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Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"

Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"

Titel: Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"
Autoren: Jennifer Blake
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der andere aber wurde von der Veranda verdeckt. Soweit sie es sehen konnte, hatte sich in der näheren Umgebung nichts verändert, aber die Vorstellung, unter Umständen auf einen Menschen schießen zu müssen, ließ sie immer noch zögern. Sie runzelte die Stirn und hielt den Atem an, während sie aus den Geräuschen zu schließen versuchte, wo sich Frank und Muriel aufhielten.
    Von irgendwo ganz weit aus der Ferne hörte man ein Brummen, als ob mehrere Motorboote angelassen worden wären. Es erinnerte April an den Lärm, den Jugendliche aus den vornehmeren Häusern am See veranstalteten, wenn sie nachts auf dem Hauptkanal Wettrennen machten. Das weit entfernte Geräusch verstärkte die Stille, die sie umgab, noch.
    Man hörte nicht einmal einen Vogelruf. Nur das Wasser schwappte leise gegen die Pfeiler des Anlegestegs, und durch die Baumkronen säuselte der Wind. Die unzähligen Insekten hatten ihr Nachtlied angestimmt.
    Jetzt hörte sie von der anderen Seite des Hauses einen leisen Fluch, als ob jemand in der Dunkelheit über eine Wurzel gestolpert wäre. Frank und Muriel schienen das Warten an der Seeseite aufgeben zu haben und bahnten sich jetzt ihren Weg durch den Wald hinterm Haus. April musste machen, dass sie wegkam, sonst wurde sie womöglich noch entdeckt. Sie umfasste den Gewehrkolben fester und schlich um die Ecke.
    Nur ein paar Schritte weiter stand Muriel. Sie stieß einen spitzen Schrei aus und riss ihre Waffe hoch. April handelte ohne nachzudenken. Sie sprang vor, ballte instinktiv die Hand zur Faust und rammte sie der Frau in den Magen.
    Muriel ächzte und rang nach Luft. Sie umklammerte mit einer Hand ihren Bauch, während sie mit der anderen das Gewehr in Anschlag zu bringen suchte. April tauchte ab, dann kam sie blitzschnell wieder hoch und ließ ihre Faust auf Muriels Nase niedersausen.
    Volltreffer. April spürte, wie Fleisch und Knochen unter ihren Knöcheln nachgaben. Schmerz schoss von ihrem Unterarm in den Ellbogen. Als Muriel aufheulend zurücktaumelte und hinfiel, wirbelte April herum. Dann rannte sie über den Anlegesteg zum Dinghi.
    Es war das Klicken eines Sicherungshebels, das sie warnte. Noch ehe sie das Geräusch richtig einordnen konnte, warf sie sich zu Boden und rollte sich vom Steg herunter in das seichte Wasser. Der erste Schuss riss die Planken auf, auf denen sie soeben noch gestanden hatte, der zweite durchschlug einen Stützpfeiler, und der dritte wirbelte Schlamm auf, der ihr in die Haare spritzte, als sie sich hinter dem Holzgerüst verschanzte.
    Zorn explodierte in ihr und löschte jeden Gedanken aus. Angst, Zweifel und die letzten Reste von Nervosität lösten sich in Luft auf. Gleich darauf überfiel April eine tödliche Ruhe. Sie hörte und sah nichts außer den Schüssen aus Muriels Gewehr und das Mündungsfeuer, das ihren Standort markierte. Zusammengekauert hinter der dürftigen Deckung des Anlegestegs brachte April ihr Gewehr in Anschlag.
    Und dann war es plötzlich, als wäre die Zeit zurückgedreht worden, und sie war wieder mit Luke zusammen – ein junges Mädchen in Shorts und Pferdeschwanz neben einem hoch aufgeschossenen muskulösen Jungen. Sie konnte seine sorgfältige Instruktion fast hören.
Leg den Gewehrkolben in die Beuge zwischen Schulter und Arm. Bring Kimme und Korn in Übereinstimmung. Und dann zieh den Abzug nicht ruckartig, sondern ganz gleichmäßig zurück
.
    Es klappte. Die Jagdflinte spuckte ihre Munition aus, und Muriel stieß einen durchdringenden Schrei aus, dann verschanzte sie sich hinter der Brüstung der Veranda. April schickte ihr noch eine Kugel hinterher, um sie zu ermutigen, auch dort zu bleiben.
    Gleich darauf brüllte Frank irgendetwas, und Muriel brüllte zurück. Innerhalb von Sekunden wurde April aus einer anderen Richtung unter Beschuss genommen. Die Schüsse peitschten hinter ihr übers Wasser, so dass es hoch aufspritzte, aber sie behielt den Kopf, um den sie schützend einen Arm gelegt hatte, unten. Als keine Schüsse mehr fielen und das Echo zwischen den Bäumen verhallte, wartete April, bis sie ein Ziel zu haben glaubte. Dann tauchte sie kurz auf und gab zwei Schüsse auf die Nordseite der Hütte ab, wo Frank stand, und tauchte schnell wieder ab.
    Sie hatte nicht getroffen, und sie wusste es. Sie war zu sehr in Eile gewesen und hatte zu viel Angst gehabt, dass Frank besser zielte und eine ruhigere Hand hatte als Muriel. In der plötzlichen Stille schob sie ihre Hand in ihre Tasche und kramte nach weiterer Munition, die
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