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Bergisch Samba

Bergisch Samba

Titel: Bergisch Samba
Autoren: Oliver Buslau
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Beispiel, wie Sie Ratnik kennen gelernt haben. Oder was mit seiner Frau passiert ist. Und dem Kind.«
    Ich hatte gedacht, ich könnte Mölich provozieren, aber das funktionierte nicht. Er saß nur da und lauschte der Musik. Immer wieder griff er zu seinem Glas, und dabei bemerkte ich wieder das bunte Bändchen an seiner Hand, das mir schon aufgefallen war, als ich mit ihm in seinem Büro gesprochen hatte.
    »Ist das auch was Brasilianisches, was Sie da an der Hand tragen?«, fragte ich.
    Mölich leerte das Glas. »Sind Sie schon mal in Brasilien gewesen?«, fragte er, als hätten wir uns gerade auf einer Stehparty getroffen.
    Ich schüttelte den Kopf. Er hob die Hand.
    »Die Dinger heißen fitinhas do bonfim. Es ist ein Glücksbringer. Sehen Sie hier die Knoten? Jeder Knoten bedeutet einen Wunsch. Und wenn man das Bändchen trägt, dann werden einem die Wünsche erfüllt.«
    »Und was haben Sie sich gewünscht?«
    »Etwas, das Ihnen bestimmt nicht gefällt.«
    Jetzt war auch sein Zigarillo am Ende, und er drückte ihn aus. Ein paar bläuliche Schwaden hingen noch in der Luft. Die Musik dudelte im Hintergrund unverdrossen weiter.
    Warum unternahm Mölich nichts? Worauf wartete er? Wollte er mich heute Abend noch um die Ecke bringen, musste aber vorher noch eine große Ladung Brasilien tanken? Ich musste ihn zum Reden bringen.
    »Erzählen Sie mir von Brasilien«, sagte ich. »Wie oft waren Sie denn da?«
    Er schüttelte den Kopf. »Was soll die Frage? Das interessiert Sie doch gar nicht.«
    In die Musik mischte sich ein elektronisches Geräusch. Mölich ging zur Stereoanlage, die sich auf der anderen Seite neben dem Fenster befand und stellte den Samba ab. Das Signal jaulte jetzt solo durch den Raum; es war ein Telefon. Mölich behielt mich im Auge und ging zu einem niedrigen Regal, wo ein schnurloser Hörer lag. »Ja?«
    Auf der anderen Seite wurde gesprochen. Mölich nickte, kam aber eine ganze Weile nicht zu Wort.
    »In Ordnung«, sagte er schließlich. »Aber es gibt noch was.« Er hatte mich ein, zwei Sekunden aus den Augen gelassen und drehte sich jetzt wieder zu mir. »Es hat sich was verändert… Der Schnüffler ist bei mir … Ja.« Er senkte die Stimme. Ich verstand nur etwas von »… das habt ihr doch verbockt … jetzt kümmert euch auch darum.«
    Mölich geriet mit der anderen Seite immer mehr in Streit. Es drängte ihn plötzlich, durch den Raum zu wandern; die Pistole hatte er dabei in den hinteren Hosenbund gesteckt.
    Ich versuchte mich zu bewegen. Langsam floss wieder Blut durch meine Arme und Beine.
    Jetzt stand Mölich am Fenster und fuhr sich durchs Haar.
    Ich schaffte es, mich langsam am Regal aufzurichten. Stück für Stück schob ich mich an dem Metall empor, immer vorsichtig, damit die Flaschen, die darin standen, nicht klirrten.
    Es gelang mir, stehen zu bleiben und sogar ein paar Schritte in Richtung Mölich zu gehen. Ich würde meinen Kopf als Rammbock benutzen müssen. Vielleicht hatte ich ja so den Überraschungsvorteil.
    Mölich wandte mir immer noch den Rücken zu.
    »Aber … es geht nicht anders. Ich weiß, was heute los ist…«
    Plötzlich drehte er sich um. Ich war auf ihn zugewankt, hatte aber noch mindestens zwei Meter vor mir.
    »Moment mal«, rief Mölich ins Telefon, legte den Hörer hin, kam ein paar Schritte auf mich zu und versetzte mir gleichzeitig einen Schlag vor die Brust, der mich hinterrücks zu Boden gehen ließ.
    Ich krachte schmerzhaft aufs Steißbein, und während der Schmerz noch in meinem Rücken wühlte, zerrte mich Mölich durch den ganzen Raum, hievte mich nach oben, packte mich mit unglaublicher Kraft. Er stieß mich gegen die Metallleisten und nutzte meine Benommenheit, um mich mit dem Gesicht nach vorn mit den Handschellen an dem Regal anzuschließen. Jetzt hing ich an dem Ding wie am Pranger, allerdings verkehrt herum - mit dem Rücken zum Raum. Die Handschellen hatte Mölich um den rechten Eckpfeiler des Regals geschlungen, der einen Durchmesser wie ein Gartenzaunpfosten hatte. Ich konnte jetzt nichts mehr sehen bis auf den Rücken eines Bildbandes, der sich genau vor meiner Nase befand: »Sao Paulo für Genießer«.     
    Ich hörte, wie Mölich in den Raum zurückstapfte und das Telefonat wieder aufnahm.
    »Schluss jetzt mit der Diskussion. Der Typ ist gefährlich. Ihr macht ihn kalt, oder alles fliegt auf.«
    Er ging ein paar Schritte. Offenbar brachte er das Telefon zur Station zurück.
    Ich zerrte an den Handschellen. Glas klirrte.
    »Dumm
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