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Bel Canto (German Edition)

Bel Canto (German Edition)

Titel: Bel Canto (German Edition)
Autoren: Milada Součková
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Wimpern, an Julinkas natürlicher Schönheit – aber wohin werde das führen?
    Wohin könnte das führen?
    Für ein Mädchen keine gute Aussicht, wenn alle Männer sich nach ihr umdrehen, und keiner nimmt sie, und wie auch, meint Frau Gutwirt. Ich bitte Sie, wer würde sich mit einer Frau behängen, nach der alle verrückt sind?!
    Kennt Frau Kus Fräulein Herold nicht? Das Fräulein Herold! Wäre, was man erzählt, nur die halbe Wahrheit, würde das schon reichen. Solange ihre Mutter noch lebte, hielt sie sich halbwegs zurück. Weiß Frau Kus wirklich nichts? Kennt sie nicht Fräulein Herold von der Ferdinandstraße? Frau Kus schweigt, sie schämt sich einzugestehen, dort nicht zu promenieren.
    Fräulein Herold zeigt sich dort mit der Schwester – die sich ihretwegen zu schämen beginnt – und manchmal allein mit dem Hund Goli, Goli heißt er, Frau Gutwirt weiß das, Goli, und solch eine Partie hätte sie machenkönnen! Der Neffe des Ministers! »Und was meinen Sie, Frau Ingenieur?« Frau Kus meint nichts, hört nur mit Erstaunen: »Ja, der Neffe des Ministers, sie waren verlobt, meine Gnädige, verlobt, eine Wohnung gemietet, und als die künftige Schwiegertochter nach dem Tod der Mutter trauerte, schickte ihr seine Mutter einen kleinen Affen, um die Braut aufzuheitern, einen kleinen Affen!« Frau Kus ist verblüfft und schaut Frau Gutwirt, die die Welt kennt, erstaunt an: Geschichten aus einer Welt, wo man einen Affen zum Geschenk macht. Das hatte Frau Kus noch nicht gehört, was es alles gibt: ein kleiner Affe zur Aufheiterung!
    »Die brauchte ein Äffchen! Die hatte ganz andere Äffchen!« »Aber, Frau Gutwirt!« Frau Kus erstarrt.
    »Ich weiß, was ich sage, und wissen Sie, wie die Verlobung endete? Fräulein Herolds Gesellschafterin – die musste eine Gesellschafterin haben! –, eine eigene Gesellschafterin, eine Französin. Die Gesellschafterin saß zu Hause, während das Fräulein – aber um zum Ende zu kommen: diese Französin hat der Mutter des Bräutigams einen Brief geschrieben, ich habe ihn nicht gelesen, aber niemand muss mir sagen, was drin stand. Hätte dort gestanden, was jeder in Prag über Fräulein Herold weiß, so wäre das genug. Hieß es nicht, sie sei mit Doktor Zage in einer geschlossenen Kutsche in den Stromovka-Park * gefahren? Erzählte man nicht –« Frau Gutwirt wollte nicht weiter tratschen. »Die Verlobung ist natürlich geplatzt. Das ärgerte sie, das können Sie sich denken, dass ihr das ärgerlich war, aber nicht so, wie Sie glauben würden. Sie warf die Französin hinaus und vielleicht war sie am Ende froh. Schauen Sie sie nur an!«
    Frau Kus schaut schüchtern, ihr ist unvorstellbar, dass ein so schönes junges Fräulein so leichtsinnig ihr Glück wegwerfen würde.
    Julinkas blaue Augen mit den naturdunklen Wimpern haben Doktor Arnošt angeschaut. Bis an ihr Lebensende wird Julinka über diesen Moment sagen: Unsere Blicke trafen sich –
    Es ist wahr, Doktor Arnošts und Julinkas Blicke trafen sich, wie sich Blicke von Leuten in der Straßenbahn, in einem Zimmer, auf der Straße treffen. Sie trafen sich, wie sich unzählige menschliche Blicke treffen, ein ungeschriebener Roman – Oh, Leser, bist du von diesem Roman, den du lesen wirst, nicht schon müde? Kennst du nicht die süße Melodie, den bekannten Rhythmus, den du gern bis zum Überdruss hörst, Melodie und Rhythmus zweier Blicke, die sich trafen, auswendig –
    Dieser zwei Wesen, deren Pupillen, bräunlich, grünlich, bläulich, sich mit Fühlern berühren, die bis in ihren Organismus reichen? Wieder ist rechtzeitig durch die Paarung bräunlicher und bläulicher Pupillen eins geboren worden. Willst du dieser bekannten Melodie, gepfiffen von einem Burschen, der sie am Sonntag im Provinzkino hörte, dein Ohr leihen?
    Unsere Blicke trafen sich –
    Julinka wird dieses Lied in ihr Programm aufnehmen. Wenn der Vergleich mit einem Roman erlaubt ist, könnten wir sagen – ein Leben lang: sie wird es immer singen, wenn sie sich an den Aufenthalt im Kurbad, in dem sie Doktor Arnošt kennenlernte, erinnert. Unsere Blicke trafen sich – sie wird es auf der Tournee mit dem Chansonkomponisten Lazsky in einem Wiener Kabarett singen. Vor diesemLied, mit dem das Programm eingeleitet wird, geht Giulia immer auf die Toilette: Deine Augen –
    »Wann wirst du endlich anfangen! Auch die paar Leute, die gekommen sind, werden uns weglaufen.«
    »Lass mich in Ruh’, wenn wir diesen Zug in Brünn nicht versäumt hätten, wäre alles in
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