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Bergisch Samba

Bergisch Samba

Titel: Bergisch Samba
Autoren: Oliver Buslau
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meinen Reim. Mölich hatte diese Maria nach Deutschland geholt, und sie hatte Ratnik kennen gelernt, als der in Mölichs Haus eine Treppe eingebaut hatte. Sie hatte die Chance genutzt und war mit ihm geflohen. Auf die einsame Hütte.
    »Wussten Sie, dass sie mit Ratnik durchgebrannt ist?«, fragte ich.
    Mölich schüttelte langsam den Kopf. »Erst als Ratnik zu mir kam.«
    »Das heißt, Maria lebte illegal in Deutschland. Ratnik hat sie auf seine Hütte mitgenommen, und dort hat sie das Kind gekriegt. Wie kamen Sie dann wieder mit Ratnik zusammen?«
    Mölich verzog den Mund zu einem hämischen Grinsen. »Er wollte mich erpressen«, sagte er, und jetzt war seine Stimme wieder ganz deutlich. »Er brauchte Papiere, um nach Kanada zu kommen. Ich sollte ihm dabei helfen. Dabei habe ich natürlich alles rausgekriegt. Er hat allen erzählt, er wäre praktisch schon weg.«
    Ich nickte. »Und Sie haben die Möglichkeit beim Schopf gepackt und ihn im Hakenkreuzwald umgelegt. Niemand hat ihn vermisst. Hat Ratnik gewusst, wo der Wald ist?«
    »Er hat ihn von der anderen Seite der Talsperre aus gesehen.«
    »Und wie haben Sie es geschafft, seine Leiche in den Wald zu schaffen?«
    Auf Mölichs Gesicht machte sich ein Grinsen breit. »Das war gar nicht nötig. Als ich ihm vorschlug, dass wir uns wegen der Sache mit den Papieren an einem ruhigen Ort treffen sollten, hat er selbst gesagt, wir sollen da hingehen.«
    »Warum war Ratnik eigentlich auf den Wald so versessen?«
    »Der war ein Spinner. Er dachte, die Nazis hätten irgendwelche übernatürlichen Fähigkeiten gehabt und die hätten an der Stelle, wo der Wald ist, besonders stark gewirkt.« Mölich lachte das schnaubende Lachen, das ich schon vom Telefon kannte.
    »Sie haben ihn dort also umgebracht«, sagte ich.
    Mölich nickte. »Ich dachte, wenn jemand die Leiche findet…«
    »… dann kommt man eher auf ein paar duchgeknallte Nazis als auf Sie. Und was ist dann passiert? Sie sind zur Hütte gefahren und haben Maria geholt, nehme ich an.«
    Er nickte langsam.
    »Und von dem Kind haben Sie bis dahin gar nichts gewusst?«
    »Nein.«
    »Und Sie haben Maria und das Kind nach Wuppertal gebracht.«
    Mölich schüttelte den Kopf.
    »Wie ist das Kind zu Tode gekommen, Mölich?«, fragte ich. »Wo ist Maria heute?«
    Er schwieg. Es hatte keinen Zweck. Ich musste Krüger anrufen. Der würde es aus ihm herausbekommen.
    Ich ging langsam rückwärts zum Telefon und behielt Mölich im Auge. Ich tastete nach dem Hörer. Ich wusste nicht, ob ich Krüger im Büro erreichen würde; deshalb tippte ich die 110. Eine Männerstimme meldete sich, und ich wollte gerade antworten, als die Tür aufflog und eine Frau hereingestürmt kam.
    Ich hatte ein, zwei Sekunden das Gefühl, wieder mitten in einem meiner Alpträume zu sein. In der rechten Hand hielt die Frau ein langes Messer, und mein Verstand nahm ganz bewusst und rational wahr, dass es wohl aus der Küche stammen musste. Ich wusste, was kam, aber ich war wie versteinert und konnte nur tatenlos zusehen, wie die Frau sich mit einem Schrei auf Mölich stürzte und zustach. Einmal, zweimal, dreimal.
    Blutflecken breiteten sich auf Mölichs grauem Anzug aus, und eine Fontäne begann zu pulsieren, als das Messer eine Schlagader traf. Mölich gab ein gurgelndes Geräusch von sich; es erinnerte an Wasser, das schlürfend im Abfluss verschwindet.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis ich bei ihm war und der Frau in den Arm fiel. Ich packte sie und spürte, wie stark sie war. Mein Blick fiel auf Mölich, der versuchte, seine Hand in schwacher Abwehrgeste auszustrecken. Eine grauenhafte Menge Blut lief am Arm entlang und überrollte das bunte Bändchen - den Glücksbringer, der dem Hauptkommissar wenig Glück gebracht hatte.

18. Kapitel
    »Maria Garcia wurde wie eine Sklavin von Mölich in der Wohnung gehalten. Und das monatelang.«
    Krüger lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück, als müsse er diese ungeheuerliche Information erst mal sacken lassen. »Leider ein Schicksal vieler Frauen, die illegal in Deutschland leben«, fügte er hinzu.
    Ich zog an meiner Camel und nickte. Krüger hielt ein paar Bögen Papier in der Hand: die Aussagen der Brasilianerin. Es war Sonntag früh, kurz vor halb vier.
    »Hat sie auch etwas darüber sagen können, wie ihre kleine Tochter umkam?«
    »Nach dem, was Sie uns erzählt haben und was Maria Garcia wusste, muss es so abgelaufen sein: Ratnik hatte im April versucht, Mölich zu erpressen, um Papiere zu
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