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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin
Autoren: Philip Kerr
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daß sie das Geld gebrauchen können. Junge Paare brauchen immer Geld, wenn sie heiraten.»
    Lehmann schüttelte den Kopf. «Ich fürchte, es gibt nur eine Art von Arbeit, für die eine Frau geeignet ist, wenn es nach Johannes und seiner Naziregierung geht, und die muß sie leisten, wenn neun Monate vorbei sind.» Er zündete seine Pfeife an und paffte nachdenklich vor sich hin. «Ich schätze, daß sie eines dieser Ehedarlehen beantragen werden, und das wird sie vom Arbeiten abhalten, oder? »
    «Ja, ich denke, Sie haben recht», sagte ich und goß den Klaren hinunter. Ich sah seinem Gesicht an, daß er überrascht war, mich trinken zu sehen, und darum sagte ich:
    «Lassen Sie sich durch dieses Zeug nicht täuschen, Herr Lehmann. Ich benutze es nur als Mundwasser und bin bloß zu faul, die Brühe auszuspucken.» Er grinste, schlug mir auf die Schulter und bestellte uns zwei Doppelte. Wir tranken, und ich fragte ihn, wo das glückliche Paar seine Flitterwochen verbringen werde.
    «Am Rhein», sagte er. «Wiesbaden. Meine Frau und ich sind damals in Königstein gewesen. Wunderschöne Gegend. Er hat nicht lange Urlaub, dann muß er schon wieder weg. Irgendeine dieser Kraft-durch-Freude-Reisen vom Reichsarbeitsdienst. »
    «Ja? Wohin? »
    « Mittelmeer. » «Glauben Sie das? »
    Der alte Mann runzelte die Stirn. «Nein», sagte er grimmig. «Hab's Dagmar gegenüber nicht erwähnt, aber ich schätze, er fährt nach Spanien ... »
    « ... und in den Krieg.»
    «Und in den Krieg, ja. Mussolini hat Franco geholfen, also wird auch Hitler sich den Spaß nicht entgehen lassen, oder? Er wird erst zufrieden sein, wenn er uns in einen neuen verdammten Krieg verwickelt hat.»
    Danach tranken wir noch ein paar Lagen, und dann tanzte ich mit einer hübschen, kleinen Strumpfverkäuferin aus dem Kaufhaus Grünfeld. Ihr Name war Carola, und ich überredete sie, mit mir zu verschwinden, und wir gingen hinüber zu Dagmar und Buerckel, um ihnen Glück zu wünschen. Es kam mir sonderbar vor, daß Buerckel sich gerade diesen Augenblick aussuchte, um auf meine KriegsteiInahme zu sprechen zu kommen.
    «Dagmar erzählt mir, daß Sie an der türkischen Front waren.» Macht es ihm etwa ein wenig zu schaffen, dachte ich, daß er nach Spanien ging? «Und daß Sie das Eiserne Kreuz bekamen.»
    Ich zuckte die Achseln. «Bloß zweiter Klasse.» So war das also, grinste ich; der Flieger war scharf auf Ruhm. «Trotzdem», sagte er. <
    «Na ja, ich kann nicht für ihn sprechen, aber soweit ich mich erinnere, war es für einen Soldaten - vorausgesetzt, er tat seine Pflicht und war relativ ehrlich -, der an der Front diente, wirklich ziemlich leicht, gegen Ende des Krieges an ein Eisernes Kreuz zu kommen. Sie wissen ja, die meisten Orden erster Klasse wurden Männern verliehen, die im Grab liegen. Ich kriegte mein Eisernes Kreuz dafür, daß ich mich aus dem Schlamassel raushielt. » Das Thema brachte mich in Schwung. «Wer weiß», sagte ich. «Wenn alles gutgeht, kriegen Sie vielleicht selber eins. Würde sich auf so einer piekfeinen Uniform gut machen.» Die Muskeln in Buerckels schmalem ]ungengesicht strafften sich. Er beugte sich vor und roch meinen Atem. «Sie sind betrunken», sagte er. «Si», sagte ich. Unsicher auf den Füßen, wandte ich mich zum Gehen. «Adi6s, hombre.»
    2
    Es war spät, ein Uhr vorbei, als ich schließlich zu meiner Wohnung in der Trautenaustraße fuhr. Sie liegt in Wilmersdorf, einer bescheidenen Gegend, aber immer noch um vieles besser als der Wedding, wo ich aufgewachsen bin. Die Straße verläuft in nordöstlicher Richtung von der Güntzelstraße, am Nikolsburger Platz vorbei, in dessen Mitte eine Art von künstlichem Springbrunnen sprudelt. Ich wohnte recht angenehm am Ende des Prager Platzes.
    Ich schämte mich ein bißchen, daß ich Buerckel in Gegenwart Dagmars gehänselt hatte und wegen der Dinge, die ich mit Carola im Tiergarten beim Goldfischteich getrieben hatte. Ich saß in meinem Wagen und rauchte nachdenklich eine Zigarette. Ich mußte mir selber eingestehen, daß mir Dagmars Hochzeit mehr zugesetzt hatte, als ich es vorher für möglich gehalten hatte. Es wurde mir klar, daß nichts dabei herauskam, wenn ich weiter darüber nachgrübelte. Ich glaubte nicht, daß ich sie würde vergessen können, doch todsicher würde ich jede Menge Möglichkeiten finden, nicht an sie zu denken.
    Erst als ich aus dem Wagen stieg, bemerkte
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