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Bernstein Verschwörung

Bernstein Verschwörung

Titel: Bernstein Verschwörung
Autoren: Andreas Schmidt
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windschief und verwittert in den Angeln hingen. Mehrmann
glaubte irgendwann, ein schrilles Fiepen zu hören.
Wahrscheinlich trieben sich in diesen Katakomben Ratten herum. Wenn
sie eines dieser Viecher vor die Kamera bekamen, war das sicherlich
noch besser für den Dreh. Es würde den morbiden Touch
unterstreichen. Genau so hatte er es sich vorgestellt. Seine Laune
besserte sich langsam. Der Tag wurde doch noch gut.

 
    Zwei
    Sedanstraße
Barmen, 20.10 Uhr
    Ein mulmiges
Gefühl beschlich ihn, als er an das bevorstehende Treffen mit
seinen Geschäftspartnern dachte. Er hatte alle Trümpfe
auf der Hand, gar keine Frage. Doch nun war es an ihm, sie auch
auszuspielen. Wenn ihm das gelang, dann wäre er ein gemachter
Mann. Steinreich - und er würde wahrscheinlich in seinem Leben
niemals mehr arbeiten müssen. Hatte er sich bislang mit
Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten, so würde er
künftig am Strand liegen und es sich gut gehen lassen. Im
letzten Herbst hatte er sich beim Reifenhändler um die Ecke
ein paar Euro dazuverdient, als im Oktober der Run auf die
Winterreifen ausgebrochen war. Elf, zwölf Stunden am Tag hatte
er in der Kälte geschuftet, zig Reifen gehoben und auf die
Achsen der Autos gewuchtet, um dann abends mit einem Hungerlohn
nach Hause zu gehen und vor dem Fernseher einzuschlafen. Nachts war
er aufgewacht, weil er nicht mehr wusste, wie er liegen sollte. Er
hatte sich gefühlt, als würde sich seine Wirbelsäule
in ihre Bestandteile auflösen. Und das mit Anfang zwanzig!
Damit sollte bald schon Schluss sein. Wenn es gut lief, schloss er
heute den Deal seines Lebens ab. Aber noch war es nicht
soweit.
    Erst das Treffen, und
dann galt es, den alten Mann zu beseitigen. Doch alles der Reihe
nach. Und außerdem würde er vereinbaren, dass sie die
Drecksarbeit machen sollten. Schließlich waren sie die
Profis; er nur der Handlanger, der sie gegen Geld zum Erfolg ihrer
Mission führen würde. Als er den Kopf zum Fenster drehte,
rieselte ihm ein Schauer über den Rücken. Der Regen rann
in dichten Bahnen an der Scheibe herunter. Er wandte sich nach
rechts. Mirja lag neben ihm und schlief friedlich. Sie war der
Schlüssel zum Erfolg, und sie ahnte nichts davon, dass er noch
einmal los musste. Die dünne Decke war bis zu den Hüften
heruntergerutscht, und er betrachtete ihren makellosen Körper.
Im Schein der kleinen Lampe wirkte ihre Haut wie Samt. Am liebsten
hätte er sie berührt, doch dann wäre sie aufgewacht.
Strähnig hing ihr das Haar ins Gesicht. Gleichmäßig
hob und senkte sich ihre Brust. Nun strich er ihr zärtlich
eine Strähne aus der Stirn und betrachtete sie nachdenklich.
Mirjas Gesichtszüge wirkten entspannt.
    Am liebsten wäre
er gar nicht aufgestanden. Er hätte sich gern noch einmal zu
ihr gelegt, um ihre warme, weiche Haut zu spüren. Hätte
sich an sie geschmiegt und die Welt vergessen.
    Seit zwei Monaten
waren sie jetzt zusammen. Mirja machte an der Gesamtschule Barmen
gerade ihr Abi; er selbst verdiente sich ein wenig
Geld mit Aushilfsjobs. Auf Schule hatte er schon vor zwei
Jahren keinen Bock mehr gehabt. Doch es schien Mirja nicht
zu interessieren, wie er seinen Lebensunterhalt bestritt.
»Ich liebe dich auch ohne Doktortitel«, sagte sie
immer, wenn er ihre Karriere mit seiner eigenen
verglich.
    Doch auch er
träumte vom großen Geld.
    Dafür brauchte er
kein Abitur.
    Das ging auch
anders.
    Derzeit jobbte er in
einem Getränke-Discounter, schuftete schwer und hatte nach
Feierabend Rückenschmerzen wie ein alter Mann. Und das in
seinem Alter … Er seufzte leise, stieß die Decke fort
und erhob sich. Eilig schlüpfte er in seine Boxershorts und in
die Socken. Obwohl er sich leise verhielt, erwachte sie, als er
sich die Jeans anzog und nach dem Handy angelte, das auf dem
Nachtschränkchen gelegen hatte.
    Mirja blinzelte ihn
verschlafen an und streckte eine Hand nach ihm aus. Er nahm sie und
hauchte einen Kuss auf ihren Handrücken.
    »Wohin willst
du?«, fragte sie.
    »Ich muss noch
mal los.« Er lächelte.
    »Warum
denn?« Sie richtete sich auf und gähnte.
»Ich dachte, du hast frei
heute.«
    »Es dauert nicht
lange«, antwortete er ausweichend und griff nach dem
Sweatshirt. »Musst du nicht sowieso noch für die
Lateinklausur büffeln?«
    »Das
schon«, nickte sie enttäuscht darüber, dass er sie
noch einmal verließ.
    »Na, siehst
du.« Er sank auf die Bettkante, atmete tief ein und genoss
ihre Nähe. Mit der rechten Hand strich er ihr durch das
schwarze, schulterlange Haar,
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