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Beuterausch

Beuterausch

Titel: Beuterausch
Autoren: Lucky Jack & McKee Ketchum
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verraten.
    »Wer ist die Nächste, Peg?«, fragte ich. »Augenhöhle? Darleen?«
    »Sei nicht albern«, sagte sie. »Darleen hat doch noch nicht ihre Periode. So ein Blödsinn.«
    »Wir ziehen um.«
    Der Morgen dämmerte, und die Höhle war voller Geschäftigkeit – die Frau, Peg und Darleen trugen Jeans und T-Shirts und stopften Kleider und Töpfe und Pfannen und Spielzeug für Adam in alte Rucksäcke und stapelten Werkzeuge und Waffen auf die Schubkarre und einen ehemals roten Handwagen, während die Hunde und Augenhöhle unruhig um sie herumrannten.
    »Warum?«, fragte ich. »Wohin?«
    »Wir haben hier vier Leute geschnappt. Fünf, wenn man dich mitzählt. Und einen nicht lange vor dir. Wir bleiben prinzipiell nie lange an einem Ort. Die Leute werden vermisst. Es gibt einen Ort sechs oder sieben Kilometer weiter landeinwärts, ein Stück den Fluss hinauf von dort, wo wir geschwommen sind. Jemand hat sich da vor vielen Jahren eine Jagdhütte gebaut, aber das Land ist mittlerweile völlig versumpft. Der Ort ist verlassen.«
    Sie nickte in Richtung der Frau.
    »Sie hat die Hütte letzte Woche entdeckt, und ich war gestern da, um sie mir anzusehen. Sie wird für eine Weile genügen.«
    »Sie liegt in einem Sumpf?«
    Ich dachte: Moskitos, Schlangen. Ich litt schon genug Qualen.
    »Am Rand eines Sumpfs. Wart’s ab.«
    Als sie fertig waren, band die Frau meine Füße los und löste den Knoten an der Spitzhacke. Zog die Hacke aus dem Fels und warf sie in die Schubkarre.
    »Bog «, sagte sie. Beweg dich.
    In ihrem Gürtel, neben den beiden spitzen Knochenstücken, an denen ich sie schnitzen gesehen hatte, funkelte das große Messer im Morgenlicht. Ich hatte nicht vor, mit ihr zu diskutieren.
    Unsere Kolonne marschierte in der gleichen Anordnung zum Fluss wie zuvor – Augenhöhle und die Hunde liefen voraus, dann kamen Darleen und Adam, gefolgt von Peg und mir, und gleich hinter uns die Frau. Vom Fluss aus gingen wir einen schmalen Pfad entlang, der sich am westlichen Ufer hinaufschlängelte. Man konnte nicht viel von dem Fluss sehen, nur gelegentlich glitzerte das Wasser durch die Bäume, doch man konnte ihn die ganze Zeit hören, und das genügte schon, damit ich mich nach einem schönen kalten Bad sehnte. Um den Gestank von Blut und Holzrauch loszuwerden, der mich einhüllte wie eine giftige Wolke.
    Peg schien meine Gedanken zu lesen.
    »Wir waschen uns, wenn wir da sind«, sagte sie.
    Die Sonne stand hoch am Himmel, und es war heiß, als wir die Hütte erreichten. Augenhöhle und die Coonhounds hechelten. Wir anderen waren schweißgebadet. Wenn wir vorher schon schlecht gerochen hatten, dann musste der Gestank nun bestialisch sein. Ich stellte mir vor, wie Hirsche, Hasen, Eichhörnchen, sämtliche Tiere im Wald in alle Richtungen davonflitzten.
    Die Hütte stand allein in völliger Abgeschiedenheit. An einer Seite floss seicht und klar der Fluss vorbei. Auf der anderen Seite, wo einst die Vordertür gewesen war, hatte der Fluss das Land in Sumpf verwandelt, und das Wasser stand fünf bis zehn Zentimeter hoch und erstreckte sich durch den Wald und die Rohrkolben und das Sumpfgras, so weit das Auge reichte. Durch diese widerliche Brühe latschten wir zur Hütte, die über hundert Jahre alt sein musste und aus robusten, jedoch mittlerweile morschen Baumstämmen errichtet worden war.
    Durch die Fenster und die Türöffnung war die Hütte den Elementen ausgesetzt, doch das Dach war noch intakt. Starke, handgezimmerte Balken. Wenn sich jemand vor fünfzig Jahren die Mühe gemacht hätte, den Sumpf trockenzulegen, wäre das ein hübsches kleines Fleckchen gewesen. Vorausgesetzt, dieser jemand hätte auch die Moskitos ausgerottet.
    Ich schlug wie verrückt danach.
    »Sie hat was gegen Insekten«, sagte Peg. »Wir waschen uns, und dann tragen wir was davon auf. Das Zeug hält einem alles vom Leib. Moskitos, Kriebelmücken, Bremsen. Glaubst du, die Moskitos wären schlimm? Die Bremsen können zu bestimmten Zeiten die Hölle sein. Die beißen dich blutig. Die Frau stellt das Zeug selber her. Kiefernteer, Kampfer, Zitronengras und aller mögliche andere Mist.«
    Sie schnitten ein paar Kiefernzweige und fegten die Hütte aus. Mäusekot und Hasenköttel. Käfer. Vertrocknete Grashüpfer. Eine kleine Kolonie roter Ameisen, die sich von einem Spatz mit gebrochenem Genick in der engen steinernen Feuerstelle ernährten.
    Ich half ihnen, unsere Reisigbetten auszubreiten. Die Hunde waren unterwegs und jagten etwas – wir konnten sie
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