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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim
Autoren: Fischnapping
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hatte, ablenkte, wogegen aber jede Menge einzuwenden
war, wenn es darum ging, Audrey wegen des Mordes an Miranda dranzukriegen. Und
es waren nicht bloß die Fische. Rump war zudem auch noch neben der Spur, weil
ihm gerade die Frau weggelaufen war. Sie hatte ihm einen Abschiedsbrief auf den
Kaminsims gelegt, der besagte, da er seine Fische mehr liebe als sie, würde sie
zurück nach Südafrika gehen. War das nicht der Gipfel an Rücksichtslosigkeit?
Wie er selbst sagte, als er mich zum Polizeiwagen führte: Wer sollte denn nun
die Fische füttern, wenn er arbeiten musste? Er erzählte mir noch etwas
anderes: Seine Frau war oben auf der Klippe gewesen, um von allem hier Abschied
zu nehmen - genau an dem Sonntag, als ich mich dort versteckt hatte -, und ja,
Sie haben es sich bestimmt schon gedacht, auch sie hatte eine gelbe Öljacke an.
    Um von allem Abschied zu nehmen? Er ahnte ja nicht, wie
zutreffend das war. Ich hatte die Frau eines Bullen von der Klippe gestoßen
statt meiner eigenen. Dorf leben, echt. Das ist nicht zu toppen.
    Es war eine gewisse Erleichterung, zu erfahren, wen ich
ins Jenseits befördert hatte. Es half mir, meinen Frieden damit zu machen, wie
es so schön heißt. Und das Beste daran war, kein Mensch wusste, dass ich es
getan hatte. Ich war damit durchgekommen, auch wenn leider die falsche Frau
dabei draufgegangen war. Das Problem war nur: Mir wurde wegen Mordes an meiner
eigenen Tochter der Prozess gemacht. Was sollte ich zu meiner Verteidigung vorbringen?
Es gab nichts. Also saß ich einfach nur da und klammerte mich an die
unrealistische Hoffnung, dass die Geschworenen mir an der Nase ansehen würden,
dass ich es nicht gewesen sein konnte, dass Audrey es getan hatte. Gott, ich
schrie es oft genug hinaus, stieß aber nur auf taube Ohren. Ich wurde zu
fünfundzwanzig Jahren verknackt, und Audrey kassierte das Taxiunternehmen und
obendrein zwanzig Riesen von einer Zeitung, an die sie ihre Story vertickte.
Fünfundzwanzig Jahre, fünfzehn bei guter Führung. Ich dachte, ich könnte das
verkraften, aber ich konnte es nicht. Während ich im Knast hockte, machte mir
der Gedanke immer mehr zu schaffen: Audrey, die Mörderin des einzigen Menschen,
den ich wirklich geliebt hatte, war ungeschoren davongekommen. Deshalb bat ich,
nachdem ich ein Jahr abgesessen hatte, noch einmal mit der Polizei sprechen zu
können. Ich erzählte ihnen alles: dass ich Miranda nicht umgebracht haben
konnte, weil ich oben auf dem Kliff gewesen war und Mrs Rump in die Tiefe
gestoßen hatte, legte im Verhörraum alle Karten offen auf den Tisch, aber
keiner wollte mir glauben, am wenigsten Inspector Rump. Was ihn betraf, so
lebte seine Frau noch immer unerreichbar irgendwo am Ende der Regenbogennation,
basta. »Ich will nie wieder von dir hören«, hatte sie geschrieben, und das
reichte ihm.
    Das Leben im Knast war besonders hart, weil alle dachten,
ich hätte meine eigene Tochter kaltgemacht. So etwas kommt bei Knackis nicht
gut an. Es brachte nichts, ihnen zu erzählen, dass ich es nicht getan hatte.
Auch sie wollten nichts davon hören. Ich hätte Miranda nie ein Haar gekrümmt,
im Leben nicht. Sie war zauberhaft. Aber sie war tot, und die Frau, die sie
umgebracht hatte, saß jetzt vor mir. Einer der Gründe, warum ich sie nicht
besonders mochte.
    »Entschuldige die Frage, aber warum gerade jetzt?«, sagte
ich.
    Audrey strich sich vorn über ihren Blazer, den Kopf gesenkt.
Sie konnte mich nicht ansehen.
    »Sie hatte eine Erleuchtung«, sagte Miss Farrow. Sie fing
meinen Blick auf. »Einen Moment.«
    »Einen Moment?«
    »Bungee-Jumping.«
    »Bungee-Jumping?«
    Sie schnalzte mit der Zunge.
    »Es ist nicht nötig, alles zu wiederholen, was ich sage,
Mr Greenwood. Wenn Sie einfach nur zuhören würden.«
    Audrey streckte eine Hand aus und berührte die junge
Farrow am Arm.
    »Schon gut, Michaela. Ich erklär's ihm.« Sie legte ihre
Hand auf den Tisch.
    Michaela? Wo hatte ich den Namen bloß schon mal gehört?
    »Wir haben zusammen einen Bungeesprung gemacht, Michaela
und ich, von einer Hängebrücke über einer Schlucht. Da saust du bis ganz nach
unten, tauchst die Hand ins Wasser und schnellst wieder hoch. Du weißt ja, ich
war schon immer schwindelfrei. Erinnerst du dich, meine Spaziergänge oben auf
dem Kliff? Es war so ein fantastischer Blick, die Gischt tief unten, die
Klippen, die Weite. Wenn ich da oben stand, hatte ich immer den Drang, na ja,
zu springen, rauszufinden, was das wohl für ein Gefühl wäre, und dann,
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