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Bel Canto (German Edition)

Bel Canto (German Edition)

Titel: Bel Canto (German Edition)
Autoren: Milada Součková
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scharten, Součková arbeitete bis zu deren Ende nach dem Februar 1948 mit und regte unter anderem auch eine Reihe von Übersetzungen junger amerikanischer Autoren (Soroyan, Nin, Durell u.a.) aus dem Kreis um The Booster an.
    Nach dem Krieg erhält sie ein Arbeitsangebot im neuen tschechischen Informationsministerium und kurz darauf reist sie plötzlich als Kulturattaché der Washingtoner tschechischen Botschaft nach New York. (In ihrem Diplomatenpass ist die Ankunft in New York City am 8. September 1946 vermerkt.) Nach dem kommunistischen Umsturz resigniert sie auf ihrem Posten (New York Times, 6. April 1948) und bleibt im Exil in den USA. Ihre Bibliothek, Bilder, Manuskripte bleiben in Prag, in ihrer letzten Wohnung mit Blick auf das Lobkowitz-Palais, nichts davon kam je wieder in ihren Besitz. Die vereinfachende Ideologie der tschechischen politischen Emigration ablehnend und für ihr Weggehen von den Prager Freunden verurteilt, lebt sie in existenzieller, aber auch produktiver Einsamkeit des Exils.
    Sie beendet die Überarbeitung des Manuskripts ihres literarischen Tagebuchs (Zeitraum 1938/39) Svědectví [ Zeugenschaft ] und ihres Romans Neznámý člověk und kehrt zur Poesie zurück. Dank Roman Jakobson, der vormals ihr erstes Büchlein in Lidové noviny begeistert gefeiert hatte,wirkt sie zuerst als Lektorin an der Slawischen Abteilung der Harvard Universität, bereitet literaturhistorische Studien zu Romantik und Barock in Böhmen und über die Dichtkunst des Parnass vor und publiziert sie. Als Gastprofessorin lehrt sie an den Universitäten von Chicago und Berkley, auf Einladung der Guggenheim-Stiftung hält sie sich 1958 und 1965 in Italien auf, um in den siebziger Jahren die Slawische Abteilung der Widener Library an der Harvard Universität zu leiten.
    Weder Einsamkeit noch die universitäre Scheinkarriere und die »Pflichten« wissenschaftlicher Arbeit lenken die Schriftstellerin von ihrem ursprünglichen künstlerischen Plan ab: Wenn sie sich im ersten Sammelband nach dem Krieg noch mit dem Los des Exils abfindet, verändern sich die zentralen Themen ihres weiteren Schreibens. Entdecken und Vergegenwärtigen von Erinnerung in der menschlichen Sprache macht sie zu ihrem Thema und darüber hinaus begibt sie sich auf die Suche nach der eigenen europäischen Tradition – die sie wie ein Fresko, in dessen Schichten immer neue Verbindungen und Zusammenhänge bloßlegend, untersucht.
    Weiter entsteht parallel zu den Gedichten das Prosamanuskript Krátká povídka [ Die kurze Erzählung ], in dem sie wieder mit höchster Einfachheit Motive von Ort, Erinnerung und Imagination konfrontiert.
    Eine kurze Erzählung, eine anekdotische Geschichte, ein Gespräch sind für die Autorin der Raum des Textes, in dem sie, beliebige riskante literarische Stilisierungen vermeidend, den Raum findet, der vom Standpunkt des Erzählers nicht in Zweifel gezogen werden kann – es ist jenes Duchampsche étant donnés .
    Der Typ der kurzen Erzählung ist für Součková einfach etwas, was man in seiner Bedeutung nicht in Zweifel ziehen kann, woraus letztlich jeder Autor kommt, und wohin der Schriftsteller schließlich zielt, der Punkt, an dem sich Kreis und Möglichkeit des Ausdrucks schließen.
    »Die kurze Erzählung, das ist der Ort, wo wir hinwollen«, lesen wir überrascht schon im ersten Roman der Součková, und es scheint fast unglaublich, wie sie sich dem ersten Entwurf des eigenen Werkes, dieser ständigen Bewegung an der Grenze zwischen Fiktion und gelebter Welt der Erfahrung ständig unterwirft.
    Trotzdem schreibt sie, als ihr nur noch ein paar Monate Leben bleiben, in einem Brief aus Cambridge nach Prag: »Hätte ich Zeit, würde ich meine ganze Prosa umschreiben … In meiner Arbeit ist noch zu viel literarische Konvention. Auch Joyce hat nur an der Oberfläche gekratzt, man kann tiefer gehen, aber die stupide literarische Konvention hindert den Menschen, zur Erkenntnis zu kommen. Und in der Poesie zum Ur-Grund.«
    Im letzten Gedicht »Abgrund«, das man zurückgelassen auf dem Nachttisch im Cambridger Krankenhaus fand, steht der Vers: anders als ich leben/die modernen Autoren.
    Sie starb am 1. Februar 1981, ihre Asche wurde heimlich nach Prag gebracht.
    Prag, im Januar 2010
    (Aus dem Tschechischen von Eduard Schreiber)

Literatur bei Matthes & Seitz Berlin
    Raymond Federman
    Mein Körper in neun Teilen
    Aus dem amerikanischen Englisch von Peter Torberg
    128 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
    »Ein altersweises,
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