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Berlin Gothic 7: Gottmaschine (Thriller) (German Edition)

Titel: Berlin Gothic 7: Gottmaschine (Thriller) (German Edition)
Autoren: Jonas Winner
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sehr er sich dagegen auch sträubt!
    Ist Felix dann zu guter Letzt doch im Recht?
    Plötzlich fühlt Till, wie sich seine Augen schließen und seine Gedanken … er weiß gar nicht, was das für ein Gefühl ist … aber seine Gedanken … es ist, als würden sie sich nach OBEN richten - und er wendet sich an denjenigen, der ihn SCHREIBEN MUSS, WENN ER GESCHRIEBEN WIRD.
    ‚Lass mich den richtigen Weg finden.‘
    Er lauscht in die Schwärze hinein, die sich vor seinen geschlossenen Augen ausbreitet, in die unendlich vielen, flimmernden dunklen Punkte hinein, aus denen diese Schwärze besteht.
    ‚Hörst du mich?‘
    ‚Ja, ich höre dich, Till.‘
    Till fühlt, wie sich die Haare auf seinen Armen aufstellen, ein kalter Schauer seinen Rücken hinabschießt.
    ‚Bist du derjenige, der mich schreibt?‘
    ‚Ja.‘
    ‚Dann lass mich den richtigen Weg finden.‘ Die Worte geistern durch Tills Kopf, ohne dass er sie suchen muss.
    ‚Hast du die Gottmaschine verstanden?‘
    Till schluckt. ‚Die Menschen sollen auf das fiktive Universum starren?‘
    ‚Einige tun es jetzt schon.‘
    ‚Sie gucken bereits auf Berlin Gothic? ‘
    ‚Ja, Till. Sie wollen wissen, ob du und Lisa zusammenkommen. Sie wollen wissen, ob die Stadt untergeht. Das ist der Sinn des Untergangs der Stadt, Till - dass die Menschen auf das Universum starren und sich fragen, ob die Stadt gerettet wird.‘
    Tills Augenbrauen haben sich zusammengeschoben.
    ‚Siehst du, wie derjenige, für den das fiktive Universum, für den Berlin Gothic geschaffen worden ist, dir dabei zusieht, dass du auf etwas lauschst - auf eine Antwort wartest?‘
    Till wagt es kaum noch zu atmen.
    ‚Was ist mit deiner Figur los, deinem Geschöpf, diesem Till, sagt der Rezipient, der LESER, der Leser von Berlin Gothic ZU MIR. Dieser Till macht gar nichts mehr, sagt er zu mir, er wartet nur noch. Dieser Till wartet darauf, dass du etwas tust - und damit meint der Leser MICH, Till.‘
    Till wartet, lauscht, die Augen geschlossen.
    ‚Hörst du mich, Till? Hast du verstanden, was ich gesagt habe?‘
    ‚Ich höre dich - aber wer bist DU?‘
    ‚Ich bin dein Autor, Till, dein Schöpfer - ich bin Jonas Winner.‘

 
    BERLIN GOTHIC 7
     
    Sechster Teil
     


     
    Till ist schweißüberströmt, als er aus der Vision gerissen wird. Durch die breite Glasfront, die auf die Lichtung vor dem Haus geht, sieht er, wie sie sich aus dem Erdreich emporwühlen.
    Schlammverschmiert, verwaschen, verkommen - aber zu Hunderten. Zu Tausenden.
    Eine Flut sich bewegender Wesen, die hervorquellen aus der Erde, den Schächten, Gräben und Kanälen, die in die versteckte Stadt hinabführen - in die Stadt, in der er mit Bentheim umhergeirrt ist, in der noch immer Bentheims Knochen liegen müssen - und wahrscheinlich auch die Gebeine der beiden Hunde, zwischen denen er, Till, als Junge nicht wählen konnte.
    Haben sie sie damals am Leben gelassen?
    Es reißt ihn aus seinem Stuhl, er hetzt durch die Tür in das steinerne Foyer des Hauses, zum hinteren Eingang, hindurch, die Stufen hinunter, geradeaus über die Lichtung, auf der die Gestalten noch nicht erschienen sind, zum Waldrand, der wie eine Rettung dunkelgrün vor ihm schimmert.
    Till weiß nicht, wo Felix ist, er hat ihn nicht mehr gesehen, seitdem er zuletzt mit ihm über sein Vorhaben gesprochen hat. Till hat niemanden im Haus angetroffen, als er sich in das Arbeitszimmer zurückgezogen hat, um das fiktive Universum zu studieren.
    Er weiß nicht, wohin er laufen soll, er weiß nicht, ob er sich besser verbarrikadiert hätte, er weiß nicht, ob er Hilfe rufen soll - er denkt nicht geradeaus oder klar oder logisch, er läuft nicht kraftsparend, er versucht nicht, sich zu orientieren - er stürzt einfach nur los, gejagt von dem Grauen, das über dem Haus zusammenschlägt. Hinter sich hört er das Krachen und Prasseln, Quietschen und Splittern, aber er stürzt nur den Waldweg hinunter und dreht sich nicht um. Hetzt zwischen den Bäumen hindurch, duckt sich, um den Zweigen auszuweichen, spürt, wie die Blätter und Ästchen ihm ins Gesicht peitschen, rennt an dem Friedhof vorbei, tiefer hinein in den Wald …
    … über das vertrocknete Laub, das Moos, die Baumstümpfe und umgestürzten Stämme hinweg -
    und kommt sich plötzlich vor wie ein kleiner Junge, elf Jahre alt oder zwölf, der kopflos vor einem Schrecken davon stürmt - und der doch zugleich ahnt, dass er dem Schrecken nicht wird entkommen können, denn es ist nichts, das hinter ihm her ist, sondern
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