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Bezaubernd

Bezaubernd

Titel: Bezaubernd
Autoren: Emma Green
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verletzt: die Boshaftigkeit meiner Schwester oder das Körnchen Wahrheit, das in ihren Vorwürfen steckt … Warum lässt mich Gabriel gerade dann alleine, wenn ich ihn am meisten brauche, wenn ich geliebt und getröstet werden will? Warum spielt der ewige Junggeselle Silas plötzlich den liebenden Vater und perfekten Ehemann, während mein Geliebter „Fang mich“ mit seiner wie durch ein Wunder lebendigen Verlobten spielt? Und die letzte Frage, die ich kaum zu stellen wage … Warum muss sie immer wichtiger sein als ich? Ob tot oder lebendig, auch wenn sie unauffindbar ist, ist diese Unheil bringende Eleanor omnipräsent. Trotz aller Liebeserklärungen von Gabriel wird mir klar, dass er ihr nachläuft, statt bei mir zu bleiben.
    Hilfe, beste Freundin, Amandine ist in Nöten!
    Mit noch feuchten Augen schreibe ich Marion eine SMS.
    [Steht unser Treffen heute Abend noch? Kann ich früher kommen?]
[Wann auch immer du möchtest. Alles OK?]
[Nein. Erzähle ich dir nachher. Was soll ich mitbringen?]
[Nichts. Außer deiner Liebenswürdigkeit. Und eventuell Wodka: Iris wird hier sein, sie hat darauf bestanden …]
[Oh nein! Ich wollte mich heute Abend ausheulen, bedauern lassen und mich irgendwo zusammenkauern!]
[Ich konnte leider nicht nein sagen … Aber ich glaube, sie ist bereit, sich zusammenzureißen. Also komm, es wird nett werden!]
[Auch schon egal! Bis später.]
    Den gesamten Nachmittag über muss ich bei jeder Kleinigkeit seufzen. Nicht einmal Marcus schafft es, mich zum Lachen zu bringen, ich habe immer wieder die Szene mit meiner Schwester und die Abwesenheit meines Geliebten vor Augen. Ferdinand bemerkt meine schlechte Laune und macht sich einen Spaß daraus, mich zu necken. Er ruft mich zehn Mal in sein Büro, um nach einem Ordner zu verlangen, der genau richtig abgelegt ist, mich nach dem Vornamen eines Geschäftspartners zu fragen, den er seit Ewigkeiten kennt, sich nach Abmachungen zu erkundigen, die schon in der letzten Woche festgesetzt wurden, um ihm zu helfen, seine Brille zu finden, die er gerade auf der Nase trägt. Beim elften Mal täusche ich – weil ich dieses Spiel langsam satthabe – eine Migräne vor, um früher nach Hause gehen zu können. Es ist bereits nach 19 Uhr, es ist Freitag, ich bin eine der Letzten im Büro, ich denke, ich habe mir meinen Feierabend redlich verdient.
    „So, wie Sie aussehen, kann ich heute Abend ohnehin nichts mehr verlangen, nicht wahr?“
    „Ehrlich gesagt glaube ich, dass ich heute schon genug getan habe.“
    „Amandine, es ist seltsam, etwas zu verlangen und dabei so unfreundlich zu sein.“
    „Ich bin einfach nur müde.“
    „In Ihrem Alter? Und in diesem Kleid? Das ist wirklich sehr schade.“
    „Darf ich gehen?“
    „Wie könnte ich diesem gemarterten Gesichtchen etwas abschlagen?“
    „Danke. Schönes Wochenende, Ferdinand.“
    „Etwas möchte ich Ihnen noch sagen, bevor ich Sie gehen lasse. Wer auch immer es ist, Diamonds oder ein anderer, lassen Sie sich nicht fertigmachen. Eine so hübsche junge Frau sollte nie enttäuscht oder einsam sein.“
    „Ich werde versuchen, daran zu denken. Bis Montag.“
    „Wenn Sie sich einsam fühlen, können Sie mich jederzeit anrufen!“
    „Danke, aber nein.“
    Ich lasse meinen Chef und sein scherzhaftes Grinsen im Büro hinter mir und gehe mit meinen Sachen zum Aufzug. Als sich die Aufzugtür schließt, taucht der unverbesserliche Ferdinand im Flur auf, hält seine Hand wie ein Telefon ans Ohr und lacht mich an:
    „Bis heute Abend!“
    Ich muss über diesen infantilen Witz lachen und frage mich, ob mein Abend so amüsant weitergehen wird.
    Das ist neu, jetzt fühle ich mich im Büro schon wohler als bei meinen Freunden?!
    Das kann ja noch heiter werden …
    Ich fahre zu Marion und Tristan in ihr neues gemeinsames Appartement im 11. Arrondissement, und das, was als netter Abend im kleinsten Kreis geplant war, wird in der Gegenwart der berühmten Iris, die so bizarr ist, wie sie blond ist, wohl sicherlich zu einem seltsamen Aperitif und einem peinlichen Abendessen mutieren. Durch sie wurde unser eingeschworenes Trio zu einem wankelmütigen Quartett. Ich freue mich, dass Tristan eine Freundin hat und die unerwiderte Verliebtheit in mich überwunden hat, aber ich kann mich an sie einfach nicht gewöhnen. Da ist nichts zu machen, wir verstehen uns nun mal nicht. Sie ist zu blond, zu glatt, zu perfekt, zu raffiniert. Ich verstehe nicht, was Tristan an ihr findet und umgekehrt, dass sie zusammen sind,
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