Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bernie und Chet

Titel: Bernie und Chet
Autoren: Spencer Quinn
Vom Netzwerk:
weg?«
    Die Frau setzte zu einer Antwort an, die ich aber nicht hörte, da in diesem Moment in den Büschen auf der anderen Seite der Einfahrt etwas raschelte. Ehe ich mich ’ s versah, war ich auch schon in den Büschen, schnüffelte herum, vielleicht buddelte ich auch ein bisschen herum, aber wirklich nur ein bisschen. In der Luft hing irgendein Geruch, Frosch oder Kröte oder … owei: Schlange. Ich mochte Schlangen nicht, ich mochte sie ganz und gar …
    »C het? Du buddelst hier doch hoffentlich kein Loch, oder?«
    Ich zog mich aus dem Gebüsch zurück und trabte zu Bernie. Huch, mein Schwanz klemmte ja schuldbewusst zwischen meinen Beinen. Ich reckte ihn in die Höhe, unschuldig.
    »B raver Junge.« Er tätschelte mir ausgiebig den Kopf. Ah.
    Die Frau klopfte nervös mit dem Fuß auf den Boden. »S ie wollen mir also nicht helfen?«
    Bernie holte tief Luft. Seine Augen sahen müde aus. Die Fahne verflog allmählich. Bald würde er schläfrig werden. Ich fühlte mich selbst ein bisschen schläfrig. Gegen einen kleinen Happen hätte ich auch nichts einzuwenden gehabt. Vielleicht lagen noch ein paar von den Kaustreifen in der obersten Schublade neben der Spüle, die mit dem Barbecue …
    »D as habe ich so nicht gesagt. Ihre Tochter ist heute nach der Schule nicht nach Hause gekommen. Das heißt, sie ist noch nicht einmal acht Stunden weg. Die Polizei nimmt nicht einmal eine Vermisstenanzeige auf, bevor ein ganzer Tag vergangen ist.«
    Mit acht Stunden hatte ich Schwierigkeiten, aber was ein ganzer Tag war, das wusste ich genau, das war vom Aufgehen der Sonne über den Hügeln hinter der Garage bis zum Untergehen der Sonne hinter den Hügeln auf der anderen Seite.
    »A ber Sie sind nicht die Polizei.«
    »S timmt, und wir sind auch nicht immer derselben Meinung, aber in diesem Fall schon. Sie sagten, Madison ist im zweiten Jahr an der Highschool. Das heißt, sie ist wie alt? Sechzehn?
    »F ünfzehn. Sie ist in der Begabtenförderung.«
    »M einer Erfahrung nach vergessen Fünfzehnjährige manchmal, zu Hause anzurufen, vor allem, wenn sie irgendeinem spontanen Einfall folgen, zum Beispiel ins Kino zu gehen oder auch nur herumzuhängen oder eine Party zu feiern.«
    »M orgen ist Schule.«
    »S elbst wenn morgen Schule ist.«
    »A ber sie ist doch hochbegabt.«
    »D as war Billie Holiday auch.«
    »W ie bitte?« Die Frau sah ihn verwirrt an; das Gesicht eines verwirrten Menschen ist fast so hässlich wie das eines wütenden. Ich verstand das mit Billie Holiday auch nicht, aber wenigstens wusste ich, wer sie war – diese Sängerin, die Bernie immer hörte, vor allen wenn er mal wieder schlecht gelaunt war.
    Obwohl niemand begriff, wovon er redete, wirkte Bernie zufrieden mit sich, als hätte er einen Punkt gemacht. Das erkannte ich an dem Lächeln, das kurz über sein Gesicht zog und schon wieder verschwunden war. »I ch sage Ihnen was. Wenn Sie bis morgen früh nichts von ihr gehört haben, rufen Sie mich an.« Er hielt ihr seine Karte entgegen.
    Sie warf einen finsteren Blick darauf, rührte sie nicht an. »B is morgen früh? Sechsundsiebzig Prozent aller Vermisstenfälle werden in den ersten zwölf Stunden gelöst oder …«, ihre Augen wurden wieder feucht und ihre Stimme klang, als wäre ihr etwas im Hals stecken geblieben, »… überhaupt nicht.«
    »W o haben Sie das denn gehört?«
    »I ch habe es nicht gehört – ich habe im Internet nachgesehen, bevor ich hergefahren bin. Sie scheinen nicht zu begreifen, dass Madison so etwas noch nie getan hat und es auch nie tun würde. Wenn Sie mir nicht helfen wollen, vielleicht können Sie mir dann wenigstens einen Kollegen empfehlen.«
    Eine andere Detektei empfehlen? War das schon jemals vorgekommen? Ich wurde aus dem Ausdruck auf Bernies Gesicht nicht schlau.
    »F alls es um die Bezahlung geht, brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Ich zahle, was Sie verlangen, und lege noch eine dicke Belohnung drauf, sobald Sie sie gefunden haben.« Sie griff wieder in dieses Täschchen, zog eine Rolle heraus, zählte ein paar Geldscheine ab. »R eichen fünfhundert als Vorschuss?«
    Bernies Blick wanderte zu dem Geld und blieb dort. Den Ausdruck, der jetzt auf seinem Gesicht lag, hätte jeder vom anderen Ende des Canyons aus deuten können. Er dachte wahrscheinlich an den finanziellen Engpass. »E rst mal würde ich mir gern ihr Zimmer ansehen.« Wenn Bernie nachgab, dann tat er es schnell und bedingungslos. Das hatte ich bei Leda tausendmal erlebt.
    Sie gab ihm das Geld.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher