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Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)

Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)

Titel: Bekehrung: Ein Eifel-Krimi (Eifelkrimis) (German Edition)
Autoren: Martina Kempff
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gedrückt.
    »Hol es David nicht übel, dass er sich so lange nicht gemeldet hat. Dafür gab es einen wichtigen Grund.«
    »Welchen?«
    »Er hat undercover für uns gearbeitet.«
    »Was sagst du da?« Ihre Stimme zittert.
    »Dass David uns geholfen hat. Wir haben ihn bei der Sekte von Barbara Gordon eingeschleust. Du weißt schon, der Frau, die Pastor Lambert erschossen hat. David war unser V-Mann. Tut mir leid, dass wir dir das verheimlicht haben, aber du hast ja selbst gesehen: Es ging um Leben und Tod.«
    Gudruns Lippen werden sehr schmal.
    »Du wusstest das alles, Katja?«
    »Nein«, sage ich wahrheitsgemäß und ziemlich erschrocken über Marcels unverfrorene Lüge. »Ich hatte keine Ahnung.«
    »Ohne Davids Hilfe hätten wir es nicht geschafft, Gudrun.«
    Da hat Marcel wahrscheinlich recht. Doch mit seinem nächsten Satz geht er entschieden zu weit: »David ist ein Held, Gudrun.«
    Der Satz hallt im Raum nach. Gudrun lässt den Besen zu Boden fallen und mustert David, als sähe sie ihn zum ersten Mal.
    »Das ist alles zu viel für mich«, sagt sie. »Ich verstehe die Welt nicht mehr.«
    Kann ich gut begreifen. Als Held hat sich David noch nie hervorgetan.
    Doch in ihre Augen ist endlich wieder ein Leuchten getreten. Sie atmet tief durch. Marcel legt ihr die Hand auf die Schulter.
    »Weißt du, Gudrun, falls Gott die Welt geschaffen hat, war seine Hauptsorge sicher nicht, sie so zu machen, dass wir sie verstehen können.«
    Herr Tillmanns ist beeindruckt.
    »Ein sehr kluger Gedanke, Herr Langer.«
    » En effet , aber kommt nicht von mir.«
    »Klar«, sage ich. »Wieder mal von Einstein, dem Mann mit den Löchern in den Socken.«
    Gudrun schüttelt Marcels Hand ab, hebt den Besen auf und fängt wieder an zu kehren.
    »Löcher in den Socken!«, faucht sie. »Glaub bloß nicht, David, dass ich dir deine jetzt wieder stopfe!«

Nachwort
    Kleine Kehr-Kunde
    Die Kehr gibt es wirklich.
    Auf der Wetterkarte Deutschlands ist dieser winzige Flecken sehr schnell zu lokalisieren: Ganz im Westen, wo das nördliche Rheinland-Pfalz vor Belgien einen Buckel macht, der sich dem südlichsten Teil Nordrhein-Westfalens in einer scharfen Krümmung entgegenstemmt – in diesem Einschnitt liegt die Ortschaft Kehr, die zur Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens (DG) und zu zwei deutschen Bundesländern gehört. Die heute noch gebräuchliche Flurbezeichnung »Auf der Kehr« stammt aus den Dreißigerjahren des 19. Jahrhunderts. Der Weiler entstand, als die alte Straße von Trier über Prüm, Losheim, Büllingen nach Aachen ausgebaut wurde. Ebenjene Staatsstraße, die seit 1922 den Ort in einen belgischen und einen deutschen Teil zerschneidet und die auf der Kehr eine Kurve, eine Kehre eben, beschreibt. Einigen Gerüchten zufolge soll der Flecken seinen Namen allerdings von der einstigen Hinrichtungsstätte beziehen, die heute noch Auf dem Gericht heißt: Missetäter seien dort früher vom Galgen weggekehrt worden.
    Wenn nun in meinen Krimis Missetäter zurückgeKEHRt sind, hat das natürlich gar nichts mit den sechzig heutigen Bewohnern der Kehr zu tun (bei denen natürlich meine fiktiven nicht mitgezählt sind), von denen acht zu Belgien und jeweils sechsundzwanzig zu NRW bzw. Rheinland-Pfalz gehören, wie die Kehrerin Hildegard Sieberath nachgezählt hat. Dass die meisten der heute über siebzigjährigen Kehr-Bewohner wegen Schmuggelns schon mal im Knast gesessen haben, war der Nachkriegsnot geschuldet und gilt heute keinesfalls als Makel.
    Es gab allerdings eine Zeit, in der die Kehr ausgesprochen bevölkert war: Von 1915 bis 1920 lebten dort mehr als zweitausend Menschen, die in der Munitionsfabrik Espagit beschäftigt waren. Diese flog im Mai 1920 in die Luft und hinterließ ein explosives Erbe im Erdreich; das inzwischen begrünte sogenannte Verbotsgelände mit dem »Wolfgangsee«. Die Geschichte dieser Explosion und ihrer Folgen würde allerdings dieses Nachwort sprengen …
    Als ich vor fünf Jahren meinen ersten Eifelkrimi Einkehr zum tödlichen Frieden schrieb, ahnte ich noch nicht, dass mir dieses abgelegene friedliche Örtchen, in dem ich selbst sieben Jahre lang in einem Holzhaus (siehe Karte) gelebt habe, kriminelle Energie für eine mittlerweile fünfbändige Serie schenken sollte. Ebenso wenig sah ich voraus, wie tief ich in die Geschichte dieses Grenzgebiets einsteigen und wie viel ich über dessen politische, geografische, klimatische und sprachliche Besonderheiten lernen und in die Bücher einfließen lassen würde.
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