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Berndorf, Jacques (Hrsg)

Berndorf, Jacques (Hrsg)

Titel: Berndorf, Jacques (Hrsg)
Autoren: Tatort Eifel 2
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zurück und fuhr dann fort, seine Panzerstreitmacht umzudirigieren. »Und merk dir, ich schummel nicht.«
    »Wohl«, knurrte Marvin-Kevin-Dennis, diesmal allerdings so leise, dass sein Bruder ihn kaum hören konnte. »Und deshalb verhaut dich Papa auch immer.«
    Manfred ballte seine Rechte erneut zu einer Faust, beherrschte sich dann jedoch. Erstens hatte dieser kleine Naseweis doch keine Ahnung, zweitens tat ihm jede Lektion, die sein Vater ihm verpasst hatte, gut. Und drittens würde Marvin-Kevin-Dennis bestimmt nicht mehr mit ihm spielen wollen, zumindest nicht mit ihren Soldaten, Panzern und Geschützen. Wirklich Spaß machte es seinem kleinen Bruder sowieso nicht, er tat es nur, um ihm, dem Großen, zu Gefallen zu sein. Viel lieber würde sich Marvin-Kevin-Dennis mit seinen Bilderbüchern und Stofftieren in die Spielhöhle unter seinem Bett verkriechen. Oder er würde sich eine dieser albernen Hörspielkassetten anhören wollen, mit dieser blöden Hexe oder dem tollpatschigen Elefanten. Er hörte es oft genug durch die dünnen Wände, wenn sein kleiner Bruder an den passenden Stellen jeweils in das nervige »Töröööö« einstimmte. Und mit seinen immerhin fast schon acht Jahren war er bereits so vernünftig, dass er es bei einem weiteren bösen Blick bewenden ließ.
    »Pass lieber auf, dass dich meine Truppen nicht gleich über den Haufen rennen«, zischte Manfred, wobei er einen analysierenden Blick über die Szenerie warf. Zusammen mit ihrem Vater hatten sie heute früh in dem kümmerlichen Bächlein, das unweit des gemieteten Ferienhauses durch den Wald plätscherte, mit eigens dafür zurechtgesägten und genagelten Brettern einen Damm gebaut. Das Ergebnis ihrer Bemühungen war eine Wasserstauung von etwa einem Meter Länge, vierzig Zentimetern Breite und maximal fünf Zentimetern Tiefe. In seiner Fantasie war die Pfütze nahezu augenblicklich zu einem Stausee geworden, den seine tapferen Mannen gegen die Streitmacht seines Bruders zu verteidigen hatten, koste es, was es wolle. Kaum war ihr Vater wieder zum Ferienhaus zurückgegangen, hatten sie das für den Dammbau benötigte Werkzeug achtlos beiseitegelegt, Manfred war wie ein Derwisch losgerannt und hatte die drei Tüten mit ihren Spielzeugarmeen angeschleppt. Marvin-Kevin-Dennis hatte zwar lieber Papierschiffchen fahren lassen wollen, sich aber durch das Versprechen seines Bruders, dass er heute Abend, wenn sie vor dem Essen noch etwas fernsehen durften, gemeinsam mit ihm im Kinderkanal eine Folge mit der Biene Maja anschauen werde, zu dem Kriegsspiel überreden lassen.
    Manfred war zufrieden. Die Panzer waren in strategisch wichtigen Stellungen vor dem »Stausee« positioniert, seine Soldaten erwarteten konzentriert die erste Angriffswoge, die Geschütze waren ausgerichtet und bereit. Seinetwegen konnte es losgehen.
4.
    »Puschel, holst du wohl die Kinder? Ich will die beiden noch in die Wanne stecken, bevor wir essen. Du könntest, wenn ihr wieder hier seid, dann auch schon mal den Grill anmachen.«
    Erwin Markus brauchte ein paar Sekunden, bis die gehörten Worte in seinem Kopf einen Sinn ergaben. Seit er aus Afghanistan zurückgekommen war, hatte er gerade das erste Mal tief und fest geschlafen, hatte nicht mehr mit einem Ohr ständig auf ungewöhnliche Geräusche geachtet, die eine Bedrohung signalisieren konnten. Er fing an, sich langsam aber sicher wirklich zu erholen.
    Seine Gattin begann bereits, ihre Sachen zusammenzuräumen, die Zeitungen, in denen sie in den letzten gut drei Stunden sämtliche Rätsel in Angriff genommen hatte, zu ordnen und den Inhalt der Kühltasche zu sortieren. Feldwebel Markus streifte sich ein Muskelshirt über den von der Sonne erhitzten Körper, schlüpfte in seine Badelatschen und beförderte die Sonnenbrille auf seinen Nasenrücken. Bis zum Rand des Waldes, in dem die Kinder mit ihrem Spielzeug verschwunden waren, waren es zwar nur gut zwanzig Meter, aber die Brille war zu seinem Markenzeichen geworden. Ohne sie war er, zumindest wenn es nicht gerade wie aus Kübeln schüttete oder es mitten in der Nacht war, nirgends anzutreffen.
    Es war selten, dass er für seine Familie wirklich ausgiebig Zeit hatte. Sein ganzer Ehrgeiz galt seiner Karriere, seinem Weiterkommen bei der Bundeswehr. Wenn er nicht auf einem Auslandseinsatz war, befand er sich meistens auf Schulungen oder im Manöver.
    Schon seit fünf Generationen war es eine nahezu heilige Tradition, dass der männliche Erstgeborene aus der Sippe der Markus’
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