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Berge des Wahnsinns: 2 Horrorgeschichten

Berge des Wahnsinns: 2 Horrorgeschichten

Titel: Berge des Wahnsinns: 2 Horrorgeschichten
Autoren: Howard P. Lovecraft
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Bedeutung nur wenig Beachtung in der Welt fanden. Wie die Zeitungen berichtet haben, stachen wir am 2. September 1930 vom Bostoner Hafen aus in See, fuhren gemächlich die Küste hinunter und durch den Panamakanal und legten in Samoa und in Hobart, Tasmanien, an, wo wir die letzten Vorräte an Bord nahmen. Kein Teilnehmer der Expedition war jemals zuvor in polaren Regionen gewesen, weshalb wir uns ganz auf die Kapitäne unserer beiden Schiffe verließen J. B. Douglas, der die Brigg Arkham befehligte und außerdem das Oberkommando führte, und den Kapitän der Bark Miskatonic, Georg Thorfinnssen beides altgediente Walfänger in antarktischen Gewässern. Als wir den bewohnten Teil der Erde hinter uns ließen, sank imNorden die Sonne tiefer und tiefer und blieb mit jedem Tag länger über dem Horizont. Auf etwa 62 ° südlicher Breite sichteten wir unsere ersten Eisberge tafelartige Objekte mit senkrechten Seitenflächen und unmittelbar bevor wir den Polarkreis erreichten, den wir am 20. Oktober unter entsprechend sonderbaren Zeremonien überquerten, hatten wir beträchtliche Schwierigkeiten mit Feldeis. Die sinkenden Temperaturen machten mir nach unserer langen Fahrt durch die Tropen sehr zu schaffen, aber im Hinblick auf die noch schlimmeren Unbilden, die uns bevorstanden, versuchte ich mich daran zu gewöhnen. Die eigenartigen atmosphärischen Erscheinungen bezauberten mich immer wieder aufs neue; das gilt ganz besonders für eine Luftspiegelung die erste, die ich je gesehen hatte -, die ferne Berge in Zinnen unvorstellbarer, kosmischer Burgen verwandelte.

    Wir bahnten uns einen Weg durch das Eis, das glücklicherweise weder ausgedehnt noch dicht gepackt war, und gelangten auf 67° südlicher Breite, 175° östlicher Länge wieder in offene Gewässer. Am Morgen des 26. Oktober kam im Süden Festland in Sicht, und noch bevor es Mittag war, wurden wir alle von einer sonderbaren Erregung ergriffen beim Anblick einer gewaltigen, hoch aufragenden, schneebedeckten Bergkette, die sich vor uns ausbreitete und bald unser ganzes Blickfeld einnahm. Bei diesen Gipfeln handelte es sich offensichtlich um die von ross entdeckten Admiralty-Berge, und es würde jetzt unsere Aufgabe sein, Kap Adare zu umrunden und an der Ostküste von Viktoria-Land entlang zu unserem geplanten Stützpunkt an der Küste des McMurdo-Sundes, am Fuße des Vulkans Erebus auf 77° 9’ südlicher Breite, zu fahren.
    Der letzte Teil der Reise war erregend und phantastisch. Riesige geheimnisvolle Gipfel türmten sich drohend im Westen auf, und die tiefstehende Mittagssonne im Norden oder die noch niedrigere, dicht über dem Horizont stehende südliche Mitternachtssonne tauchte die weißen Schneefelder, die bläulichen Gletscher und Wasserrinnen und die wenigen eisfreien, schwarzen Granitwände in schwaches, rötliches Licht. Von den öden Gipfeln her kam tobend in unregelmäßigen Stößen der furchtbare antarktische Wind, aus dessen Heulen ich hin und wieder ein melodieartiges Pfeifen mit einem außerordentlich großen Tonumfang herauszuhören meinte, das mir aufgrund irgendeiner unbewußten Erinnerung beunruhigend und sogar auf vage Art furchterregend schien. Die Szenerie erinnerte mich an die sonderbaren und verwirrenden asiatischen Gemälde von Nicholas Roerich und die noch verwirrenderen Beschreibungen des sagenumwobenden Plateaus von Leng, die sich in dem gefürchteten Necronomicon des verrückten Arabers Abdul Alhazred finden. Später sollte ich es noch bereuen, jemals einen Blick in dieses monströse Werk in unserer CollegeBibliothek getan zu haben.

    Am 7. November geriet der Gebirgszug im Westen vorübergehend außer Sichtweite, und wir passierten die Franklin-Insel. Am nächsten Tag sichteten wir die Kegel des Erebus und des Mt. Terror vor uns auf der Ross-Insel, und dahinter die langgezogenen Kämme der Parry-Berge. Nach Osten erstreckte sich jetzt die niedrige, weiße Linie der großen Eisbarriere, die lotrecht zu einer Höhe von zweihundert Fuß aufragte, wie die Felsklippen von Quebec, und die Grenze für ein weiteres Vordringen in südlicher Richtung markierte. Am Nachmittag liefen wir in den McMurdo-Sund ein und ankerten vor der Küste am Fuße des rauchenden Erebus. Der schlackige Gipfel erhob sich an die 12700 Fuß hoch vor dem östlichen Himmel, wie ein japanischer Holzschnitt des heiligen Fudschijama, während hinter ihm der weiße, geisterhafte Mt. Terror sich zu seinen 10900 Fuß auftürmte, ein heute erloschener Vulkan.
    Rauchwolken
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