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Bevor du gehst

Bevor du gehst

Titel: Bevor du gehst
Autoren: James Preller
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erklärte, dass es verschiedene Imbisshallen am Strand gab: Field Six, Central Mall, Bathhouse, Field Two, Zack’s Bay und noch einige andere. Schnell ging er die Vor- und Nachteile von allen durch. »Field Six ist tote Hose, was gut und schlecht sein kann. Man muss sich nicht abschuften, aber es ist stinklangweilig. Hauptsächlich sonnengebräunte Moms mit falschen Titten und kleinen Kindern. Dazu ein paar Alte, die sich nicht die Mühe machen, zum Wasser runterzulatschen. Sie stellen ihre Liegestühle gleich nach dem Parkplatz auf und backen in der Sonne wie Rosinen. Die essen nie was, schauen höchstens mal vorbei, um Servietten oder Eiswürfel abzustauben.« Er verschnaufte kurz. »Hier an der Hauptpromenade geht es zu wie verrückt, ständig Trubel. Außerdem liegt es gleich bei der Verwaltung, das heißt, die Weißhemden wie Keating tauchen ständig zu Überraschungsinspektionen auf.«
    »Überraschungsinspektionen? Was ist das?«
    »Das ist, wenn die hohen Tiere unangemeldet aufkreuzen. Das lieben sie. Stolzieren rum wie die Pfauen, mit Federn im Hintern. Meckern wegen irgendeiner lächer lichen Kacke rum, Ketchupgefäße fast leer, der Grill zu stark aufgedreht, zu viele Schachteln liegen rum, was ihnen halt gerade einfällt – haben eben sonst nicht so oft die Chance, einen Haufen Teenager zu schikanieren. Oder die hübschen Mädels anzubaggern.«
    Jude nickte. Roberto zuzuhören machte ihm fast so viel Spaß wie Roberto das Reden.
    »Und du kannst beten, dass du nicht irgenwann in Zack’s Bay festsitzt.« Robertos Ton wurde beschwörend. »Dieser Ort ist wie ein anderer Planet, glaub mir.«
    »Okay, wo ist die Arbeit also am besten?«, fragte Jude.
    Roberto hob die gekreuzten Finger. »West End Two. Ist ganz weit draußen, fast schon in Long Beach, gleich da, wo sie die Szene mit der Mautstelle aus Der Pate gedreht haben. Erinnerst du dich, wie Sonny ungefähr fünfzehn Millionen Kugeln abkriegt?«
    Jude erinnerte sich. Wenn man sich nach Long Island verirrt, bekommt man garantiert von irgendjemand diese Mautstelle gezeigt, wo Sonny erschossen wurde.
    Roberto fuhr fort: »Von hier aus fährt man eine Viertelstunde, wenn also einer von den Bossen meint, er muss eine Überrraschungsinspektion starten, kriegen wir einen Anruf von unseren Spionen, bevor er in sein Auto steigen kann. Aber weißt du, was das Beste an West End Two ist? Ich hab gehört, dass der durchgeknallte Kenny Mays wieder den Chef für die letzte Schicht macht. Für diesen Typen zu arbeiten ist wie eineinhalb Trips.«
    Einige Minuten später waren sie unterwegs. Ein anderer Chef hatte sie abgeholt – Jude vermutete, dass es seine Aufgabe war, die Arbeiter zu den weit verstreuten Imbissständen zu karren. Der Typ war massig und um die fünfzig. Er trug eine getönte Brille mit Drahtgestell und einen Riesencowboyhut. Er war neu in der Gegend, erzählte er, und stammte ursprünglich aus Houston, Texas. Er hatte voll diese onkelhafte Südstaatenart drauf und quasselte auf der ganzen Fahrt. »Nennt mich Ed«, forderte er sie auf, »Big Ed, Eddie, mir völlig schnurz.« Im Rückspiegel suchte er Judes Blick. »Du hast heute Morgen Mr. Keating kennengelernt?«
    Jude nickte vorsichtig.
    »Und wie findest du ihn?«, erkundigte sich Big Ed.
    Jude war nicht so blöd, in jede Falle zu tappen. »Wir hatten eigentlich kaum Gelegenheit, ähm …«
    Big Ed lachte herzhaft. »Weißt du, wie man da, wo ich herkomme, zu solchen Typen sagt? Großer Hut, aber keine Rinder.«
    Roberto gackerte laut und grinste Jude mit schaukelndem Kopf an. »Das gefällt mir, Big Ed. Großer Hut, aber keine Rinder.«
    »In Texas gibt’s haufenweise solche Ausdrücke und viele schillernde Gestalten«, stellte Big Ed fest.
    »Und wie sind Sie hier gelandet?«, fragte Jude.
    »Das ist die große Preisfrage, klar.« Big Ed blickte durch sein Seitenfenster und klickte seinen Ehering ans Lenkrad. Staunend wanderten seine Augen über die Dünen und das Meer dahinter, wie auf der Suche nach etwas, das nicht da war. »Wahrscheinlich war es Zeit zum Gehen, ganz einfach. Außerdem steh ich schon kurz vor der Rente. Da muss man noch mal was Neues anfangen.«
    Es war eine nette Fahrt. Big Ed war ein netter Kerl, locker und immer gut für einen Witz. Er redete mit Jude und Roberto wie mit seinesgleichen. Big Ed war ihr Vorgesetzter, und das wussten sie; er musste sich den Chef nicht ständig heraushängen lassen. Und das Schönste war, dass Big Ed sie in West End Two absetzte. »Immer
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