Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit

Titel: Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit
Autoren: Justinus Kerner
Vom Netzwerk:
beauftragt war, setzte in ihn alles Vertrauen und übergab ihm dieses Geschäft, und es wurde auch bald eine Batterie von vier Geschützen geschaffen und eingeübt.
    Mit welchem Erfolge er das Eigentümliche dieser wichtigen Waffe aufgefaßt und bearbeitet hat, beweist die von ihm im Jahre 1803 herausgegebene Schrift: Betrachtungen über die reitende Artillerie, deren Organisation, Gebrauch und Taktik. Von dieser sagte ein Sachverständiger: »Sie hat durch die Gründlichkeit und Genialität, womit die wesentlichen Momente behandelt sind, einen solchen Anklang gefunden, daß sie alsbald in der Anwendung der damals noch jungen Waffe schöne Früchte getragen hat, und dadurch in der Tat die Grundlage ihrer allgemeinen Brauchbarkeit in den nachfolgenden bedeutenden Feldzügen geworden ist.« Aber auch im Zivilbauwesen wußte General
Kammerer
das schöpferische Genie dieses jungen Mannes zu verwenden, als er von dem damaligen Kurfürsten beauftragt wurde, die dem Staat gehörenden Eisenwerke bei Freudenstadt zu heben, und mittelst derselben dem württembergischen Gewerbsmanne inländischen Stahl und dem Landmanne einheimische Sensen zu verschaffen.
Kammerer
hatte auch von diesem Gewerbe wenig Begriffe, brachte aber durch Strenge und festen Willen Ernst und Tätigkeit in seine Umgebung, ein Verdienst, das diesem Manne nicht abzusprechen ist. Unter meines Bruders spezieller Leitung kam im Jahre 1802 und 1803 das projektierte Etablissement in Ausführung; der Kurfürst legte ihm den Namen
Friedrichshammer
bei; dieses Werk, von tüchtiger Hand fortgeführt, kann in Anlage und Betrieb noch heutiges Tages als ein Muster in jener Fabrikation betrachtet werden. Von dort an sammelte sich mein Bruder
Karl
im Fache der gewerblichen Technik und besonders vom Eisenhüttenwesen einen Schatz von Kenntnissen, welcher später dem Vaterlande so reiche Früchte bringen sollte.
    In diese Zeit fällt wohl auch nachstehende Anekdote.
    Die alte Einrichtung des Arsenals in Ludwigsburg entsprach dem Schönheitssinne des Kurfürsten
Friedrich
nicht, und es sollte unter der Anleitung jenes Oberstleutnants
Kammerer
demselben eine geschmackvollere Ausstattung gegeben werden. Auch hiezu nahm
Kammerer
die Hülfe meines Bruders in Anspruch. Die Räume des Saales im obern Stocke des Arsenals wurden mit den kleinen Waffen malerisch dekoriert, und
Kammerer
war besonders darauf versessen, in aller Eile Statuen und Büsten alter Kriegshelden zu dieser Ausschmückung zusammenzutreiben, unter welche der gelehrte
Conz
Inschriften aus lateinischen Klassikern liefern mußte. Noch eine Büste fehlte, ich glaube die Cäsars. Springen Sie zum Bildhauer
Isopi,
rief
Kammerer
meinem Bruder zu, es muß so ein Kerl noch her.
Isopi
versicherte meinen Bruder, er besitze keine Büste eines Kriegshelden, da sehe er die einzige Büste die er habe, das sei aber die von
Jomelli,
dem alten Kapellmeister des Herzogs
Karl.
Diese Botschaft versetzte aber den Oberstleutnant in keine Verlegenheit. Das ist gleichgültig, sprach er, so ein Kerl muß eben her; und so wurde die Büste des Kapellmeisters
Jomelli
in das Arsenal als die
Cäsars
versetzt.
    So auf ganz andern Seiten beschäftigt, kam mein Bruder während meines Aufenthalts in der Fabrik (der fast zwei Jahre lang dauerte) nur wenig mit mir in Umgang. Kam ich zu ihm, so wollte ich auch keine Klage über meine Lage führen und ihm meine Wünsche eröffnen, da ich wohl wußte, daß er dann den ihm dazumal spärlich zugemessenen Sold, um die Mutter zu erleichtern, zum Teil auf meine Studien verwenden würde. Meine poetischen Versuche verbarg ich vor ihm, da er keine anderen Gedichte als von
Schiller
und
Seume,
so verschieden diese auch von einander sind, gelten ließ.
     

Mein Bruder Georg in Schweden
     
    Mit Betrübnis sah mein Bruder
Georg
um jene Zeit all seine Hoffnungen für Freiheit der Völker schwinden.
Bonapartes
Plane zu einer Alleinherrschaft nicht bloß in Frankreich, sondern zu einer Weltherrschaft, lagen ihm immer klarer vor Augen. Er hatte in Frankreich mit aufrichtigem Herzen der Sache der Freiheit gedient; der der Tyrannei zu dienen, wenn auch mit persönlichem Vorteil, der ihm auch reichlich angeboten wurde, dazu hatte er kein Gemüt. Wie die Franzosen ihre Freiheit aufgaben, die Republik sich in die absolute Herrschaft verwandelte, gab er mit betrübtem Herzen das sich selbst aufgebende Volk auf. Noch ehe er aber Paris und die französischen Dienste verließ, eröffnete er dem ihm wohlbekannten damaligen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher