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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin
Autoren: Philip Kerr
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sie. «Doktorarbeiten und ähnliche Sachen. Weißt du, ich tippe gern nachts, und der Lärm der Schreibmaschine hat uns dreimal in drei Wochen die Gestapo ins Haus gebracht. Sie sind scharf auf Leute, die Widerstandsblätter schreiben. Zum Glück wird in dem Zeug, das ich produziere, das Dritte Reich derartig angebetet, daß ich sie leicht wieder loswerde. Aber Vater macht sich Sorgen wegen der Nachbarn. Er sagt, am Ende glauben sie noch, daß die Gestapo wegen irgendwas hinter uns her ist.»
    Nach einer Weile schlug ich vor, ins Kino zu gehen.
    «Ja », sagte sie, «aber ich glaube nicht, daß ich einen von diesen vaterländischen Filmen ertragen kann.»
    Vor dem Cafe kauften wir eine Zeitung.
    Auf der Titelseite war ein Foto der beiden Hermanns, Six und Göring, die sich die Hände schüttelten: Göring grinste über das ganze Gesicht, und Six verzog keine Miene. Es sah so aus, als hätte der Ministerpräsident seinen Willen durchgesetzt, was die Versorgung der deutschen Stahlindustrie mit Rohstoffen betraf. Ich schlug die Anzeigenseiten auf.
    «Wie wär's mit Die Scharlachrote Kaiserin im Tauentzienpalast?» fragte ich.
    Dagmar sagte, den Film habe sie schon zweimal gesehen. «Wie wär's mit Die größte Leidenschaft mit Ilse Rudel? » fragte sie. «Das ist ihr neuer Film, nicht wahr? Du magst sie doch, wie? Die meisten Männer scheinen sie zu mögen.»
    Ich dachte an den jungen Schauspieler, Walther Kolb, den Ilse Rudellosgeschickt hatte, um für sie zu morden, und der selber von mir getötet wurde. Die Zeichnung auf der Anzeige stellte Ilse Rudel mit einem Nonnenschleier dar. Selbst wenn ich meine persönliche Kenntnis dieser Frau unberücksichtigt ließ, hielt ich diese Charakterisierung für fragwürdig.
    Aber mich überrascht nichts mehr. Ich habe mich damit abgefunden, in einer Welt zu leben, die aus den Fugen ist, als sei sie von einem schweren Erdbeben heimgesucht worden, so daß die Straßen nicht mehr flach und die Gebäude nicht mehr gerade waren.
    «Ja» sagte ich, «sie ist gerade richtig.»
    Wir gingen ins Kino. Die roten Schaukästen des Stürmers hingen wieder an den Straßenecken, und Streichers Hetzblatt schien womöglich noch mehr zu hetzen als je zuvor.
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