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Bis auf die Haut

Bis auf die Haut

Titel: Bis auf die Haut
Autoren: Nikki Gemmell
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öffnest, wird sie sofort ganz hereinplatzen und dich überrollen. Du kannst nicht mehr zu jeder Tages- und Nachtzeit Kaffee für sie kochen, willst nicht mehr gehorsam ans Telefon gehen, wenn sie gebieterisch
heb ab, heb ab
auf dem Anrufbeantworter fordert, wirst keine Zeit mehr für stundenlange Telefongespräche bis spät in die Nacht haben: Das ist dir alles viel zu anstrengend, allein schon der Gedanke an sie. Außerdem will sie auch ein Kind haben und du willst dich nicht in Sachen Mutterschaft mit ihr messen müssen: Da tut sich dir ein ganz neues Feld auf, auf dem Frauen miteinander konkurrieren. Es würde dir keinen Spaß machen, mit Theo zu vergleichen, wessen Kind besser schläft, mehr Haare hat, am meisten lächelt.
    Eigentlich willst du überhaupt nicht, dass sie mit dem Leben deines Kindes etwas zu tun hat.
    Du drehst die Musik laut auf, deine Musik. Du schlüpfst in deinen chinesischen Morgenmantel, der viel zu farbenprächtig und zu empfindlich ist, als dass du ihn tragen solltest, aber heute Abend ist dir das egal. Du schenkst dir ein Glas Rotwein ein, das erste nach langer Zeit, der Wein rinnt dir die Kehle hinab wie Samt und Seide.
    Die gleißende Einsamkeit.
    Ein Schlüssel in der Tür, genau wie in alten Zeiten, wenn Cole von der Arbeit heimkam. Gepäck plumpst auf den Dielenboden. Er kommt nicht herein. Es ist, als ob ihr beide erst vom anderen hören und den Ton, den er anschlägt, deuten wolltet.
    Und dann steht er da, auf der Türschwelle zum Wohnzimmer, und dein Herz macht einen Sprung.
    Hast du mit ihm geschlafen?, ist alles, was er fragt.
    Nein.
    Die Lüge kommt dir glatt über die Lippen, du schaust ihm dabei direkt in die Augen, die gute Schauspielerin, die gute Ehefrau, darauf hast du dich vorbereitet. Eure Beziehung überlebt die Brutalität absoluter Ehrlichkeit nicht, das weißt du inzwischen.
    Er legt den Kopf schief und kommt zu dir herüber. Du dummes altes Haus, sagt er, du dummes, dummes altes Haus.
    Die Erleichterung.
    Dein Lächeln ist wie ein von einer Windbö umgestülpter Regenschirm.
    Ganz von selbst. Und du bringst keinen Ton heraus, denn der liebevolle Klang in seiner Stimme bricht dir das Herz.

126. Lektion Staub ist zu entfernen und nicht bloß andersweiten zu wedeln
    In dieser Nacht hält dich Cole so fest und drückt dich gegen die Wand, als umklammere er einen Rettungsring im weiten Ozean des Unbekannten. Sein Körper ist dir so vertraut, in seine Umarmung ist so viel Erfahrung eingeflossen. Du denkst an die Liebe, die tief und kräftig dahinströmt wie ein unterirdischer Fluss. Eure Beziehung ist so vielschichtig, changierend, lebendig wie Ebbe und Flut, sie ist aus dem Nichts, der Ödnis entsprungen, und manchmal, in trüben Momenten, scheint sie sich wieder dorthin zurückzuziehen. Aber dann kehrt sie wieder zurück. Tiefer. Intensiver.
    Du drehst dich um und wendest deinem Mann dein Gesicht zu, küsst ihn vorsichtig, fragend auf die Lippen und er nickt abwesend im Schlaf. Das Baby unter deiner Haut ist wach. Du legst Coles breite Hand auf deinen Bauch und sofort beruhigt sich das Kind und hört auf zu strampeln, als lausche es, was Coles Hand zu sagen hat, als erinnere es sich an seine Berührung.
    In dieser Nacht schlüpft Gabriels dunkles Pochen in deiner Stirn davon wie ein Fisch, der vom Haken befreit wird.
    Cole regt sich früh, im ersten Dämmerlicht. Du liegst schon wach auf dem Rücken.
    Was war denn nun wirklich mit Theo, fragst du in die Klarheit des Morgens hinein. Vielleicht wird er jetzt reden, wo diese neue Reinheit zwischen euch herrscht. Und tatsächlich.
    Es ist so einfach und idiotisch, sagt er, ich weiß nicht, warum ich’s dir nicht schon längst erzählt hab. Er dreht sich zu dir um. Sie hat gemerkt, dass wir Probleme hatten, deshalb rief sie mich an mit dem Angebot, mich in die Geheimnisse einzuweihen, wie man eine Ehefrau an sich bindet.
    Ich verstehe, lächelst du und ziehst die Augenbrauen hoch. Und was sind das nun für Geheimnisse?
    Er spielt mit der Silberkette um deinen Hals, das hat er schon immer gern getan. Na ja, lacht er, das ganze Zeug wie Blumen einmal die Woche, dir zuhören, was du willst, dir viel Freiraum lassen.
    Aha.
    Und Oral-Sex, kichert er, darauf ist sie immer herumgeritten. Sie sagte, du wärst ein hoffnungsloser Fall, weil du nie den Mund aufmachen würdest. Er schweigt eine Weile und überlegt dann sorgfältig, wie er sich ausdrückt. Wir haben uns angefreundet. Gelegentlich nach der Arbeit ein Glas Wein
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