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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin
Autoren: Philip Kerr
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nicht einmal, was zeigt, wie blau ich war. Doch er zog lediglich seine Brieftasche heraus.
    «Ich habe Erkundigungen über Sie eingezogen, und ich weiß, daß man sich auf Sie verlassen kann. Ich brauche Sie im Augenblick für zwei Stunden. Dafür zahle ich Ihnen 200 Mark: Das ist im Grunde genug für eine Woche.» Er legte seine Brieftasche aufs Knie und schob mit dem Daumen zwei Blaue auf sein Hosenbein. Das war für ihn gar nicht so einfach, denn er hatte nur einen Arm. «Und anschließend wird Ulrich Sie nach Hause fahren.»
    Ich nahm die Scheine. «Zum Teufel », sagte ich, «ich wollte ja bloß zu Bett gehen und schlafen. Das kann ich immer noch.» Ich zog den Kopf ein und stieg in den Wagen. «Fahren wir, Ulrich.»

    Die Wagentür knallte zu, Ulrich klemmte sich hinter das Steuer, und der elegante Frischling nahin neben ihm Platz. Wir fuhren nach Westen.
    «Wohin fahren wir?» fragte ich.
    «Alles zu seiner Zeit, Gunther», sagte er. «Bedienen Sie sich. Was zu trinken oder eine Zigarette? » Er ließ die Türen eines Cocktail schränkchens aufspringen, das aussah, als habe man es aus der «Titanic» geborgen, und zog eine Pakkung Zigaretten heraus. «Amerikanische.»
    Ich nahm eine Zigarette, aber keinen Drink: Wenn Leute sich so bereitwillig von 200 Mark trennten wie Dr. Schemm, zahlte es sich aus, wenn man einen klaren Kopf behielt.
    «Würden Sie mir bitte Feuer geben?» sagte Schemm und schob sich eine Zigarette zwischen die Lippen. «Streichhölzer sind das einzige, womit ich nicht fertig werde. Ich habe meinen Arm unter Ludendorff bei der Einnahme der Festung Liege verloren. Waren Sie im Feld?» Die Stimme war verbindlich, beinahe ölig, mit einem winzigen Unterton von Grausamkeit. Eine Art von Stimme, die einen dazu verleiten konnte, sich unversehens selber zu beschuldigen, und dafür dankte ich bestens. Eine Art von Stimme, die ihm, hätte er für die Gestapo gearbeitet, gute Dienste geleistet hätte. Ich zündete unsere Zigaretten an und lehnte mich in die Polster zurück.
    «Ja, ich war in der Türkei.» Du liebe Güte, mit einem Mal waren so viele Leute an meiner Militärzeit interessiert, daß ich mich fragte, ob ich mich nicht besser um ein Veteranenabzeichen beworben hätte. Ich blickte aus dem Fenster und stellte fest, daß wir in Richtung Grunewald fuhren.
    «Rang?»
    «Feldwebel. «Ich spürte, daß er lächelte.
    «Ich war Major», sagte er, und das wies mich deutlich in die Schranken. «Und nach dem Krieg wurden Sie Polizist? » «Nein, nicht sofort. Eine Weile war ich Beamter, aber ich konnte das ewige Einerlei nicht ertragen. Ich kam erst 1922 zur Polizei.»
    « Und wann schieden Sie wieder aus? »
    «Hören Sie, Herr Doktor, ich kann mich nicht erinnern, daß Sie mich unter Eid genommen hätten, als ich in den Wagen stieg.»
    «Tut mir leid», sagte er. «Ich war bloß scharf darauf, rauszubekommen, ob Sie aus eigenem Entschluß gingen oder ob man Sie ... »
    «Rausgeschmissen hat? Sie sind ganz schön dreist, mich das zu fragen, Schernm. »
    «Wirklich?» sagte er mit Unschuldsmiene.
    «Aber ich werde Ihre Frage beantworten. Ich ging von selber. Allerdings glaube ich, man hätte mich, wie all die anderen, ausgesiebt, hätte ich lange genug gewartet. Ich bin kein Nazi, aber ein verdammter Roter bin ich auch nicht; ich habe eine Abneigung gegen den Bolschewismus, genauso wie die Partei; wenigstens läßt sie mich das glauben. Aber das reicht nicht für die heutige Kripo oder Sipo oder wie immer man das jetzt nennt. Wenn man nicht für sie ist, folgt für sie daraus, daß man gegen sie sein muß.»
    «Und so verließen Sie, immerhin Inspektor, die Kripo», sagte er, hielt inne und setzte mit gespielter Überraschung hinzu, «um Hausdetektiv im Hotel Adlon zu werden.»
    «Sie sind ziemlich ausgeschlafen», feixte ich, «mir alle diese Fragen zu stellen, wenn Sie die Antworten bereits kennen.»
    «Mein Klient weiß gern über die Leute Bescheid, die für ihn arbeiten», sagte er blasiert.
    «Ich habe den Fall noch nicht übernommen. Vielleicht werde ich ihn hinschmeißen, bloß um Ihr Gesicht zu sehen.» «Vielleicht. Aber dann wären Sie ein Narr. In Berlin gibt es ein Dutzend von Ihrer Sorte - Privatschnüffler.» Er nannte meinen Beruf ziemlich angewidert beim Namen.

    «Warum also ich? »
    «Sie haben schon einmal für meinen Klienten gearbeitet, indirekt. Vor ein paar Jahren bearbeiteten Sie einen Versicherungsfall für die Germania-Lebensversicherung, und das ist eine Gesellschaft, bei
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