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Bibbeleskaes

Bibbeleskaes

Titel: Bibbeleskaes
Autoren: Brigitte Glaser
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Arm trug. »Messer, Probierlöffel, ›Maria-hilf‹?«
    Â»Bisschen gekörnte Brühe noch«, sagte sie und stürzte in die Küche.
    Â»Sie ist noch sehr jung«, stellte Teresa fest.
    Â»Sie wird siebzehn nächsten Monat.«
    Der Vorwurf des Verrats, der stumm zwischen uns hing, ließ sich durch das Reden über Banales nicht wegwischen. Hätte ich ihr wirklich von Konrads Affäre erzählen sollen? Damals hatte ich es nicht mal in Erwägung gezogen, so fragil war Teresa nach seinem Tod gewesen. Was dachte sich Anna eigentlich, jetzt nach drei Jahren damit herauszurücken?
    Â»Und? Bist du zufrieden mit ihr?«, fragte Teresa weiter.
    Â»Ein echter Glücksfall!«, bestätigte ich und berichtete ihr, dass ich überhaupt keinen Lehrling hatte ausbilden wollen. Aber Arîn hatte mir so überzeugend erzählt, dass sie schon immer Köchin werden wollte, dass ich ihr ein Praktikum anbot. An ihrem ersten Arbeitstag ließ ich sie die Bäckchen von vierzig Forellen auspulen, an ihrem zweiten Tag musste sie die Knochen für einen Rinderfond hacken und drei Dutzend eiskalte Austern öffnen. Sie erledigte diese Scheißarbeiten ohne Murren, und so gab ich ihr einen Ausbildungsvertrag. Das war vor zwei Jahren, und seither stand sie mit Holger und mir in der Küche und bereicherte unseren Arbeitsalltag mit ihrem markanten kehligen Lachen und gelegentlichen Wutanfällen.
    Â»Ich stell mir euch zwei grad nebeneinander vor«, sagte Teresa und lächelte.
    Ich wusste genau, was sie meinte. Gegensätzlicher als Arîn und ich konnten zwei Köchinnen nicht sein. Arîn war klein und zierlich, ich groß und kräftig. Ihr glattes pechschwarzes Samthaar umrahmte ihr Gesicht in einem modischen Ponyschnitt, meine roten Locken ließen sich nur durch ein Haargummi bändigen. Ihre Haut schimmerte wie teures Olivenöl, meine wie die Perlmuttschuppen am Bauch der Forelle und war zudem mit tausenden von Sommersprossen übersät. Sie war eine quirlige, unbefangene Siebzehnjährige, ich mehr als doppelt so alt und weniger als halb so unbefangen.
    Â»Können wir?«, drängelte Arîn, kaum dass sie aus der Küche zurück war.
    Â»Mein Zug geht in einer Stunde«, sagte Teresa und stellte die Kaffeetassen zusammen.
    Ich nickte, wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich merkte, wie sehr der Vorwurf des Verrats mich verletzte.
    Â»So einen Lehrling wie die Kleine würde ich auch einstellen«, sagte sie und griff nach ihrer Handtasche. »Zu meinem Geburtstag kommst du doch, nicht wahr?«
    Mit ihren schrundigen Fingern fuhr sie mir leicht über den Unterarm. Sie sah mir nicht ins Gesicht.
    Â»Du bist unfair, Teresa!«, flüsterte ich.
    Sie zuckte vage mit den Schultern, bevor sie ging.
    Während Teresa, ohne sich noch einmal umzudrehen, in Richtung Clevischer Ring marschierte, schloss ich meinen frisch erworbenen Corolla-Kombi auf. Arîn nestelte am Sicherheitsgurt, brauchte drei Versuche, bis er endlich einschnappte.
    Â»Ich weiß nichts mehr!«, stöhnte sie. »Ich habe alles vergessen!«
    Â»Worauf musst du bei einer Warenlieferung achten?«, fragte ich.
    Â»Haltbarkeitsdatum, Mengenangaben, Warenbezeichnung«, kam es wie aus der Pistole geschossen.
    Â»Was machst du beim Mise en place?«
    Â»Zuerst lege ich mir Messer und Arbeitsgeräte zurecht, dann stelle ich die Lebensmittel, die ich immer wieder brauche, auf.«
    Â»Die da heute sind?«
    Â»Klein geschnittene Zwiebeln, frische Kräuter, Fischfond, Butter, Öle.«
    Â»Okay. Und dann?«
    Â»Lege ich mir die Lebensmittel in der Reihenfolge, in der ich sie brauchen werde, zurecht.«
    Â»Und was darfst du, bevor du mit dem Mise en place anfängst, auf keinen Fall vergessen?«
    Â»Hände waschen. Haare unter die Kochmütze stecken.«
    Â»Na also!«, sagte ich und lächelte sie aufmunternd an.
    Â»Frag weiter!«, bettelte sie.
    Während der Corolla über die Mülheimer Brücke glitt, sich dann in Richtung Rheinufer einfädelte und dort durch den montäglichen Verkehr in Richtung Süden kämpfte, setzten wir unser Frage-Antwort-Spielchen fort. Als ich den Wagen im Schatten des Melatenfriedhofs auf der Weinsbergstraße parkte, wirkte Arîn schon weniger nervös. Ich griff nach meiner Handtasche und überreichte ihr ein längliches Päckchen. Hastig entfernte sie das Geschenkpapier.
    Â»Das
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