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Bezueglich Enten und Universen

Bezueglich Enten und Universen

Titel: Bezueglich Enten und Universen
Autoren: Neve Maslakovic
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einem dritten Universum besuchen, nicht wahr?«
    »Seine Lieblingsverwandten in Universen zu besuchen, wo sie noch nicht gestorben sind? Könnte ein Trend werden. Vielleicht gibt es sogar ein Universum, wo die Menschen das ewige Leben entdeckt haben.«
    Ich bot ihr noch etwas von der Guacamole an und wischte den Rest mit einem Chip auf. »Diese ganze Buchstabensuppe, Personen von A bis Z in Universen von A bis Z. Spielt es überhaupt eine Rolle, was wir tun, wenn unsere am sorgfältigsten durchdachten Handlungen nicht mehr Bedeutung haben als ein rollender Felsen und jeder denkbare Ausgang sowieso
irgendwo
vorkommt?«
    »Möchtest du nicht lieber in einer Welt leben, in der du das Richtige tust?«, fragte sie, während sie geschickt ihre Burritorollezusammenknitterte. »Anstatt in einer, wo du ein Arsch bist, der Fußgänger nicht über die Straße lässt?«
    Selbst ein Radfahrer wie ich wusste, was sie damit meinte. Ich zog ein schnelles Fazit meines Besuchs in Universum B. Ich verließ es mit einem Glas Sauerteig und ein paar mageren Seiten eines Romans im Gepäck, schuldete meinem Alter mein Leben, besaß immer noch keinen Rollenkoffer und Bean, tja, Bean konnte Übergänge zwischen den Universen nicht leiden.
    »Hör mal«, begann ich. »Es könnte sein, dass ich alle ein klitze kleines bisschen in die Irre geführt habe, als ich sagte, ich hätte nichts mehr von meinen Eltern. Ganz am Boden meines Dielenschranks stehen ein paar Kisten, eine mit Gemälden und eine andere, die mir der Anwalt nach ihrem Tod gab. Briefe, Fotos und so weiter. Ich wollte sie immer mal durchgehen, seit ich mein wirkliches Lebensalter herausgefunden hatte. Ob etwas Interessantes dabei ist oder ob ihr überhaupt noch etwas braucht, nachdem ihr jetzt die Geschichte von Olivia May und Meriwether Mango kennt, weiß ich nicht. Aber ich dachte, du solltest es wissen.«
    Sie sah nach unten, als überlegte sie, ob sie den Teller nach mir werfen sollte, wischte sich dann aber nur nachdenklich einen Klecks Guacamole von der Hand. »Wir sollten es nicht riskieren, die Kiste als Fracht zu schicken. Einer von uns kann nach Universum A queren, um sie sich anzusehen. Es wird ein paar Tage dauern festzustellen, ob sie irgendetwas von wissenschaftlichem Wert enthält, vermute ich.«
    Mein Omni piepste. Wagner. Machte sich bestimmt Sorgen um seinen Sauerteig. Ich stand auf und hob vorsichtig meinen Rucksack hoch, um das Glas nicht zu kippen. »Ich sollte jetzt lieber aufbrechen. In einer Minute erlischt mein Übergangsvisum. Besser, ich mache das DIM nicht noch mehr auf mich aufmerksam. Äh, Bean, eines noch«, fügte ich hinzu.
    »Was denn?«
    »Schick um Himmels willen nicht Arni oder Pak wegen der Kiste. Der eine redet zu viel ...«
    »Und der andere zu wenig, ich weiß.«

    Während ich darauf wartete, wieder in eine Zahl verwandelt zu werden, kreisten meine Gedanken um die drei Bücher, die sich kurzzeitig in meinem Besitz befunden hatten.
    Steine, Grüfte und Wasserspeier
, jenes Buch über prähistorische Kunst, dessen Seiten das Lesezeichen aus einer jüngeren Vergangenheit beherbergt hatten, befand sich jetzt in der Hand der DIM-Beamten. Den Agatha-Christie-Krimi
Der Schritt ins Leere
mit seiner eingebauten Wanze hatte ich mit einem Fruchtmixgetränk ruiniert. Die unersetzliche Erstausgabe von
Die neun Schneider
war nicht mehr zu reparieren.
    Rache, das war Gabriellas Motiv gewesen. Für die Geschichte, die ich auf dem bienenförmigen Hotelpapier begonnen hatte, fand ich ein anderes. Die Tote mit den eisweißen Haaren, die R. Smith nach dem Sturm am Ufer fand, war eine Künstlerin gewesen, beschloss ich. R. Smith hatte sie beauftragt, dekorative Lebensmittelskulpturen für den bevorstehenden Kochwettbewerb anzufertigen. Die Bildhauerin – Griselda? Selene? Nadia? – hatte ein Alter Ego, ebenfalls Künstlerin, nur einen Tick weniger talentiert. Und dieses Alter fasste den Entschluss, sie zu ermorden, nicht um ihren Platz einzunehmen – ein viel zu offensichtliches und abgelutschtes Motiv –, sondern weil sie genau wusste, dass ihre Chancen auf Ruhm sich stark erhöhten, wenn sie ein Alter Ego hatte, das Opfer eines brutalen und heimtückischen Mordes geworden war.
    Ich schob die Befürchtung beiseite, dass es mir vielleicht doch wie Felix bestimmt gewesen war, ein Kochbuch zu schreiben. Die Chance hatte ich gründlich vermasselt, als ich mir vorJahren die Nebenhöhlenentzündung zuzog. Stattdessen stellte ich mir die Schlussszene im
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