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Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)

Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)

Titel: Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Ludlum
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    Prolog
    Sadelöga, Schweden
    Sie tauchte aus dem Nebel auf, und er rannte, wie schon seit Stunden, seit Tagen. Es kam ihm vor, als wäre er schon wochenlang allein, auf der Flucht, mit dem quälenden Gedanken im Kopf, dass sie ihn hintergangen hatte. An Schlaf war nicht zu denken, nicht einmal an eine kurze Rast. Er wusste nur eines: Sie war ihm wieder auf den Fersen, nachdem er zum dreizehnten oder vierzehnten Mal geglaubt hatte, sie abgeschüttelt zu haben. Und doch war sie hier und verfolgte ihn wie ein Todesengel, unzerstörbar und unerbittlich.
    Es gab nur noch sie beide, nichts mehr außerhalb der weißen Wand aus Schnee und Eis und der kleinen roten Fischerhäuser, die nur das Nötigste enthielten: eine Lebenseinstellung, die er bewunderte.
    Der Nebel brannte wie Feuer: ein kaltes Feuer auf der Haut, wie die Berührung ihrer Hände … wann war das gewesen? Vor einigen Tagen? Vor einer Woche? Als sie noch mit ihm geschlafen hatte, als sie ein anderer Mensch gewesen war, seine Geliebte, eine Frau, die schnell herausfand, wie sie ihn zum Zittern bringen konnte vor Lust.
    Er rannte und glitt über einen zugefrorenen See, rutschte aus, verlor seine Pistole, sie schlitterte über das Eis. Er wollte sich nach ihr bücken, da hörte er einen Zweig knacken, messerscharf in der kalten Luft.
    Er ließ seine Waffe liegen und flüchtete in einen kleinen Kiefernwald. Pulvriger Schnee sprühte ihm ins Gesicht, bedeckte die Augenbrauen und seine Bartstoppeln von der langen Flucht quer über die Kontinente. Er verschwendete keine Sekunde mehr damit, sich nach seiner Verfolgerin umzublicken.
    Sie war seiner Spur vom Libanon bis hierher gefolgt. Er war ihr in einer verrauchten Bar in Dahr El Ahmar begegnet, obwohl er sich inzwischen eingestand, dass ihre »Begegnung« wohl kein Zufall war, dass alles, was sie gesagt und getan hatte, einen bestimmten Zweck verfolgt hatte. Er sah das alles so klar vor sich – jetzt, da sich entscheiden musste, ob er entkommen oder sterben würde. Er hatte geglaubt, sie zu täuschen, doch in Wahrheit hatte sie ihn getäuscht – ihn, den erfahrenen, eiskalten Profi. Wie hatte er nur so unachtsam sein können? Die Antwort war klar: Der Todesengel war einfach unwiderstehlich.
    Zwischen den Kiefern blieb er stehen und stieß eine dicke Atemwolke aus. Es war bitterkalt, doch in seiner Tarnjacke fühlte er sich, als würde er bei lebendigem Leib verbrennen. Er stützte sich auf einen schwarzen Baumstamm und ließ seine Gedanken zu jenem Hotelzimmer schweifen: der Gestank von Schweiß und Sex, dann dieser Augenblick, in dem sie ihn in die Lippe gebissen und geflüstert hatte: »Ich weiß es. Ich weiß, was du bist.«
    Nicht wer , sondern was .
    Sie wusste es. Er blickte sich in dem Gewirr der Zweige um, dem Labyrinth der Nadeln, in dem er sich versteckte. Es war unmöglich. Wie konnte sie es wissen? Und dennoch …
    Erneut hörte er einen Zweig knacken und drehte sich ganz langsam um, alle Sinne auf die Richtung konzentriert, aus der das Geräusch gekommen war. Wo war sie? Der Tod konnte jeden Moment zuschlagen, doch er wusste, dass es kein schneller Tod sein würde. Es gab zu viele Geheimnisse, die sie ihm entreißen wollte, sonst hätte sie ihn schon in dem Hotelzimmer während des wilden Liebesspiels getötet. Der Gedanke daran erregte ihn immer noch, obwohl er genau wusste, wie nah er dem Tod gewesen war. Sie hatte mit ihm gespielt, vielleicht weil sie ihr Zusammensein genauso genossen hatte wie er. Er lächelte grimmig. Was war er doch für ein Narr! Er redete sich immer noch etwas ein, wo er es doch längst besser wusste. Diese Frau hatte ihn verzaubert! Zitternd ging er in die Hocke und drückte sich mit dem Rücken gegen die raue Kiefernrinde.
    Er wollte nicht mehr weglaufen. Hier in dieser vereisten Einöde würde er ihr entgegentreten, auch wenn er noch nicht wusste, wie er das Zusammentreffen überleben sollte. Hinter sich hörte er das Rauschen des Wassers. In Sadelöga war die Ostsee immer nah, überall lag ein Geruch von Salz und Seetang in der Luft.
    In seinem Augenwinkel tauchte ein Schatten auf. Da war sie! Hatte sie ihn gesehen? Er wollte sich bewegen, doch seine Beine fühlten sich an wie aus Blei. Er spürte seine Füße nicht mehr. Langsam drehte er den Kopf und sah sie zwischen den Bäumen näher kommen.
    Sie hielt inne, legte den Kopf auf die Seite und lauschte, als könnte sie ihn atmen hören.
    Unwillkürlich strich seine Zunge über die geschwollene Unterlippe. Seine
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