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Bis auf die Haut

Bis auf die Haut

Titel: Bis auf die Haut
Autoren: Nikki Gemmell
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miteinander getrunken. Ich mag sie. Weiter ist nichts dabei.
    Er lächelt, schaut dir direkt in die Augen. Bedeutungsschwere Stille. Dein Mund staubtrocken. Du umfasst sein Gesicht mit beiden Händen und lachst. Dein Mann konnte dir also nie erklären, dass er bei deiner besten Freundin Unterricht in der Kunst genommen hat, wie man seine Frau umarmt. Und du hast endlich beschlossen, ihm zu glauben. Das wird dir schließlich klar: Erst kommt der Entschluss, dann trottet der Glaube folgsam hinterher wie ein Hund an der Leine.
    Und was will Theo wirklich, fragst du, das hab ich nie durchschaut.
    Sie wünscht sich so sehr ein Kind, das weißt du ja. Sie versucht es schon seit achtzehn Monaten, hat’s mit künstlicher Befruchtung probiert und allem, aber nichts hat geklappt.
    Das Herz wird dir eng, wieder verspürst du den Drang, sie anzurufen. Doch du tust es nicht.

127. Lektion Grausamkeit bestraft sich selbst, und das ist richtig so
    Zwei Tage später ein Brief. Auf dickem, sahnigem Papier, das den Händen schmeichelt. Deine Finger huschen eidechsenflink über das Relief der Buchstaben.
    Ich bin’s wieder. Zum letzten Mal. Bitte leg den Brief nicht weg. Bitte hör mich zu Ende an, ich verspreche dir, dass ich nie wieder schreiben werde. Ich werde dich nie wieder sehen, wenn du es nicht willst. Du bekommst nun also ein Kind. Das ist wirklich ein großer Segen. Für Cole wie für dich. Was für eine wunderbare Familie ihr sein werdet. Mein Herz blutet, wenn ich mir euch drei und euer Glück vorstelle. Ein Kind macht unser Leben erst vollkommen. Ich habe erst spät begriffen, dass ein Leben ohne Kinder nur ein Dahintreiben ist.
    Du reibst dir über den Bauch und deine Hand bleibt auf einer kleinen Beule liegen, dem Po deines Kindes, wie dir die Hebamme erklärt hat.
    Die Briefe waren von mir. Das schien mir damals gar nicht so crazy. Es war die einzige Möglichkeit, zu dir durchzudringen, du warst so unzugänglich. Und ich konnte dich damit überraschen, hoffentlich auf eine angenehme Art. Ich stellte mir vor, wie du beim Lesen dieser Briefe die verschiedensten Leute dahinter vermuten würdest: den Typ, mit dem du geschlafen hast, als du vierundzwanzig warst, den du nie wieder gesehen hast, der dir aber nicht aus dem Kopf ging, oder den Typ, mit dem du nie geschlafen hast und der dir auch nie aus dem Kopf ging. Den einen, der der ideale Mann für dich gewesen wäre, um den du dich aber nie bemüht hast. Ich wollte etwas tun, was dir den Atem raubt, so etwas tue ich für mein Leben gern. Das weißt du ja.
    Es gibt aber noch einen anderen Grund, warum ich die Briefe geschrieben habe, und ihn dir zu gestehen fällt mir wirklich schwer. Vielleicht sollte ich dir gar nichts davon sagen, ich habe einen fatalen Hang, bei allen ins Fettnäpfchen zu treten, aber ich habe einfach das Gefühl, du solltest es wissen. Ich wollte, dass Cole die Briefe findet. Ich wollte, dass ihm Zweifel kommen an dir, weil er nie an dir zweifelt. Du bist so ein guter Mensch. Er hat mir mehr als einmal gesagt, dass er dich nie verlassen wird. Das solltest du wissen. Auch ich habe es jetzt akzeptiert. Ich habe Respekt vor seiner Treue zu dir und der Liebe, die euch verbunden hat.
    Als würde dir die Faust eines Riesen das Herz zusammendrücken, es auswringen, alles Blut aus ihm herauspressen.
    Ich wollte nur, dass du weißt, wie Leid mir viele Dinge tun. Du warst für mich so eine gute Freundin und ich weiß nicht, warum ich ausgerechnet die Menschen, die am nettesten zu mir sind und die ich am meisten liebe, am grausamsten behandle. Ich bin in so vielem kein guter Mensch. Manchmal handle ich schrecklich selbstsüchtig, ich kann nicht anders. Aber wer tut das nicht? Du vielleicht, und schau, was ich dir angetan habe! Ich kann mir nicht vorstellen, dass du jemals verstehen kannst, was passiert ist. Das alles musste ich dir einfach sagen, und diese verrückten Briefe schienen mir die einzige Möglichkeit, dich zu erreichen. Cole sagt mir, dass du immer noch fragst, du kannst die Sache nicht begraben. Er wird es dir nie erzählen. Ich glaube aber nicht, dass es gut ist, wenn du es nicht weißt. Es tut mir Leid, und ich liebe dich. Das ist alles, was ich dir sagen wollte.
    Du strampelst dich nach oben und ringst nach Luft, brichst durch ins Freie, ins Licht.
    Nachdem du lange, lange in Tiefen untergetaucht warst, die dir den Atem lähmten.
    Sehr lange liegst du auf deinem Bett, auf der Seite, den ganzen Tag lang, bis das Licht weicher wird und
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