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Bis auf die Haut

Bis auf die Haut

Titel: Bis auf die Haut
Autoren: Nikki Gemmell
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gebügelte neue Hemd. Neue Schuhe. Er sah, ich weiß auch nicht, so
korrekt
aus, so seriös. Und dann beugt Martha sich vor und redet leise, aber ganz klar: Er hat mir erzählt, er wäre in Spanien gewesen. Sie redet immer langsamer. Und dann hat er mir erzählt, dass er dort war, um über eine Trennung hinwegzukommen, die ihn völlig fertig gemacht hätte. Hörte sich an, als sei es die Liebe seines Lebens oder so etwas gewesen.
    Du hältst die Luft an.
    Kaum zu glauben, was? Stille Wasser sind tief, kann man dazu nur sagen … Weiter hat er nicht viel erzählt. Aber dann, jetzt wird’s lustig, hat er gesagt, ich müsse ihm dabei helfen, eine Freundin zu finden. Das wäre sein neues Ziel.
    Du bringst kein Wort hervor.
    Eins kann ich dir sagen, am liebsten hätte ich gesagt: Nimm mich, Gabriel, mich, ich werde Pat verlassen, alles, was du willst. Martha lacht.
    Mhmm, murmelst du.

135. Lektion Eines dürfen wir nie vergessen: Wenn wir anderen helfen und nach ihrem Glücke streben, so begegnen wir unserem eigenen Glücke
    Du hörst sie, bevor du sie siehst, erkennst augenblicklich das Klappern dieser Absätze auf dem Linoleum. Die Entschlossenheit, die darin durchklingt, die Energie eines Menschen, der nie zur Ruhe kommt. Dann stürmt das vertraute schwarze Kostüm den Gang entlang. Und das Gesicht, das du so gut kennst, jede Feinheit der Mimik, du kennst es besser als das Gesicht von Cole oder deiner Mutter. Natürlich willst du sie jetzt sehen, denn du hast dich verändert. Du fühlst dich mächtig, selbstbewusster als je zuvor, empfindest dich als eine richtige Persönlichkeit; du hast an innerem Reichtum, an Tiefe, an Format gewonnen.
    Hallo Fremde, übernimmst du die Eröffnung.
    Hi. Sie ist wachsam, zieht den Mund schief. Du weißt nicht, warum sie gekommen ist, vielleicht aus Neugier. Aber was sie dir auch entgegenschleudern wird, du bist bereit, sie kann dir nichts anhaben, und das teilst du ihr mit deinem Lächeln mit. Sie hat eine Flasche Champagner und einen Strampelanzug dabei, der ein paar Nummern zu groß ist und zu viele Schnallen hat.
    Ihr beide untersucht das komplizierte Kleidungsstück: Ich hab genauso viel Ahnung wie du, wie man den auf- und zumacht, lachst du.
    Na dann, viel Glück.
    Theo geht ungeschickt mit Jack um und reicht ihn dir schnell zurück. Sie setzt sich auf die Bettkante, du gibst ihr zwei Kaffeebecher, und der Champagnerkorken schießt mit einem Plopp in die Luft. Eine Weile sitzt ihr wortlos da und schaut einander nur an. Es gibt zu viel zu sagen, also sagt ihr lieber gar nichts, an euren Gesichtern lest ihr die Veränderungen in eurem Leben ab. Die Vielschichtigkeit eurer Beziehung, das, was ihr geteilt und nicht geteilt habt, lässt sich nicht in Worte fassen. Ihr findet keinen Anfang. Dein Sohn liegt neben dir und schläft, du spürst die Wärme seines kleinen Körpers. Seine Arme sind weit ausgebreitet, ganz Hingabe, ganz Vertrauen.
    Wie geht’s mit dem Stillen?, fragt sie.
    Kein Problem. Im Moment klappt’s gut.
    Schön für dich. Ich hatte eine Klientin, die es nicht länger als drei Wochen durchhielt, denn jedes Mal, wenn der Mund ihres Babys ihre Brustwarze umschloss, bekam sie einen Orgasmus. Am ersten Tag war das wunderbar, dann aber nur noch anstrengend.
    Du lachst. In mancher Hinsicht tut dir Theo einfach gut.
    Du hast so ein Glück, sagt sie.
    Ich weiß, dann noch einmal leiser, ich weiß. In Theos Gesicht nimmst du einen plötzlichen Schmerz wahr wie eine vereinzelte Wolke, die die Sonne kurz verdüstert und dann wieder davonsegelt. Du greifst nach ihrer Hand, doch sie entzieht sich dir.
    Nachdem ich gehört hatte, du wärst schwanger, war mir der Gedanke an dich eine Weile lang unerträglich. Ich hätte nicht erwartet, dass es mir so viel ausmacht. Aber … sie bricht ab und sieht zu Jack hinunter … für so was Kleines würde ich alles geben.
    Unvorstellbar, was du durchgemacht haben musst.
    Ja.
    O Diz.
    Nichts hat funktioniert. Sie haben gemeint, ich soll mir die Sache abschminken. Sie ist den Tränen nahe, hält sie krampfhaft zurück; du beugst dich vor und nimmst sie in die Arme, da brechen alle Dämme. Hey, sagst du immer wieder, hey. So hast du dir dieses Treffen nicht vorgestellt. Du hältst sie fest umarmt, bis ihre Schluchzer aufhören. Sie wischt sich mit dem Handrücken über die Augen und verschmiert ihre Wimperntusche.
    Tut mir ja so Leid, sagt sie.
    Du bringst kein Wort heraus, sondern nickst nur, weil du nicht heulen willst, deine Tränen gönnst
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