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Bernstein Verschwörung

Bernstein Verschwörung

Titel: Bernstein Verschwörung
Autoren: Andreas Schmidt
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gleichen Abend noch auf den Kopf gehauen - es wurde
in Alkohol und in Zigaretten umgesetzt. Rappen, um sich ab und zu
mal einen netten Abend gönnen zu können. Nicht mehr und
nicht weniger. Doch darauf kam es auch gar nicht an, auf die Kohle.
Die Musik war seine Leidenschaft.
    Nachdem die
Schwebebahn die mächtigen H-Pylonen am Alten Markt passiert
und die große Kreuzung überquert hatte, erhob sich
Mehrmann. Auf dem Bahnsteig herrschte Betrieb. Zahlreiche
Fahrgäste aller Altersklassen stiegen in die Bahn ein und
machten es dem jungen Mann mit den kurzen braunen Haaren schwer,
den Zug zu verlassen.
    Er hatte
unwillkürlich einen Spruch seiner Oma im Kopf. Immer erst
aussteigen lassen.
    Wo waren der Anstand
und die Höflichkeit geblieben? Als er unten an der
Straße stand, wehte ihm der verführerische Duft der
Fast-Food-Restaurants am Alten Markt in die Nase. Es duftete
herrlich nach Burgern. Mehrmann klimperte in der Hosentasche mit
dem Kleingeld, haderte sekundenlang mit sich und entschied sich
schließlich doch gegen eine Zwischenmahlzeit. Er war
spät dran, und die Jungs sollten nicht auf ihn warten
müssen. So marschierte er zielstrebig an der Barmer
Fußgängerzone vorbei, nahm ein Stück weit den
Steinweg in nördliche Richtung und bog schon bald in die
Sedanstraße ab. Nun führte sein Weg steil bergauf, und
er rang schon nach wenigen Metern nach Luft. Vielleicht sollte er
mal wieder im Nordpark joggen gehen, so wie er es früher
zweimal in der Woche getan hatte. Seine Kondition ließ zu
wünschen übrig, und das, obwohl er kein Übergewicht
hatte. Daniel Mehrmann wusste nicht mehr, wie lange er durch den
Regen gelaufen war, als vor ihm ein hässlicher, grauer Klotz
in den wolkenverhangenen Himmel ragte. Er blieb stehen und
betrachtete das unansehnliche Gebäude. Grauer, verwaschener
Beton. Teile der Fassade bröckelten und wiesen Risse auf.
Anzügliche Graffiti zierten das Gebäude. Ein schmaler Weg
führte zum Eingang. Eine breite, ausgetretene Steintreppe, auf
der sich noch das Laub vom letzten Herbst befand. Verrottet und
vergammelt, wie alles an diesem Gemäuer. Er legte den Kopf in
den Nacken und blickte an dem Bunker empor. Irgendwann waren die
Fenster mit Brettern verrammelt worden. Ihm konnte es egal sein. Er
wollte hier nicht einziehen. Der Bunker war eine coole Location
für seinen neuen Song, den er heute hier mit den Jungs
aufnehmen wollte. Tom war recht fit in Sachen Videoschnitt; er
würde das Tape überarbeiten und sicherlich noch heute ins
Netz stellen. Mehrmann blickte sich um, doch von seinen Freunden
weit und breit keine Spur. Er zog das Handy aus der Hosentasche und
warf einen Blick auf das Display. Eine Armbanduhr besaß er
nicht - wozu auch, das Handy hatte schließlich eine Uhr, und
er trug es immer mit sich herum. Zu früh war er jedenfalls
nicht, aber von den Jungs war nichts zu sehen.
    Wut keimte in ihm auf,
er hasste es, wenn sie ihn zum Narren hielten.
    Er setzte einen
Fuß auf die breiten Stufen und wäre fast auf dem
Grünspan ausgerutscht. Mehrmann stand ein wenig
unschlüssig vor dem Eingang. Auch die Türen hatte man mit
Brettern zugenagelt. Allerdings gab es zwei Bretter, die schief
hingen und den Blick ins Innere des Bunkers erlaubten.
    Mehrmann zögerte.
Er blickte sich um. In den umliegenden Häusern war kein Mensch
zu sehen. Was sollte also geschehen? Schließlich tat er
nichts Verbotenes. Er stand mit dem Rücken zum Eingang, als er
plötzlich eine Hand auf seiner Schulter
spürte.
    Bevor er sich's
versah, packten ihn starke Hände und zogen ihn in das
Gemäuer.
    Mehrmann fand nicht
einmal mehr die Zeit, zu
schreien.    
     
    Luftschutzbunker
Münzstraße, 19.25 Uhr
    »Du bist
spät dran!«
    Gelächter drang
an seine Ohren. An den Armen spürte er die Stellen, an denen
sie ihn unsanft gepackt hatten, um ihn in das Innere des Bunkers zu
ziehen. Seine Knochen schmerzten, und er unterdrückte einen
Fluch. Mehrmann lag mit dem Rücken auf dem Betonboden und
spürte kleine Steine, die sich durch den Stoff der Kleidung in
seine Haut bohrten. Er versuchte, die Dunkelheit mit seinen Blicken
zu durchdringen. Mehrmann sah schemenhaft zwei Gestalten, die sich
breitbeinig über ihm aufgestellt hatten und mit vor der Brust
verschränkten Armen auf ihn herabblickten.
    Fauliger Geruch stieg
in seine Nase, und Mehrmann zweifelte, ob die Idee, den Videoclip
zum neuen Song ausgerechnet in einem Bunker zu drehen, so gut
gewesen war. Als sich seine Augen an das Dämmerlicht
gewöhnt
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