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Bis auf die Haut

Bis auf die Haut

Titel: Bis auf die Haut
Autoren: Nikki Gemmell
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du ihr nicht.
    Wir sollten uns mal treffen, sagt sie. Wenn du wieder zu Hause bist. Ich möchte – eine bessere Freundin für dich werden.
    Ja, das machen wir.
    Du bist nicht sicher, wann du sie wiedersehen wirst, jetzt, wo dein neues Leben angefangen hat, willst du das jedenfalls nicht.
    Cole hat mir erzählt, ihr geht immer noch ab und zu einen trinken, sagst du, willst eine Reaktion provozieren: Du fragst dich, ob auch das wieder nur eine clevere Lüge war.
    Ich schlaf nicht mit ihm, klar?, erwidert sie patzig mit hochroten Wangen, dann schaut sie wieder zu Jack hinunter. Nach ihrer Antwort bist du keine Spur schlauer. Du wendest dein Gesicht zur Zimmerdecke hoch und lächelst: Sie kann dich nicht mehr treffen, dich nicht mehr verwunden. Dein Leben hat jetzt eine ganz andere Weite gewonnen. Und in dem Moment, als du dein Gesicht mit geschlossenen Augen nach oben hältst, löst sich endlich die Spannung der Ungewissheit auf, die dich seit Theos Brief quälte – was du tun sollst, wie du von hier aus weitermachen sollst –, und eine Entscheidung rieselt auf dich herab wie weicher Regen. Und Theo weiß nichts davon. Du senkst den Kopf wieder und lächelst sie gelassen an.
    Dein kleiner Sohn liegt neben dir im Klinikbett, sein warmer, fester Körper, so etwas wird sie nie erleben. Endlich, endlich gibt es etwas, was du besitzt, sie aber niemals haben wird.

136. Lektion Der Mutter ist nun die Krönung aller Weiblichkeit zutheil geworden, und im Betrachten ihres Kindleins und ihrer mütterlichen Fürsorge fühlt sie sich selbst in eine neue Welt des Entzückens hineingeboren
    Du schreibst in zwanzigminütigen Ausbrüchen, einmal täglich, wenn du Glück hast, auch zweimal. Mehr gesteht dir Jack nicht zu. Du sitzt morgens in diesen wunderbar klaren, hellen, spannenden Momenten an deinem Schreibtisch, wenn Jacks Tag noch nicht durch Windelwechseln und Blähungen und zu wenig Schlaf verdorben ist.
    Sechs Wochen nach der Geburt ist die Wohnung immer noch voller Blumen, die aber langsam welken und ihre Blütenblätter fallen lassen. Die Räume haben diesen sanften, frischen Glanz einer jungen Ehe. Du blutest immer noch, aber es wird weniger. Deine Genitalien riechen immer noch nach rohem Fleisch. Der Pigmentstreifen zeichnet immer noch die Grenze zwischen deinen auseinander gewichenen Bauchmuskeln nach. Deine Brüste sind riesig geworden wie Ballons, nach unten gesackt und blau geädert wie die Karte einer Flusslandschaft. Wenn du auf die Toilette gehst, fühlt sich alles locker und zerrissen an, wenn der Urin auf die Wunde spritzt, brennt es höllisch und dein ganzer Körper krampft sich zusammen. Du leidest unter üblen Verstopfungen. Der Muskel auf der Rückseite deiner Vagina ist gerissen und man hat dich vorgewarnt, dass sich beim Zusammenwachsen hartes Narbengewebe bildet und du später im Leben womöglich inkontinent sein wirst. Doch das fällt alles nicht ins Gewicht. Eine solche Liebe.
    Und die Ekstase, in die du darüber gerätst.
    Deine Finger, deine Fingernägel, deine Kleider, deine Bettwäsche, deine Haare sind von ihm durchtränkt. Nie hast du einen anderen Körper mit einer solchen Intimität gekannt. Der Geruch seines säuerlichen, milchigen Atems, seine Handflächen, die gepuderten Falten seiner Lenden. Du bist eifersüchtig auf seinen Schlaf, der deinen Sohn von dir entfernt. Manchmal bietet Cole dir an, ihn zu füttern, um dir eine Atempause zu verschaffen; dann saugt Jack an dem Fläschchen, in das du deine abgepumpte Milch gefüllt hast, mit einem so kraftvollen Zug wie ein Kalb am Euter. Du schmiegst dich im Schlaf so dicht an ihn wie an einen Geliebten, legst deinen Arm um ihn, wendest ihm dein Gesicht zu, und aus deinen Brüsten tropft wässrige, bläulich weiße Milch. Manchmal hast du das Gefühl, er wäre ein gefühlskalter Sukkubus und du nur seine Füttermaschine, dann ziehst du dich vor seiner gefräßigen Gier zurück. Doch dann lächelt er, und wieder brandet wild und unbändig eine Liebe in dir hoch, die größer ist als du selbst. Die arme Germaine hat sich getäuscht: Mutterschaft bedeutet keine katastrophale Abnahme der Lebensqualität, sondern das strahlende Leben selbst.
    Durch Jack hast du zu einer Art innerem Frieden gefunden, vor allem, wenn du ihn stillst. Du hast alles Oberflächliche allein schon deshalb abgestreift, weil dafür keine Zeit mehr bleibt. Du verlierst dich, wenn du in die langen, goldenen Tage mit ihm starrst. Du weißt jetzt, warum ein Mann mittags wegen seines
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