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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna
Autoren: Anne Bishop
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sich nur um das gekümmert, was nötig war. Sie waren sich sicher, der Nebel würde sich bald auflösen. Die Missus und ich hatten am ersten Abend sogar Leute hier. Wir haben eine große Feier veranstaltet, mit Musik und Tanz, während wir alle versucht haben, die Albträume der Nacht zuvor zu vergessen. Doch der Nebel lichtete sich nicht. Hat sich immer noch nicht gelichtet. Und ich glaube, dieser Nebel ist mehr als Nebel, und wenn das Böse eine Art … Magie … benutzt hat, um ihn zu erschaffen, dann werden wir eine andere Art der Magie brauchen, um die Dinge wieder in Ordnung zu bringen.«
    Die beiden Männer blickten einander an. Dann stützte Michael die Hände auf den Tresen und schloss die Augen.
    Er konnte nicht in Worte fassen, was er wahrnahm, was er spüren konnte. Doch der Klang, der seinen Geist erfüllte, war ein Knirschen, Knarren, Glucksen, Triefen, Reißen. Der Klang von Gift. Der Klang alter Wunden, schmerzvoller Erinnerungen, tief vergrabener Ängste.
    Dann stellte er sich vor, wie seine Musik Shaneys Taverne erfüllte, wie der helle Klang der Tin Whistle in die Nacht hinausdrang. Gewissheit durchströmte ihn. Seine Musik würde das Gleichgewicht so weit verschieben, dass die Menschen hier in der Lage wären, Foggy Downs zu heilen. Er könnte den Takt neu angeben. Den Rhythmus festlegen. Das Gleichgewicht so weit wiederherstellen, dass er noch hierher gehörte.
    Er öffnete die Augen und blickte Shaney an. »Du sagst den Leuten Bescheid, und ich sorge für die Musik.«
    Shaney verbreitete die Nachricht, und die Leute aus Foggy Downs kamen. Niemand von den entlegenen Höfen natürlich, aber die Familien, die nahe genug bei der Taverne lebten, um dem Nebel zu trotzen, kamen mit ihren Kindern im Schlepptau und zugedeckten Schüsseln voller Essen, die sie herumreichten. Er aß ein bisschen von allem, sodass keine Dame beleidigt war, und gab vor, die interessierten Blicke, die einige der jungen Frauen ihm zuwarfen, nicht zu bemerken. Er war diese Blicke gewohnt. Er war ein gesunder, gut gebauter Mann, der selten länger als ein paar Tage an einem Ort blieb, und so blickte eine bestimmte Art Frau ihn oft an wie eine Leckerei, die es nur ein paar Mal im Jahr gab, was den Reiz noch erhöhte. Und es gab stets ein paar junge Witwen, die bereit waren, ihm mehr zu bieten als nur eine Unterkunft, wenn er in ihr Dorf kam.
    Obschon er die meiste Zeit über wie ein ungepflegter Tunichtgut aussah, richtete er sich so gut es ging her, wenn er die Möglichkeit dazu hatte. Und die rauchig blauen Augen und die braunen Haare, die immer ein bisschen zerzaust waren, passten zu diesem Gesicht, das gut genug aussah, um die Frauen anzuziehen, aber doch nicht so gut, dass es die Männer nervös machte.
    Bis sie herausfanden, was er war.
    Als sich der Rhythmus des Beisammenseins von Gerüchten und Essen hin zu unausgesprochenen Hoffnungen und Erwartungen verschob, holte er seine Tin Whistle, nickte den anderen Musikanten zu, die Instrumente mitgebracht hatten, und scheuchte die Kinder aus dem kleinen Kreis, den man für die eilig zusammengestellte Kapelle freigeräumt hatte.
    Michael schloss die Augen und ließ die Atmosphäre des Raumes auf sich wirken. Ah. Da war diese seltsame Wahrnehmung, die er manchmal hatte, wenn er bewusst versuchte, die Stimmung eines Ortes zu verändern. Eine  Präsenz, wie ein Kind, das zu schüchtern war, nach  vorne zu treten, wo man es bemerken würde, aber zu fasziniert von den Dingen und den Menschen in seiner Umgebung, um fortzulaufen. Mehr als das. Dieses Wilde Kind, wie er es in Gedanken nannte, war fasziniert von  ihm. Er hatte das Gefühl, es konnte die Musik in seinem  Herzen genauso hören, wie er die Musik anderer Herzen vernahm, und das war es, was es so sehr faszinierte, dass es zu solch einer Versammlung kam. Der Grund spielte keine Rolle. Was eine Rolle spielte, war, dass er, wenn er die Anwesenheit des Wilden Kindes spürte, manchmal Dinge geschehen lassen konnte, die darüber hinausgingen, einer bestimmten Person eine kleine Verwünschung anzuhängen oder ihr ein wenig Glück zu bringen.
    Er hob die Flöte an die Lippen und ließ die ersten Töne durch die Luft schweben, sanft und bittersüß … und voller Hoffnung. Nach und nach verstummten die Gespräche - oder er konnte sie nicht länger hören. Der Geigenspieler fiel ein, langsam und ruhig.
    Es gab nichts außer der Musik, und er spielte nicht für die Menschen im Raum. Dieses Lied war für das Wilde Kind. Um sein
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