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Bevor der Abend kommt

Titel: Bevor der Abend kommt
Autoren: Joy Fielding
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das richtig mitgekriegt, dass du eben etwas von Problemen mit einer Nachbarin gesagt hast?«, fragte ihre Mutter und hob die Arme, damit Marcel ihre Länge messen konnte.

    »Ja«, sagte Cindy, dankbar für die Ablenkung. »Erinnerst du dich an die Sellicks von nebenan? Die vor ein paar Monaten ein Baby bekommen haben?«, fragte sie, als wäre sie sich selbst nicht mehr sicher. »Ich glaube, dass sie möglicherweise unter postnatalen Depressionen leidet.«
    »Das hatte ich auch«, sagte Leigh.
    »Du hattest Hämorrhoiden«, meinte ihr Mutter.
    Marcel verzog das Gesicht und schlang das Maßband um Norma Appletons üppigen Busen.
    »Ich hatte sowohl nach Jeffrey als auch nach Bianca postnatale Depressionen.«
    »Daran kann ich mich nicht erinnern.«
    »Natürlich nicht. Wenn ich hingegen Cindy wäre …«
    »Cindy hatte nie postnatale Depressionen.«
    »Apropos Bianca«, unterbrach Cindy die beiden, »wo ist eigentlich die schöne künftige Braut?« Sie blickte sich in dem Salon um, weil ihr erst jetzt auffiel, dass weder ihre Nichte noch ihre beiden Töchter zu sehen waren.
    »Sie hatten keine Lust mehr zu warten und sind zu Starbucks gegangen.«
    »Heather sieht in ihrem Kleid wunderschön aus«, sagte Norma Appleton.
    »Und die Braut, Mutter?«, fragte Leigh spitz. »Wie sieht Bianca in ihrem Kleid aus? Oder verdient sie keine Erwähnung?«
    »Was redest du da? Ich hab doch gesagt, sie sieht wunderschön aus.«
    »Nein, das hast du nicht.«
    »Das habe ich ganz bestimmt.«
    »Was ist mit Julia?«, ging Cindy dazwischen.
    »Julia?«, höhnte Leigh. »Julia hat uns bisher nicht mit ihrer Anwesenheit beehrt.«
    »Sie ist noch nicht hier?«
    »Ich bin sicher, ›das Ganze ist ihr bloß irgendwie entglitten‹«, sagte Leigh mit einem gezwungenen Lächeln.

    »Ich hab doch gesagt, es tut mir Leid.« Cindy griff nach dem Handy in ihrer Handtasche. »Sie hatte ein Casting. Vielleicht musste sie warten …«
    »Was für ein Casting denn?« Ihre Mutter drehte sich um, damit Marcel ihren Rücken vermessen konnte.
    »Bei Michael Kinsolving, dem Regisseur. Er ist wegen des Filmfestivals in der Stadt.« Cindy wählte die Nummer ihrer Tochter und lauschte dem Klingeln.
    »Du und dein blödes Festival«, sagte Leigh abschätzig.
    »Ist Michael Kinsolving nicht mit Cameron Diaz zusammen?«, fragte ihre Mutter. »Vielleicht ist es auch Drew Barrymore. Seit Drei Engel für Charlie kann ich die beiden einfach nicht mehr auseinander halten. Wie dem auch sei, er hat einen ziemlichen Ruf bei den Damen.«
    »Oh, Mutter, Herrgott noch mal«, rief Leigh ungeduldig. »Woher willst du denn irgendwas über diesen Michael Dingsda wissen, wer zum Teufel das auch immer sein mag?«
    Ihre Mutter straffte mit gerade so viel rechtschaffener Empörung ihre Schultern, dass Marcel das Gleichgewicht verlor und sein Maßband fallen ließ. »Ich lese im People -Magazin über ihn.«
    »Michael Kinsolving ist ein sehr bedeutender Regisseur«, sagte Cindy, während Julias Stimme ihr ins Ohr hauchte. » Tut mir Leid, dass ich Ihren Anruf nicht entgegennehmen kann «, flüsterte das Band verführerisch. Cindy legte sofort auf, rief Julias Handy an und lauschte der gleichen gehauchten Ansage noch einmal.
    »Er hatte schon ziemlich lange keinen Hit mehr«, erklärte ihre Mutter kenntnisreich. »Außerdem ist er offenbar so eine Art Sex-Süchtiger.«
    »Ich glaube, das ist Michael Douglas«, schaltete Marcel sich begeistert ein, nachdem er seinen sicheren Stand und das Maßband wieder gefunden hatte.
    »Wirklich?«

    »Bevor er Catherine Zeta-Jones geheiratet hat.«
    »Kann es sein, dass wir dieses Gespräch wirklich führen?« Leigh warf verzweifelt die Hände in die Luft.
    »Was hast du für ein Problem, Schätzchen?«, fragte ihre Mutter.
    »Mein Problem ist«, setzte Leigh an, und kleine Schweißtröpfchen bildeten sich auf ihrer Stirn, die ihre frisch gesträhnten Locken in alle möglichen Richtungen abstehen ließen, »dass meine Tochter in weniger als zwei Monaten heiratet und sich offenbar niemand einen feuchten Kehricht darum kümmert, dass die Zeit langsam knapp wird und noch immer tonnenweise Sachen zu erledigen sind.«
    »Es wird schon alles klappen, Schätzchen.« Ihre Mutter zupfte an dem langen Taftrock. »Ist das nicht schrecklich viel Stoff? Ich sehe ja aus wie ein Hippie.«
    »Sie geht nicht dran.« Cindy steckte das Handy wieder in die Handtasche und starrte zur Ladentür, als wollte sie Julia mit schierer Willenskraft herbeizitieren.
    »Sie ist
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