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Bibbeleskaes

Bibbeleskaes

Titel: Bibbeleskaes
Autoren: Brigitte Glaser
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einem einzigen Tisch miteinander essen. Anfangs schien mein Konzept mit dem gemeinsamen Mahl nicht aufzugehen, und mich plagten große finanzielle Probleme. Aber eine unverhoffte Geldspritze und eine positive Kritik im Gault Millau pushten mich aus der Talsohle.
    Meine Freundin aus Kindertagen lugte durch die breite Glasfront in die Küche, und ich warf die Kaffeemaschine hinter dem kleinen Tresen rechts davon an. Während Teresas Blick über die blank gewienerten Töpfe und die Batterie von Schöpfkellen, Schneebesen und Sieben glitt, sah ich auf die Uhr. In dreißig Minuten würde Arîn kommen, nicht mehr viel Zeit, um mit Teresa zu reden.
    Â»Kaffee ist fertig«, sagte ich und balancierte zwei große Tassen Milchkaffee zu einer Ecke des Tisches.
    Teresa kühlte durch ruhiges, kreisendes Rühren die heiße Flüssigkeit. Sie trug immer noch diesen kessen Kurzhaarschnitt, der die Mädchenhaftigkeit ihres Gesichts unterstrich, aber der Tod ihres Mannes hatte zwei tiefe Falten in ihre Wangen gemeißelt. Drei Jahre war das jetzt her …
    Â»Zum Vierzigsten wünsch ich mir ein großes Fest«, sagte sie. »Lange hab ich überhaupt keine Leut ertragen können, aber jetzt ist es so weit. Ich hoff natürlich, dass du kommen kannst!«
    Â»Ist noch ein bisschen Zeit, oder?«
    Wir wurden tatsächlich schon vierzig! Teresa im August und ich in zwei Wochen, am 23.   April. Bisher hatte ich alle Gedanken an diesen runden Geburtstag weggewischt. Am liebsten wäre mir, ich könnte am 24.   April aufwachen und feststellen, dass ich meinen Geburtstag vergessen hatte. Vierzig! Die Hälfte des Lebens. Rückblick und Ausblick. Das pure Grauen. Keinen Mann an meiner Seite, dafür mit alltäglichen Sorgen verheiratet.
    Teresa rührte weiter in ihrem Kaffee und fragte plötzlich, ohne den Kopf zu heben: »Warum hast du mir damals nicht erzählt, dass Konrad eine Affäre hatte?«
    Deshalb also war sie nach Köln gekommen! Sie wollte weiter in der Vergangenheit wühlen. – Ich zog scharf die Luft ein und spulte in meinem Kopf die Möglichkeiten durch, wie sie es erfahren hatte. »Konrad war tot«, sagte ich.
    Als sie den Kopf hob, sah ich ein zorniges Blitzen in ihren Augen.
    Â»Wer hat es dir erzählt?«, fragte ich.
    Ihre Augen wanderten zu der antiken Anrichte, auf der die Aperitifs und Digestifs standen. Die bunten Schnapsflaschen von Anna Galli wirkten zwischen den anderen schlichten eleganten Flaschen wie bunte Paradiesvögel. Anna selbst also, dachte ich. Anna hatte Teresa von ihrer Affäre mit Konrad erzählt! Warum? Plagte sie im Nachhinein das schlechte Gewissen?
    Â»Was hätte es dir gebracht, wenn du es gewusst hättest?«, fragte ich.
    Â»Ja, was wohl?«, Teresas Stimme war immer noch voller Zorn. »Ich habe dir doch erzählt, wie fremd er mir im letzten Jahr geworden ist. Glaubst du nicht, es hätte mir geholfen, wenn ich’s gewusst hätte? – Bestimmt wär ich schneller über seinen Tod hinweggekommen!«
    Ich sah sie vor mir, wie sie sich in ihrem Schmerz verbarrikadiert hatte, wie sie nicht aus dem Haus ging, keinen mehr an sich heranließ. »Du warst völlig fertig«, sagte ich.
    Â»Als meine Freundin hättest du mir die Wahrheit sagen müssen!«
    Ich verfluchte Anna Galli und ihr schlechtes Gewissen! Die Wahrheit über Konrads Gefühle würde Teresa niemals mehr herausfinden! Ob es für ihn das Strohfeuer einer erotischen Leidenschaft oder der Beginn einer neuen Liebe gewesen war, machte schließlich einen gewaltigen Unterschied in der Beurteilung einer solchen Affäre aus. Die Antwort auf diese Frage hatte er mit ins Grab genommen.
    Â»Es gibt Dinge, die bleiben besser ungesagt«, sagte ich. »Weil sie gesagt mehr Unheil anrichten, als wenn sie verschwiegen werden.«
    Â»Es ist Verrat, Katharina! Du hast unsere Freundschaft verraten!«
    Der furchtbare Satz stand im Raum, als Arîn die Tür aufriss und in den Gastraum stürmte. Ihre schwarzen Koboldaugen unter dem glatten Pony blinkten nervös.
    Die kleine Kurdin ging seit zwei Jahren bei mir in die Lehre und musste heute ihre praktische Kochprüfung ablegen. Ich hatte versprochen, sie zu begleiten. Wieder musste ich an das Mädchen mit dem Kopftuch denken.
    Â»Hast du alles?«, fragte ich mit einem Blick auf die frisch gebügelten Kochklamotten, die sie über dem
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