Sie bot ihm etwas zu trinken an, doch er lehnte ab. Er wusste, dass seine Viertelstunde beinahe abgelaufen war.
    «Alles okay bei dir, Jen? Du weißt schon, dein Job, dein Leben?»
    «Mach dir meinetwegen keine Sorgen, mir geht es gut. Ich hab nämlich auch jemanden kennengelernt.»
    «Wirklich?» Das hatte Michael nicht erwartet. Vielleicht war es männliche Egozentrik, aber der Gedanke war ihm einfach nicht gekommen. Aber natürlich hatte sie jemanden kennengelernt! Sie war eine tolle Frau, intelligent, unabhängig. Es konnte gar nicht anders sein, und er freute sich ehrlich für sie.
    «Das sind gute Neuigkeiten», sagte er aufrichtig.
    «Er heißt Robert. Morgen früh fliegen wir nach Marokko, zu unserem ersten gemeinsamen Urlaub. Er ist ein wunderbarer Mann, und ich wünschte, er wäre mir schon viel früher begegnet. Aber da war ich ja noch mit dir zusammen, und ich hätte jemanden wie Robert gar nicht an mich herangelassen. Damals habe ich immer nur an dich gedacht. Ich hab immer gedacht, wenn Michael endlich sein Leben auf die Reihe bekommt, wird aus uns noch ein richtiges Paar. Damals habe ich jeden Mann mit dir verglichen. Als du dann endgültig gegangen bist, war das zwar
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