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Berndorf, Jacques (Hrsg)

Berndorf, Jacques (Hrsg)

Titel: Berndorf, Jacques (Hrsg)
Autoren: Tatort Eifel 2
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Viertelstunde gebrüllt. Typisch Mamas Weichei. Wahrscheinlich würde er, wenn er groß genug war, damit ankommen, dass er statt Fußball zu spielen lieber Synchronschwimmen betreiben würde.
    Markus hatte den Hügel bewältigt, trotz der sommerlichen Temperaturen und seines schnellen Schrittes war er kein bisschen außer Atem. Trotzdem blieb er wie angewurzelt stehen, als seine Söhne in sein Blickfeld gerieten …
7.
    Manfred biss wütend die Zähne aufeinander, während Marvin-Kevin-Dennis wie ein Wiesel seine verschiedenen Truppenteile bewegte und die Zange immer fester zuzog. Nein, das durfte nicht sein, er konnte nicht verlieren, nicht er, der geborene Stratege und Feldherr. Verzweifelt zog er seine Truppen für einen letzten Gegenstoß zusammen, er musste alles auf eine Karte setzen und einen Ausfall wagen, aber sogar damit hatte Marvin-Kevin-Dennis gerechnet. Frische Panzerverbände brachen hinter einem Hügel hervor, walzten seine Truppen in den Boden und setzten den letzten Angriff auf sein Hauptquartier in Gang.
    Manfred war wie in Trance. Seine Niederlage stand fest, sein kleiner Bruder, sein verdammter Bruder, dieses Weichei, hatte ihn besiegt. Überall lagen seine Soldaten auf der Seite, ein Zeichen dafür, dass sie entweder tot oder wegen schwerer Verletzungen außer Gefecht gesetzt waren.
    Marvin-Kevin-Dennis strahlte über das ganze Gesicht und noch darüber hinaus. Neben den Schuss-und Knallgeräuschen, mit denen er den akustischen Hintergrund der Schlacht zu simulieren versuchte, entfuhren ihm immer öfter Triumphschreie. Zum ersten Mal, zum allerersten Mal hatte er seinen großen Bruder besiegt!
    Manfred stand wie paralysiert, aus seinem Magen schoss ein Schwall heißer, ätzender Säure die Speiseröhre nach oben. Seine Finger begannen zu zittern, er wollte seine Wut, seinen Frust rausbrüllen, aber ihm entfuhr nur ein gequältes, fast unhörbares Gekiekse.
    Als Marvin-Kevin-Dennis begann, seine letzten Soldaten ins Spielzeugjenseits zu befördern, drohten Manfreds Beine nachzugeben. Verzweifelt suchte er nach einem Ausweg, irgendwie musste es doch noch die Chance zu einem Gegenschlag geben, das durfte …
    Innerhalb von Sekundenbruchteilen verwandelte sich seine Panik in wilde Entschlossenheit, als er, wie durch einen Fingerzeig des Schicksals, plötzlich seiner Wunderwaffe ansichtig wurde.
8.
    »Was hast du gemacht?«, brüllte Feldwebel Markus wie von Sinnen. »Was, um alles in der Welt, hast du da angestellt?«
    Manfred löste seinen faszinierten, triumphierenden Blick und sah überrascht zu seinem Vater. Er hatte ihn gar nicht kommen gehört.
    »Sag mir, dass das nicht wahr ist!«, schrie Markus und setzte sich mit taumelnden Schritten langsam in Bewegung.
    Marvin-Kevin-Dennis lag bewegungslos auf dem Waldboden, das linke Bein lang ausgestreckt, das rechte in einem Winkel angezogen, dass es eigentlich fürchterlich schmerzen müsste. Die Arme lagen unter dem Brustkorb, das Gesicht war in der aufgestauten Pfütze verschwunden. Aus der gezackten Wunde auf dem Hinterkopf quoll zwar kein Blut mehr, der Anblick der durch die zerfetzte Kopfhaut schimmernden Knochenreste und der blutverschmierten, verkrusteten, blonden Haare war dennoch Übelkeit erregend.
    Manfred stand vielleicht einen Meter von seinem Bruder entfernt, das Gesicht vor Aufregung gerötet, die Atmung beschleunigt, in den Augen ein leuchtendes Glühen. Den Hammer, mit dessen Hilfe sie heute früh zusammen den kleinen Damm gebaut hatten, hielt er immer noch krampfhaft in der Hand.
    Feldwebel Markus sackte auf die Knie, aus seinem Magen schoss ein gewaltiger Schwall Säure nach oben. Nur mit Mühe konnte er seinen Mageninhalt bei sich behalten.
    »Du hast deinen Bruder erschlagen«, wimmerte er verzweifelt. »Du verdammter Scheißkerl hast deinen eigenen Bruder erschlagen …«
    Manfred runzelte verständnislos die Stirn und sah seinen Vater konsterniert an. »Aber Papa … ich …«
    »Warum hast du das getan?«, schrie Feldwebel Markus, wobei er vor lauter innerem Schmerz seine Fäuste derart krampfhaft ballte, dass die Haut über den Knöcheln aufplatzte.
    Manfred warf den Hammer mit dem blutverschmierten Kopf achtlos auf den Boden, zog geräuschvoll die Nase hoch und deutete mit einer fahrigen Bewegung auf das auf der Erde verstreute Kriegsspielzeug.
    »Er hätte mich fast besiegt«, erklärte er dann bestimmt. »Und ein richtiger Soldat kämpft bis zum Schluss. Das hast du mir doch selbst immer wieder gesagt!«

Kein
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