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Berge des Wahnsinns: 2 Horrorgeschichten

Berge des Wahnsinns: 2 Horrorgeschichten

Titel: Berge des Wahnsinns: 2 Horrorgeschichten
Autoren: Howard P. Lovecraft
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daß er diesen anderen Geruch völlig übertönte. Irgend etwas an diesem Ort, mit seinem polierten und beinahe glänzenden Fußboden, überfiel uns mit einem dunkel verwirrenden Grauen, wie wir es noch bei keiner anderen unserer unheimlichen Entdeckungen empfunden hatten.

    Der regelmäßige Umriß des Tunnels unmittelbar vor uns, und die größere Menge von PinguinExkrementen, die sich dort fand, schlössen jeden Zweifel über den richtigen Weg inmitten dieses Gewirrs gleichgroßer Höhlenmündungen aus. Trotzdem beschlossen wir, unseren Weg wieder mit Papierschnitzeln zu markieren, für den Fall, daß sich die Lage noch weiter komplizieren sollte; denn mit Fußspuren im Staub konnten wir natürlich nicht mehr rechnen. Als wir so in der einmal eingeschlagenen Richtung weitergingen, ließen wir den Lichtkegel der Taschenlampe über die Tunnelwände gleiten und blieben wie angenagelt stehen, so bestürzt waren wir über die radikale Veränderung der Gravierungen in diesem Teil der unterirdischen Gewölbe. Wir waren uns natürlich im klaren über die starke Dekadenz der Skulpturen der Alten Wesen zur Zeit des Tunnelbaus und hatten auch die minderwertige künstlerische Qualität der Arabesken in den hinter uns liegenden Abschnitten des Tunnels bemerkt. Doch nun, in diesem tiefer gelegenen Gang jenseits der Höhle, fanden wir einen jähen Unterschied, der jedem Erklärungsversuch spottete einen Unterschied im grundlegenden Stil wie auch in der bloßen Qualität der Ausführung, der eine so tiefgehende und unselige Entartung erkennen ließ, wie man sie aufgrund der bisherigen Niedergangsrate keinesfalls erwartet hätte.
    Diese neuen, dekadenten Arbeiten waren plump und grob und entbehrten jeder Feinheit im Detail. Sie waren übertrieben tief in die Wände gemeißelt, in Friesen, die im allgemeinen in der gleichen Höhe verliefen wie die vereinzelten Kartuschen der. oberen Abschnitte, aber die Reliefhöhe blieb hinter der Oberfläche der Wände zurück. Danforth kam auf die Idee, es handle sich um Neugravierungen eine Art Palimpsest, der nach der Tilgung der ursprünglichen Reliefs angefertigt worden sei. Ihrer Art nach waren diese Gravierungen durchweg dekorativ und konventionell und bestanden aus groben Spiralen und Winkern, die sich im wesentlichen an die auf der Zahl fünf beruhende mathematische Überlieferung der Alten Wesen hielten, doch augenscheinlich eher als Parodie denn als Fortsetzung dieser Überlieferung. Wir wurden den Gedanken nicht los, daß ein unmerklich und doch grundsätzlich fremdes Element in das ästhetische Empfinden, das dieser Technik zugrundelag, getreten war ein fremdes Element, so vermutete Danforth, das auch die mühsame Neugravierung erklärt hätte. Die Darstellungen ähnelten dem, was wir als die Kunst der Alten Wesen kennengelernt hatten und waren doch auch wieder auf beklemmende Art anders; und ich fühlte mich ständig an so hybride Dinge wie die plumpen Skulpturen in Palmyra erinnert, die den römischen Stil zu imitieren versuchten. Daß schon andere vor uns diesen Fries gesehen hatten, schlössen wir aus einer verbrauchten Taschenlampenbatterie auf dem Fußboden vor einer der typischen Kartuschen.
    Da wir es uns nicht leisten konnten, längere Zeit auf eine eingehende Betrachtung zu verwenden, gingen wir weiter, nachdem wir uns einen flüchtigen Überblick verschafft hatten; doch wir leuchteten immer wieder die Wände ab, um festzustellen, ob sich noch weitere Stiländerungen entwickelt hätten. Wir fanden aber nichts dergleichen; allerdings waren die Gravierungen an manchen Stellen wegen der zahlreichen Mündungen weiterer glattbödiger Seitentunnel recht spärlich. Wir sahen und hörten jetzt nicht mehr so viele Pinguine, meinten aber, ganz leise einen unendlich weit entfernten Chor ihrer Stimmen irgendwo tief im Innern der Erde zu vernehmen. Der neue, unerklärliche Geruch war abscheulich stark, und wir konnten jetzt kaum noch eine Spur jenes anderen unbeschreiblichen Geruchs wahrnehmen. Deutlich sichtbare Dampfschwaden vor uns ließen auf verstärkte Temperaturunterschiede und die nicht mehr allzu weite Entfernung der sonnenlosen Meeresklippen des großen Abgrunds schließen. Und dann sahen wir völlig unvermittelt mehrere Hindernisse auf dem polierten Fußboden vor uns Hindernisse, bei denen es sich mit Sicherheit nicht um Pinguine handelte und knipsten unsere zweite Taschenlampe an, nachdem wir uns vergewissert hatten, daß die Objekte völlig reglos dalagen.

    XI

    Abermals
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