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Beutewelt 02 - Aufstand in der Ferne

Beutewelt 02 - Aufstand in der Ferne

Titel: Beutewelt 02 - Aufstand in der Ferne
Autoren: Alexander Merow
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behördlichen Aufruf, der etwas mit der Fahndung nach einem Artur Tschistokjow, der wohl der Leiter der Organisation war, zu tun hatte.
    „Aha, hier steht, dass dieser Mann offenbar Zellen seiner Gruppe im Baltikum, in Weißrussland und im russischen Teil gegründet hat. Man vermutet, dass er in Minsk unter falschem Namen lebt“, murmelte Thorsten Wilden, der ehemalige Unternehmer aus Westfalen.
    „In unserer alten Heimat würde das keine zwei Wochen gut gehen“, sagte Frank und arbeitete sich mühsam von einem der fremdartigen Buchstaben zum nächsten.
    „Wir sollten bei dir Russischunterricht nehmen“, meinte Bäumer zu Wilden.
    Der ältere Herr freute sich, dass sein Wissen wieder einmal gefragt war und lächelte stolz zurück: „Das lässt sich einrichten. Ein halbwegs gutes Russisch ist hier auf Dauer absolut unverzichtbar. Kommt doch die Tage bei mir vorbei.“
    Die beiden Männer nahmen das Angebot in den folgenden Wochen wahr und Frank staunte nicht schlecht über seine offenbar große Sprachbegabung. Alf hingegen tat sich etwas schwerer und Wilden, der sich meist wie ein alter Schullehrer aufführte, erwies sich bei ihm nicht gerade als geduldig. Großen Spaß bereiteten die Russischstunden ihres Vaters auch Julia Wilden, seiner hübschen Tochter, die oft stundenlang mit im Raum saß und ständig verlegen lächelte.
    Der ältere Herr gab Frank und Alf sogar Hausaufgaben auf, welche er am nächsten Tag gründlich überprüfte. Bäumer bekam dabei des Öfteren eine Schelte verpasst. Offenbar hatte er seit seiner eher unglücklichen Schulzeit keinen Spaß mehr an solchen Dingen gehabt.
    Die Monate verstrichen und irgendwann hatte sich der Sommer verabschiedet. Jetzt färbten sich die Blätter der Bäume rund um Ivas rot und die Tage wurden langsam kürzer. Frank Kohlhaas konnte behaupten, dass ihn die anderen Dorfbewohner nach wie vor wegen der kühnen Operation in Paris bewunderten. Sie mochten ihn jetzt, da war er sich sicher, und vor allem Julia Wilden, die Tochter des Dorfchefs, die ihm am Anfang mit so viel Misstrauen begegnet war, schien seine Nähe zu suchen.
    Nach den Russischstunden bei Herrn Wilden, in denen Frank mehr und mehr punkten konnte, begleitete sie Alf und ihn oft noch bis vor die Haustür und sprach mit ihnen über dies und das.
    Ein besonderes Augenmerk hatte sie stets auf den jungen Kohlhaas gerichtet, der dies zwar bemerkte und Julia ebenfalls sehr anziehend fand, doch irgendwie bei ihr nicht „vorwärts kam“, wie er es formulierte.
    Die junge Frau wirkte auch auf seltsame Weise unnahbar und bewahrte immer eine gewisse Distanz zu ihm. Sie war eine sehr gute Freundin, ohne Zweifel, aber Frank war damit auf Dauer überhaupt nicht zufrieden. Gefühle zu zeigen, von Hass abgesehen, hatte er seit seiner Inhaftierung in „Big Eye“ irgendwie verlernt. Er tat sich unglaublich schwer damit und dieser unbefriedigende Zustand hatte sich, wie er sich selbst eingestehen musste, in den letzten Monaten nur noch verstärkt.
    Die Albträume und Visionen, die ihn gelegentlich im Schlaf heimsuchten, waren allerdings zurzeit nicht sonderlich häufig und Frank war heilfroh darüber.
    Er hatte keine Panikattacken und Ängste mehr wie es noch vor einem Jahr der Fall gewesen war. Selten schreckte er vor dem Einschlafen noch einmal auf oder dachte an „Herrn Irrsinn“, seinen imaginären Zellengenossen, den er damals im finstersten Winkel seines Hirns zur Miete hatte wohnen lassen.
    Doch seine gewachsene Immunität gegenüber seinen Ängsten hatte ihren Preis eingefordert. „Ich fühle nicht mehr richtig“, sagte er manchmal zu sich selbst. „Ich kann nicht richtig weinen und auch nicht richtig lachen, ich kann nur leben …“
    Aber vielleicht würden die echten Gefühle eines Tages wiederkehren. Sie waren nur eingesperrt hinter einer großen Betonmauer am Ende seines Schädels. Frank wusste nicht, ob dieser Zustand wirklich einen Gewinn darstellte.
    Als der Winter über Litauen hereinbrach schienen sich die Emotionen irgendwo ein Loch unter der Absperrmauer gegraben zu haben. Sie kamen langsam wieder, sogar mit einer phänomenalen Wucht und Heftigkeit, die der junge Mann so lange nicht mehr erlebt hatte. Leider waren die positiven Gefühle bei diesem Ausbruch wieder einmal nicht federführend, denn umso dunkler die Tage wurden, desto dunkler wurde es auch in Franks Gemüt.
    Depressionen plagten ihn und er hatte bald wieder Angst, nachts zu Bett zu gehen. Das gleißende Licht der Holozelle
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