Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Besser verhandeln - Das Trainingsbuch

Titel: Besser verhandeln - Das Trainingsbuch
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
aber mir war gemütlich und warm, als ich nach dem Bad in meinem Bette lag. Ich hörte fremde Geräusche, die aus der neuen nächtlichen Umgebung durch meine Fenster drangen. Fremdartige Geräusche, mit denen man von nun an leben mußte. Ich war in meinem eigenen Haus, in meinem eigenen Zimmer. Plötzlich schloß ich die Augen. Ich drehte mich auf die Seite, und meine Hand berührte die Wand. Sie war rauh von der frisch aufgetragenen Farbe.
    »Haus, ich hab dich lieb«, murmelte ich, schon beinahe eingeschlafen.
    Der Hund unter meinem Bett bewegte sich, und ich tastete mit der Hand längs des Bettrandes. Da fühlte ich seine kalte Schnauze in meiner Handfläche. Ich kraulte ihm den Kopf. Das Fell war noch feucht und kühl. Mama hatte darauf bestanden, Papa müsse Rexie baden, bevor sie mir die Erlaubnis gab, sie in mein Zimmer hinaufzunehmen. Sie leckte mit eifrigem Zünglein meine Finger. »Dich hab ich auch lieb, Rexie«, flüsterte ich.
    Ein Gefühl unendlicher Wärme und restlosen Wohlbehagens durchströmte mich. Nach und nach spürte ich, wie der letzte Rest der Steifheit aus meinem Körper wich und das Nichts, das wir Schlaf nennen, überwältigte mich.
    Ich war zu Hause. Und der erste Tag meines Lebens, dessen ich mich erinnere, verklang ins Gestern, und die restlichen Tage meines Lebens wurden zum Morgen.
    Das erste Buch Mein Alltagsleben
    1
    Die Sonne lag warm auf meinen geschlossenen Lidern. In meinem Schlaf gestört, legte ich einen Arm über die Augen und bewegte mich unruhig auf dem Kissen. Einige Minuten war mir's wieder sehr behaglich, doch dann begann das Licht unter meinem Arm durchzusickern und mich wieder zu belästigen. Da ließ ich's sein, mich davor verstecken zu wollen, setzte mich im Bett auf und rieb mir die Augen. Ich war erwacht.
    Ich streckte mich und gähnte. Ich schob ein Haarbüschel aus den Augen und sah schläfrig zum Fenster hinaus. Es war ein strahlend klarer Morgen. Ich hätte noch gerne weitergeschlafen, aber mein Fenster lag nach Osten und die erste Morgensonne traf mich immer mitten ins Gesicht.
    Ich sah mich träge im Zimmer um. Meine Kleider lagen unordentlich auf einem Sessel. Der halbbespannte Tennisschläger, den ich nie fertigkriegte, lehnte an einer Tischkante. Die alte Weckeruhr, die neben Kamm und Bürste auf dem Tisch stand, zeigte ein Viertel nach sieben. Mein rotweiß gestreifter Wimpel des Erasmus-Hall-Gymnasiums hing schlaff über dem Spiegel. Jetzt schaute ich über den Bettrand, um meine Hausschuhe zu suchen. Sie waren nicht da. Ich grinste, denn ich wußte, wo sie waren. Rexie verschleppte sie gewöhnlich unters Bett, um sich daraus ein Kopfkissen zu machen. Ich griff hinunter und streichelte sie. Sie hob den Kopf und wedelte faul mit dem Schwänzchen. Ich streichelte sie nochmals, dann nahm ich ihr die Hausschuhe weg, stand rasch auf und schlüpfte hinein. Rexie schloß die Augen und schlief wieder ein.
    Als ich an das offene Fenster trat, hörte ich aus dem Zimmer der Eltern schwache Geräusche. Das brachte mir alles wieder in Erinnerung. Heute war der große Tag: meine Bar Mitzvah. Aufregung und Nervosität überkamen mich. Ich hoffte nichts von dem komplizierten hebräischen Ritual zu vergessen, das ich speziell für diese Gelegenheit hatte lernen müssen.
    Ich stand am offenen Fenster und atmete tief ein. Langsam zählte ich: »Einszweidrei - vier; aus zwei drei vier.« Nach kurzer Zeit war meine Nervosität wie weggeblasen. Ich fühlte mich wieder frisch und munter und würde bestimmt nichts vergessen. Noch immer vor dem Fenster, zog ich meine Pyjamajacke über den Kopf und warf sie hinter mich aufs Bett. Bar Mitzvah oder nicht, ich muß meine Ertüchtigungsübungen machen, sonst würde ich im Herbst für das Fußballteam nicht schwer genug sein. Ich streckte mich auf dem Boden aus und machte einige Muskelübungen, dann stand ich wieder auf und machte Kniebeugen. Ich sah an mir herab. Die dünnen Muskeln und Sehnen zeichneten sich scharf auf meinem Körper ab. Ich konnte meine Rippen zählen. Hierauf untersuchte ich sorgfältig meine Brust, um festzustellen, ob mir während der Nacht nicht doch einige Haare gewachsen waren, aber es war noch immer bloß derselbe zarte goldene Flaum. Manchmal wünschte ich mir, statt blond so schwarz zu sein wie Paul. Dann wären sie vielleicht deutlicher zu sehen.
    Ich beendete meine Kniebeugen und holte mir aus einer Ecke des Zimmers ein Paar indische Hanteln. Wieder zum Fenster zurückgekehrt, begann ich sie zu schwingen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher