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Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)

Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)

Titel: Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)
Autoren: Martina Kempff
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meiner Schlafanzughose nicht einmal im Traum zu einer ordentlichen Schleife binden können. Ich drücke die schwache Erinnerung an Arme, die sich um mich gelegt haben, an Küsse auf die Wange und – zu ungeheuerlich – an eine Hand auf meiner Brust weg. Alles nur geträumt. In seiner Soutane wird Marcel nicht über mich hergefallen sein. Das ist nicht seine Art. Außerdem wäre ich davon aufgewacht, oder?
    Linus springt durch die offene Tür direkt aufs Bett. Absolut verboten und etwas, das er sich früher nur dann herausgenommen hat, wenn Marcel an meiner Seite lag. Ich scheuche ihn runter. Seine wissenden Augen sind unerträglich.
    »Nein!«, fauche ich ihn an. »Nichts ist passiert! Er mag nur keine Hundehaare auf dem Sofa.«
    Ich sehe im Wohnzimmer nach, aber Marcel ist schon fort. Also klemme ich mir die alberne Soutane unter den Arm und stoße die Haustür auf.
    Die Sonne blendet. Ich wende den Blick ab, hin zu dem inzwischen fast schneefreien Klumpen des pink-giftgrün-lila geringelten Wollkondoms an meiner kleinen Birke. Es ist übel verrutscht. Armer Jupp. Ich hatte ihn gewarnt. Echte Wolle eignet sich nicht fürs Gorilla-Stricken. Weil sie sich, im Gegensatz zu Polyacrylwolle, mit Feuchtigkeit vollsaugt, ihre Maschen hängen lässt und dann so traurig und schwermütig aussieht wie Marcel, wenn er von verbrannter Erde spricht.
    Vor der Einkehr ist alles zugeparkt. Drinnen herrschen Stimmengewirr und emsige Geschäftigkeit. Tische sind verrückt worden, und eine weiße Kreidezeichnung gibt die Stelle an, wo die Leiche gelegen hat. Das blauweiße belgische Absperrband ist durch ein rot-weißes deutsches ersetzt worden. Dahinter sind die Vermummten der Spurensicherung mit feinen Pinseln zugange. Sie werden nichts finden, was auf die Täterin hinweist, da bin ich mir sicher. Keine Hautschuppe wird dem dicken Kleister auf ihrem Gesicht entkommen sein, und sie hat bestimmt eine Perücke getragen.
    »Katja!«, begrüßt mich Hein an der Küchentür mit vor Aufregung gerötetem Gesicht. »Marcel hat wirklich die Nacht bei dir verbracht?«
    Als ob es nichts Wichtigeres gäbe. Ich schüttele den Kopf.
    »Nicht?« Er klingt enttäuscht.
    »Marcel ist schon weg«, haucht Gudrun zur Begrüßung. Ihre Augen sind weit aufgerissen: »Und?«
    Da beantworte ich doch lieber die Fragen der deutschen Polizei.
    Und mache mich gleich danach vom Acker.
    Warum ich ausgerechnet nach St. Vith gefahren bin, weiß ich gar nicht mehr genau. Nur dass ich dem Gewusel, dem Lärm, den Fremden in meinem Lokal, den neugierigen Blicken und Fragen meiner Freunde entkommen musste. Ich habe mich einfach in meinen Wagen geflüchtet.
    Aber jetzt, wo ich schon mal in der Nähe der Aachener Straße bin, könnte ich das Requisit aus der Kleiderkammer des Dorftheaters im belgischen Gebäude der Polizeizone Eifel deponieren.
    Freudig begrüßt mich Marcels Kollege Erwin Hannen.
    »Wie schön, dich endlich mal wiederzusehen, Katja«, ruft er, »auch wenn der Anlass furchtbar ist.« Er schüttelt betrübt den Kopf. »Wie kann es nur sein, dass uns schon wieder ein Mord auf der Kehr beschäftigen muss!«
    Weil ich zurück bin , hätte ich beinahe gesagt, merke stattdessen tröstend an, der tödliche Schuss sei ja auf NRW-Gebiet gefallen, womit sich die Arbeit der belgischen Ermittler wohl in den ihnen zugewiesenen Grenzen halten werde.
    Erwin schüttelt den Kopf und erklärt, die polizeiliche Unterstützungsabteilung in St. Vith habe sich den ganzen Morgen über ausschließlich dem Mord auf der Kehr gewidmet. Noch in der Nacht habe Marcel die Staatsanwaltschaft in Eupen benachrichtigt. Die habe den Fall dann sofort an die Untersuchungsrichterin weitergeleitet und diese wiederum heute Morgen das Rechtshilfeersuchen an die zuständige Staatsanwaltschaft in NRW ausgestellt.
    »Was bedeutet, dass wir jetzt mit der deutschen Polizei zusammen ermitteln«, schließt Erwin und öffnet mir die Tür zu Marcels Büro. »Kannst auf ihn warten. Er ist gleich wieder da.«
    »Will nur was abgeben«, murmele ich und ziehe die zusammengefaltete Soutane aus meiner Tasche. Bleibe dann wie gebannt vor Marcels Schreibtisch stehen und starre auf die Fotos des Bildschirmschoners: der Blick aus meinem Schlafzimmerfenster im Wechsel der Tages- und Jahreszeiten. Ziemlich alte Aufnahmen, wie mir die Gans im herbstlichen Sonnenuntergang verrät.
    Nichts wie weg von hier! Doch als ich die Soutane auf einen Stapel Papier lege, stoße ich aus Versehen die Maus an. Die Landschaft auf
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