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Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)

Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)

Titel: Bin isch Freak, oda was?!: Geschichten aus einer durchgeknallten Republik (German Edition)
Autoren: Philipp Möller
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476 Pferdestärken unterwegs und drängte auf der A5 bei Karlsruhe eine junge Frau von der Autobahn. Mit ihrer zweijährigen Tochter an Bord verlor die Fahrerin damals erst die Kontrolle über den Kleinwagen und beim Zusammenstoß mit mehreren Bäumen hinter der Leitplanke schließlich das Leben.
    »Und die Tochter?«, fragt Sarah und schluckt.
    »Auch. Auf der Stelle tot.«
    Turbo-Rolf wanderte für lächerliche achtzehn Monate ins Gefängnis, bekam seine automobile Lizenz zum Töten jedoch am Tag seiner Entlassung wieder ausgehändigt. Leider wurde über das Thema nur so lange diskutiert, bis die nächste Schreckensnachricht auf den Titelseiten der Republik auftauchte und Turbo-Rolf samt seinen beiden Opfern in der medialen Versenkung verschwand.
    Nach ein paar Schweigekilometern stockt der Verkehr erneut, diesmal ist jedoch kein Laster involviert. Der Grund dafür ist aber ebenfalls ein echter Klassiker unter den Autobahnfreaks: der gemeine Linksschleicher. Mit einer Geschwindigkeitsdifferenz von schätzungsweise drei Stundenkilometern zur rechten Spur fährt das Exemplar vor uns auf einem zweispurigen Streckenabschnitt konsequent auf der Überholspur. Keine Lichthupe und kein Drängeln der Limousinen dahinter bringt ihn – oder sie – von dem riskanten Fahrstil ab. Und auch als die rechte Spur frei ist, macht der grüne Kombi keine Anstalten, sich an das Rechtsfahrgebot zu halten. Unserem jungen Flitzer im Porsche reicht es bald: Ohne Blinker wechselt der weiße Rennwagen auf die rechte Spur und überholt dort die gesamte Kolonne, die sich hinter dem Schleicher gebildet hat. Zwei weitere Drängler befinden seine Idee offenbar für gut, wobei der hintere schneller ist und einen Crash bei 130 Sachen nur durch ein Ausweichmanöver auf die Standspur verhindern kann.
    Auch im folgenden Streckenabschnitt sehen wir zahlreiche Kandidaten, die während der Theoriestunden in der Fahrschule offenbar tief und fest geschlafen haben: konsequente Mittelspurfahrer, die wohl glauben, der rechte Fahrstreifen sei grundsätzlich nur für Laster da; Leute, die erst die Spur wechseln und dann blinken; andere, die sich bei 140 Stundenkilometern mit einem Abstand von zehn Metern vor uns einordnen. Wir sehen Fahrer, die am Anfang des Beschleunigungsstreifens mit 70 auf die rechte Spur einscheren und Laster damit zur Vollbremsung zwingen; Autos, deren Scheibenwischer auf Höchstgeschwindigkeit wischen − obwohl es nicht regnet; Nebelschlussleuchten bei strahlendem Sonnenschein im Juni; Leichtsinnige, die uns mit 170 Sachen überholen und dabei SMS schreiben; Kurzentschlossene, die mit vollem Tempo von der Mittelspur auf die Ausfahrt zur Raststätte ziehen; einen aufgemotzten Kleinwagen, auf dessen Heckscheibe steht: Fehlende PS durch Wahnsinn ersetzt! ; haufenweise Autofahrer, die die Funktionsweise eines Reißverschlussverfahrens nicht kennen, daher allesamt zwei Kilometer vor dem Hindernis auf die rechte Spur wechseln wollen und sich dann darüber ärgern, wenn man sich vor ihnen einordnet; und natürlich: Ängstliche, die sich in schmalspurigen Baustellenbereichen nicht trauen, Laster zu überholen, aber 23 Kilometer lang versuchen, diese Angst zu überwinden.
    Zwischen Ingolstadt und München meldet sich unser Töchterchen zu Wort und will gefüttert werden. Kurz vor einem Stauende steuern wir also die nächste Ausfahrt an und sehen auf dem Parkplatz prompt einen alten Bekannten wieder: den weißen Porsche mit den roten Streifen auf der Motorhaube. Neben der offenen Fahrertür sitzt der schmächtige Fahrer mit aerodynamischer Sonnenbrille auf einer Bank, trinkt Kaffee und liest die kleine Zeitung mit den großen Buchstaben. Das kommt also dabei heraus, wenn materieller Reichtum und geistige Armut aufeinanderprallen.
    Ein paar Meter weiter finden wir einen Parkplatz, und während sich Sarah um die Fütterung unseres Nachwuchses kümmert, begebe ich mich auf die Suche nach Kaffee. Auf meinem Rückweg von der Raststätte werde ich von einem Mann überholt, der schimpfend an mir vorbeiläuft und sich plötzlich umdreht. »Da is der weiße Porsche!«, ruft er jemandem hinter mir zu, woraufhin ich von einem zweiten Mann überholt werde.
    »Bist du wahnsinnig, du kleiner Wichser?«, schreit der erste und stampft auf den Porschefahrer zu.
    Irritiert schaut der aus seinem zeitungsähnlichen Druckerzeugnis hoch und streift dann in Höchstgeschwindigkeit seine Brille ab. »Kennen wir uns?«, fragt er den aufgebrachten Mann mit hoher
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